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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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nach zwölfstündigem Marsch durch eine schatten- und wasserlose Sandwüste nach
Ayn, wo eine reiche Quelle ein grünes anmuthiges Thal bewässert. Am dritten
Tag steigt man, von Ayn in derselben Richtung fortziehend, auf einer für
Kameele gangbaren Straße ein enges, von Kuhheerde" belebtes Thal hinaus,
das zum Gebiet des mohammedanischen Stammes der Habab Ali Mariam gehört.
Von hier wendet sich der Reisende am vierten Tage westwärts und betritt eine
schöne quellenreiche Tiefebene, in welcher die Jagd crgibig ist und schon Elephanten,
aber auch Löwen anzutreffen sind, und die mit einem hohen Bergsattel endigt,
der die Ali-Mariam von den Bogos, die Moslemin von den Christen trennt.
Hat die Kara ane diesen Berg überschritten, so wendet sich der Weg immer
entschiedener nach Westen, und man kommt am Abend des fünften Tages zu
der ersten Ortschaft des Bogoslandes, dem Dorfe Wasentet, von wo man am
nächsten Morgen durch das Thal Anscba in die große Ebene geht!, in welcher
Keren, der Wohnort Munzingers und das wahrscheinliche Hauptquartier der
coburger Elephanten- und Nashornjäger liegt.

Das Land der Bogos ist, wie schon das Gesagte zeigt, ein Gebirgsland,
und zwar gehört es dem System des Hochlandes von Habesch an, dessen Nvrd-
zug hier endigt. Einzelne Partien, z. B. der Gebirgsstock Debre Sir", erinnern
an die Alpen. Doch liegen die Dörfer nur im Tiefland, zwischen 1000 und
6000 Fuß über dem Meeresspiegel. An Quellen und Bächen fehlt es an den
meisten Stellen, doch entspringen hier mehre große Flüsse, wie der Ainsaba, der
Barka und der March, der in der Niederung den Namen Gases führt und sich,
in der Regenzeit als gewaltiger Strom, nicht, wie bis auf Munzinger an¬
genommen war, in den Atbara und mit diesem in den Nil, sondern, nicht fern
von Suakin, in' das Rothe Meer ergießt. Von Keren gelangt man in etwa
vierzehn Tagen nach Chartum, und so ist jener Ort Durchgangspunkt und Halt-
platz des ziemlich lebhaften Verkehrs zwischen Massua und der Hauptstadt des
ägyptischen Sudan, dem Rothen Meer und dem obern Nilthal. Ueber die Art
des Bogoslandes äußert sich Munzinger außerordentlich günstig. "Alle die¬
jenigen, welche dieses Volk besucht und seine schönen Thäler durchwandert haben,
bringen denselben Eindruck eines gelobten Landes in den Sand Massua's zurück.
Das Klima ist das Italiens, der Boden ausgezeichnet, und man könnte alle
Reichthümer der Kolonien dahin verpflanzen."

Trotzdem ist das Land, von steten Verwüstungszügen der Nachbarn heim¬
gesucht, wenig besser als eine Einöde, der Ackerbau vernachlässigt, das Leben
der Menschen das von Barbaren.'

Die Hauptfrucht des Landes ist das Durra. Weizen und Gerste sind wenig
verbreitet, und von Gemüsen kennt man nur Bohnen und Kohl. Der Mangel
an fließendem Wasser hindert den Garten- wie den Feldbau vielfach. Nach Mi߬
ernten werden wilde Früchte eingesammelt, deren es mancherlei Arten gibt. Die


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nach zwölfstündigem Marsch durch eine schatten- und wasserlose Sandwüste nach
Ayn, wo eine reiche Quelle ein grünes anmuthiges Thal bewässert. Am dritten
Tag steigt man, von Ayn in derselben Richtung fortziehend, auf einer für
Kameele gangbaren Straße ein enges, von Kuhheerde» belebtes Thal hinaus,
das zum Gebiet des mohammedanischen Stammes der Habab Ali Mariam gehört.
Von hier wendet sich der Reisende am vierten Tage westwärts und betritt eine
schöne quellenreiche Tiefebene, in welcher die Jagd crgibig ist und schon Elephanten,
aber auch Löwen anzutreffen sind, und die mit einem hohen Bergsattel endigt,
der die Ali-Mariam von den Bogos, die Moslemin von den Christen trennt.
Hat die Kara ane diesen Berg überschritten, so wendet sich der Weg immer
entschiedener nach Westen, und man kommt am Abend des fünften Tages zu
der ersten Ortschaft des Bogoslandes, dem Dorfe Wasentet, von wo man am
nächsten Morgen durch das Thal Anscba in die große Ebene geht!, in welcher
Keren, der Wohnort Munzingers und das wahrscheinliche Hauptquartier der
coburger Elephanten- und Nashornjäger liegt.

Das Land der Bogos ist, wie schon das Gesagte zeigt, ein Gebirgsland,
und zwar gehört es dem System des Hochlandes von Habesch an, dessen Nvrd-
zug hier endigt. Einzelne Partien, z. B. der Gebirgsstock Debre Sir«, erinnern
an die Alpen. Doch liegen die Dörfer nur im Tiefland, zwischen 1000 und
6000 Fuß über dem Meeresspiegel. An Quellen und Bächen fehlt es an den
meisten Stellen, doch entspringen hier mehre große Flüsse, wie der Ainsaba, der
Barka und der March, der in der Niederung den Namen Gases führt und sich,
in der Regenzeit als gewaltiger Strom, nicht, wie bis auf Munzinger an¬
genommen war, in den Atbara und mit diesem in den Nil, sondern, nicht fern
von Suakin, in' das Rothe Meer ergießt. Von Keren gelangt man in etwa
vierzehn Tagen nach Chartum, und so ist jener Ort Durchgangspunkt und Halt-
platz des ziemlich lebhaften Verkehrs zwischen Massua und der Hauptstadt des
ägyptischen Sudan, dem Rothen Meer und dem obern Nilthal. Ueber die Art
des Bogoslandes äußert sich Munzinger außerordentlich günstig. „Alle die¬
jenigen, welche dieses Volk besucht und seine schönen Thäler durchwandert haben,
bringen denselben Eindruck eines gelobten Landes in den Sand Massua's zurück.
Das Klima ist das Italiens, der Boden ausgezeichnet, und man könnte alle
Reichthümer der Kolonien dahin verpflanzen."

Trotzdem ist das Land, von steten Verwüstungszügen der Nachbarn heim¬
gesucht, wenig besser als eine Einöde, der Ackerbau vernachlässigt, das Leben
der Menschen das von Barbaren.'

Die Hauptfrucht des Landes ist das Durra. Weizen und Gerste sind wenig
verbreitet, und von Gemüsen kennt man nur Bohnen und Kohl. Der Mangel
an fließendem Wasser hindert den Garten- wie den Feldbau vielfach. Nach Mi߬
ernten werden wilde Früchte eingesammelt, deren es mancherlei Arten gibt. Die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/27>, abgerufen am 06.01.2025.