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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Diese Taxen sind augenscheinlich zu günstig abgefaßt, wozu wohl die Ver¬
anlassung war, daß die Commission weniger an einen Verkauf durch öffentliche
Auction, als an eine sofortige Wiederbenutzung des gewonnenen Materials für
die Flotte dachte. Wie man indeß die Trümmer 40--80jähriger Schiffe zum
Neubau oder auch nur zur Reparatur anderer Fahrzeuge verwenden will, ist
freilich ein ebenso großes Räthsel wie das Vorhandensein so uralter Kriegsfahr¬
zeuge überhaupt; es läßt aber einen, keineswegs günstigen, Schluß auf die
Güte der neu zu schaffenden resp, der zu erhaltenen Fahrzeuge thun. Ganz
undenkbar ist, daß Industrielle oder Kaufleute bei einer Auction die ausgewor¬
fenen Werthe bezahlen werden, man verrechnet sich dabei gewöhnlich sehr. So
gab die dänische Admiralität im vorigen Jahre bei Gelegenheit der mißglückter
Auction des Barkschiffes' "Saga" an, dieses Fahrzeug hätte 120,000 Bdlr. ge¬
kostet und dürfe nicht unter 50.000 Bdlr. weggeben. Das höchste Gebot
blieb aber nur 18,000 Bdlr,, und doch ist die Saga erst 12 Jahr alt und wie alle
dänischen Schiffe aus gutem Materiale erbaut, wogegen die schwedischen nur
aus schlechtem Material bestehen, wie solches schon aus den angegebenen Preisen er¬
sichtlich ist, die doch, was die Rumpfe angeht, nicht zu tief unter 80°/" des An¬
schaffungspreises sein sollen. Jetzt scheint man auf besseres Material Bedacht
nehmen zu wollen, wenigstens ließ der König im vergangenen Jahre 200,000
Cubikfuß Eichenholz aus Deutschland verschreiben. Ob sich dies aber noch öfters
wiederholt, muß abgewartet werden; die Commission scheint es nicht für nöthig
zu halten.

Das also wäre die imposante schwedische Linienflotte, welche vor 14 Jahren
beinahe im Verein mit der dänischen gegen uns operirt hätte, welche vielleicht
in diesem oder im nächsten Jahre gegen unsere Häfen und unsere junge Flotte
auftreten, möglicherweise aber auch mit uns verbündet operiren wird. Schwe¬
dische Autoritäten erklären diese Flotte für see- und triegsuntauglich, sie halten
sie nicht einmal für gut genug, um Lazarett)- oder Casernenschiffe abzugeben.
Nun gibt es zwar noch 4 Segel-Corvetten. (Lagerbjälke. Najaden, af Chavman
und Tarramas), einige Briggs und eine Anzahl Schooner. über deren Zustand
die Commission noch nicht ihr Gutachten abgegeben hat; doch ist es in Schweden
Jedermann bekannt, daß es mit diesen Fahrzeugen ebenso oder noch schlechter steht
als mit den besprochnen. Sie geben der Linienflotte an Alter nichts nach, sind,
weil nicht so große Werthe darstellend, mit weniger Sorgfalt gebaut und haben viel
mehr gelitten, da sie häufiger in Dienst gestellt wurden, besonders die 4 Korvetten.
Wie diese morschen Segler hartes Wetter oder den Stoß ihrer eignen, freilich
nicht schweren und nicht gezogenen Geschütze beim Feuern aushalten sollen, ist
an sich schon unbegreifliche sie aber dem Feuer gezogener schwerer Geschütze aus¬
zusetzen, wäre wohl das Unbegreiflichste, was eine Admiralität thun könnte.

Wir haben nun noch die schwedische Schärenflotte zu betrachten. Dieselbe


Diese Taxen sind augenscheinlich zu günstig abgefaßt, wozu wohl die Ver¬
anlassung war, daß die Commission weniger an einen Verkauf durch öffentliche
Auction, als an eine sofortige Wiederbenutzung des gewonnenen Materials für
die Flotte dachte. Wie man indeß die Trümmer 40—80jähriger Schiffe zum
Neubau oder auch nur zur Reparatur anderer Fahrzeuge verwenden will, ist
freilich ein ebenso großes Räthsel wie das Vorhandensein so uralter Kriegsfahr¬
zeuge überhaupt; es läßt aber einen, keineswegs günstigen, Schluß auf die
Güte der neu zu schaffenden resp, der zu erhaltenen Fahrzeuge thun. Ganz
undenkbar ist, daß Industrielle oder Kaufleute bei einer Auction die ausgewor¬
fenen Werthe bezahlen werden, man verrechnet sich dabei gewöhnlich sehr. So
gab die dänische Admiralität im vorigen Jahre bei Gelegenheit der mißglückter
Auction des Barkschiffes' „Saga" an, dieses Fahrzeug hätte 120,000 Bdlr. ge¬
kostet und dürfe nicht unter 50.000 Bdlr. weggeben. Das höchste Gebot
blieb aber nur 18,000 Bdlr,, und doch ist die Saga erst 12 Jahr alt und wie alle
dänischen Schiffe aus gutem Materiale erbaut, wogegen die schwedischen nur
aus schlechtem Material bestehen, wie solches schon aus den angegebenen Preisen er¬
sichtlich ist, die doch, was die Rumpfe angeht, nicht zu tief unter 80°/« des An¬
schaffungspreises sein sollen. Jetzt scheint man auf besseres Material Bedacht
nehmen zu wollen, wenigstens ließ der König im vergangenen Jahre 200,000
Cubikfuß Eichenholz aus Deutschland verschreiben. Ob sich dies aber noch öfters
wiederholt, muß abgewartet werden; die Commission scheint es nicht für nöthig
zu halten.

Das also wäre die imposante schwedische Linienflotte, welche vor 14 Jahren
beinahe im Verein mit der dänischen gegen uns operirt hätte, welche vielleicht
in diesem oder im nächsten Jahre gegen unsere Häfen und unsere junge Flotte
auftreten, möglicherweise aber auch mit uns verbündet operiren wird. Schwe¬
dische Autoritäten erklären diese Flotte für see- und triegsuntauglich, sie halten
sie nicht einmal für gut genug, um Lazarett)- oder Casernenschiffe abzugeben.
Nun gibt es zwar noch 4 Segel-Corvetten. (Lagerbjälke. Najaden, af Chavman
und Tarramas), einige Briggs und eine Anzahl Schooner. über deren Zustand
die Commission noch nicht ihr Gutachten abgegeben hat; doch ist es in Schweden
Jedermann bekannt, daß es mit diesen Fahrzeugen ebenso oder noch schlechter steht
als mit den besprochnen. Sie geben der Linienflotte an Alter nichts nach, sind,
weil nicht so große Werthe darstellend, mit weniger Sorgfalt gebaut und haben viel
mehr gelitten, da sie häufiger in Dienst gestellt wurden, besonders die 4 Korvetten.
Wie diese morschen Segler hartes Wetter oder den Stoß ihrer eignen, freilich
nicht schweren und nicht gezogenen Geschütze beim Feuern aushalten sollen, ist
an sich schon unbegreifliche sie aber dem Feuer gezogener schwerer Geschütze aus¬
zusetzen, wäre wohl das Unbegreiflichste, was eine Admiralität thun könnte.

Wir haben nun noch die schwedische Schärenflotte zu betrachten. Dieselbe


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[0298] Diese Taxen sind augenscheinlich zu günstig abgefaßt, wozu wohl die Ver¬ anlassung war, daß die Commission weniger an einen Verkauf durch öffentliche Auction, als an eine sofortige Wiederbenutzung des gewonnenen Materials für die Flotte dachte. Wie man indeß die Trümmer 40—80jähriger Schiffe zum Neubau oder auch nur zur Reparatur anderer Fahrzeuge verwenden will, ist freilich ein ebenso großes Räthsel wie das Vorhandensein so uralter Kriegsfahr¬ zeuge überhaupt; es läßt aber einen, keineswegs günstigen, Schluß auf die Güte der neu zu schaffenden resp, der zu erhaltenen Fahrzeuge thun. Ganz undenkbar ist, daß Industrielle oder Kaufleute bei einer Auction die ausgewor¬ fenen Werthe bezahlen werden, man verrechnet sich dabei gewöhnlich sehr. So gab die dänische Admiralität im vorigen Jahre bei Gelegenheit der mißglückter Auction des Barkschiffes' „Saga" an, dieses Fahrzeug hätte 120,000 Bdlr. ge¬ kostet und dürfe nicht unter 50.000 Bdlr. weggeben. Das höchste Gebot blieb aber nur 18,000 Bdlr,, und doch ist die Saga erst 12 Jahr alt und wie alle dänischen Schiffe aus gutem Materiale erbaut, wogegen die schwedischen nur aus schlechtem Material bestehen, wie solches schon aus den angegebenen Preisen er¬ sichtlich ist, die doch, was die Rumpfe angeht, nicht zu tief unter 80°/« des An¬ schaffungspreises sein sollen. Jetzt scheint man auf besseres Material Bedacht nehmen zu wollen, wenigstens ließ der König im vergangenen Jahre 200,000 Cubikfuß Eichenholz aus Deutschland verschreiben. Ob sich dies aber noch öfters wiederholt, muß abgewartet werden; die Commission scheint es nicht für nöthig zu halten. Das also wäre die imposante schwedische Linienflotte, welche vor 14 Jahren beinahe im Verein mit der dänischen gegen uns operirt hätte, welche vielleicht in diesem oder im nächsten Jahre gegen unsere Häfen und unsere junge Flotte auftreten, möglicherweise aber auch mit uns verbündet operiren wird. Schwe¬ dische Autoritäten erklären diese Flotte für see- und triegsuntauglich, sie halten sie nicht einmal für gut genug, um Lazarett)- oder Casernenschiffe abzugeben. Nun gibt es zwar noch 4 Segel-Corvetten. (Lagerbjälke. Najaden, af Chavman und Tarramas), einige Briggs und eine Anzahl Schooner. über deren Zustand die Commission noch nicht ihr Gutachten abgegeben hat; doch ist es in Schweden Jedermann bekannt, daß es mit diesen Fahrzeugen ebenso oder noch schlechter steht als mit den besprochnen. Sie geben der Linienflotte an Alter nichts nach, sind, weil nicht so große Werthe darstellend, mit weniger Sorgfalt gebaut und haben viel mehr gelitten, da sie häufiger in Dienst gestellt wurden, besonders die 4 Korvetten. Wie diese morschen Segler hartes Wetter oder den Stoß ihrer eignen, freilich nicht schweren und nicht gezogenen Geschütze beim Feuern aushalten sollen, ist an sich schon unbegreifliche sie aber dem Feuer gezogener schwerer Geschütze aus¬ zusetzen, wäre wohl das Unbegreiflichste, was eine Admiralität thun könnte. Wir haben nun noch die schwedische Schärenflotte zu betrachten. Dieselbe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/298>, abgerufen am 08.01.2025.