Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.lassen sich bei der Begrüßung von den Dienern und Dienerinnen freundschaft¬ lassen sich bei der Begrüßung von den Dienern und Dienerinnen freundschaft¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0012" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113792"/> <p xml:id="ID_6" prev="#ID_5" next="#ID_7"> lassen sich bei der Begrüßung von den Dienern und Dienerinnen freundschaft¬<lb/> lich auf Haupt und Schultern küssen. Der Sauhirt Eumäos, wie der Rinder-<lb/> hirt Philoitivs, wird in Anerkennung seiner persönlichen Tüchtigkeit „der gött¬<lb/> liche" genannt und beide erhalten von Odysseus das Versprechen: „Ich will<lb/> euch ein Weib und Güter zum Eigenthum geben und euch in meiner Nähe<lb/> Häuser bauen und ihr sollt mir Freunde und Brüder meinem Telemach sein."<lb/> Die Treue und Pflichterfüllung der Sklaven ist überall rühmlich und von<lb/> Strafen werden nur zwei Fälle erwähnt, wo der an dem Herrn verübte Ver¬<lb/> rath mit dem Tode bestraft wird. Neben den eigentlichen Sklaven noch Leib¬<lb/> eigene bei Homer nachzuweisen, wie sie in späterer Zeit als Unterthanen der<lb/> herrschenden Bevölkerung sich in verschiedenen Ländern vorfinden, ist nicht<lb/> möglich, und es fällt nicht unwahrscheinlich deren Entstehung erst in die Zeit<lb/> nach dem trojanischen Kriege, besonders in die Zeit der dorischen Wanderungen<lb/> und Eroberungszüge. Denn man findet sie besonders da, wo dorische Stämme<lb/> sich eingedrängt haben. Am bekanntesten in dieser Beziehung ist der leibeigene<lb/> Bauernstand Lakoniens, die Heloten. Sie werden von einigen alten Schrift¬<lb/> stellern als Staatssklaven bezeichnet und insofern nicht mit Unrecht, als sie<lb/> vom Staate den Einzelnen zum Gebrauch überlassen wurden, ohne daß die<lb/> Besitzer das Recht hatten, sie zu verkaufen, freizulassen oder vom Gute zu<lb/> trennen. Der Staat benutzte sie auch in Kriegszeiten als Schildknappen, Tro߬<lb/> knechte und Leichtbewaffnete. Von dem Ertrage der Aecker hatten sie den<lb/> Herren eine Abgabe von ungefähr 82 preußischen Scheffeln Gerste für jedes<lb/> Ackerlvvs und eine verhältnißmäßige Quantität Oel und Wein abzuliefern.<lb/> Wieviel ihnen selbst dann geblieben, läßt sich nicht ermitteln, da man weder<lb/> die Größe der unter sich gleichen Güter, noch die Zahl der sie bearbeitenden<lb/> Leibeigenen kennt. Aber es war mit einem Fluche belegt, mehr von ihnen zu<lb/> verlangen, und daß sie etwas erübrigen konnten, sieht man daraus, daß der<lb/> König Kleomenes der Dritte 760,000 Thlr. zusammenbrachte, als er im Kriege<lb/> gegen Antigonus allen Heloten die Freiheit gab, die 125 Thlr. erlegen konnten.<lb/> Nichtsdestoweniger war die Lage der Heloten im Allgemeinen eine sehr gedrückte<lb/> und ihr Verhältniß zu den scharf von ihnen geschiedenen Spartiaten ein fort¬<lb/> während gespanntes, ja feindseliges. Plutarch sagt, in Sparta sei der Freie<lb/> am meisten frei und der Sklave am meisten Sklave gewesen. Die Staatsge¬<lb/> walt wachte ängstlich darüber, daß die Leibeigenen in Sitte und Verhalten<lb/> innerhalb der peinlich vorgeschriebenen Grenzen blieben, und scheute kein Mittel,<lb/> ihre Herrschaft über die den Spartanern zwanzigfach überlegene Mehrzahl zu<lb/> behaupten. So ließ man die jungen Leute vor ihrem Eintritt in den Kriegs¬<lb/> dienst unter den Waffen das Land durchstreifen, von versteckten Schlupfwinkeln<lb/> aus das Thun und Treiben der Heloten beobachten und Gesetzwidrigkeiten<lb/> augenblicklich ahnden. Noch schlimmer ist, was Thukydides aus der Zeit des</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
lassen sich bei der Begrüßung von den Dienern und Dienerinnen freundschaft¬
lich auf Haupt und Schultern küssen. Der Sauhirt Eumäos, wie der Rinder-
hirt Philoitivs, wird in Anerkennung seiner persönlichen Tüchtigkeit „der gött¬
liche" genannt und beide erhalten von Odysseus das Versprechen: „Ich will
euch ein Weib und Güter zum Eigenthum geben und euch in meiner Nähe
Häuser bauen und ihr sollt mir Freunde und Brüder meinem Telemach sein."
Die Treue und Pflichterfüllung der Sklaven ist überall rühmlich und von
Strafen werden nur zwei Fälle erwähnt, wo der an dem Herrn verübte Ver¬
rath mit dem Tode bestraft wird. Neben den eigentlichen Sklaven noch Leib¬
eigene bei Homer nachzuweisen, wie sie in späterer Zeit als Unterthanen der
herrschenden Bevölkerung sich in verschiedenen Ländern vorfinden, ist nicht
möglich, und es fällt nicht unwahrscheinlich deren Entstehung erst in die Zeit
nach dem trojanischen Kriege, besonders in die Zeit der dorischen Wanderungen
und Eroberungszüge. Denn man findet sie besonders da, wo dorische Stämme
sich eingedrängt haben. Am bekanntesten in dieser Beziehung ist der leibeigene
Bauernstand Lakoniens, die Heloten. Sie werden von einigen alten Schrift¬
stellern als Staatssklaven bezeichnet und insofern nicht mit Unrecht, als sie
vom Staate den Einzelnen zum Gebrauch überlassen wurden, ohne daß die
Besitzer das Recht hatten, sie zu verkaufen, freizulassen oder vom Gute zu
trennen. Der Staat benutzte sie auch in Kriegszeiten als Schildknappen, Tro߬
knechte und Leichtbewaffnete. Von dem Ertrage der Aecker hatten sie den
Herren eine Abgabe von ungefähr 82 preußischen Scheffeln Gerste für jedes
Ackerlvvs und eine verhältnißmäßige Quantität Oel und Wein abzuliefern.
Wieviel ihnen selbst dann geblieben, läßt sich nicht ermitteln, da man weder
die Größe der unter sich gleichen Güter, noch die Zahl der sie bearbeitenden
Leibeigenen kennt. Aber es war mit einem Fluche belegt, mehr von ihnen zu
verlangen, und daß sie etwas erübrigen konnten, sieht man daraus, daß der
König Kleomenes der Dritte 760,000 Thlr. zusammenbrachte, als er im Kriege
gegen Antigonus allen Heloten die Freiheit gab, die 125 Thlr. erlegen konnten.
Nichtsdestoweniger war die Lage der Heloten im Allgemeinen eine sehr gedrückte
und ihr Verhältniß zu den scharf von ihnen geschiedenen Spartiaten ein fort¬
während gespanntes, ja feindseliges. Plutarch sagt, in Sparta sei der Freie
am meisten frei und der Sklave am meisten Sklave gewesen. Die Staatsge¬
walt wachte ängstlich darüber, daß die Leibeigenen in Sitte und Verhalten
innerhalb der peinlich vorgeschriebenen Grenzen blieben, und scheute kein Mittel,
ihre Herrschaft über die den Spartanern zwanzigfach überlegene Mehrzahl zu
behaupten. So ließ man die jungen Leute vor ihrem Eintritt in den Kriegs¬
dienst unter den Waffen das Land durchstreifen, von versteckten Schlupfwinkeln
aus das Thun und Treiben der Heloten beobachten und Gesetzwidrigkeiten
augenblicklich ahnden. Noch schlimmer ist, was Thukydides aus der Zeit des
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |