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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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trunken, unten in Champagner, oben auf den Gallerien in Meth und Kirsch-
wein. Dann begann das Orchester zu spielen, das Sängerchor zu singen.
Es wurden Kanonen abgefeuert, die Hanswurste machten ihre Luftsprünge,
Purzelbäume und Grimassen vor Sr. Hoheit, die Zwerge quiekten, selbst
der Taubstumme ließ irgend ein paar Töne hören, die Gäste warfen vor Ver¬
gnügen ihre Gläser an die Wand, und der Bär stand auf seinen Hinterpfoten
und brummte.

Hierauf begaben sich die Gäste in den Salon, und nachdem sie hier
ne/es ein Glas ausgesuchten Ungarwein getrunken, wurde ein Mittagsschläfchen
befohlen. Die Schlummerfnhn? erschien auf dem Schloßbande, und in ganz
Zabona war kein anderer Laut mehr zu hören, als das Schnarchen von Alexis
Iuriwitsch und seinen Gästen.

Wenn die Schläfer erwachten, begaben sie sich auf ihre Gemächer, um
sich für den Ball anzukleiden, der um sieben Uhr begann. Im Ballsaal wur¬
den Tausende von Wachskerzen angesteckt, vor dem Hause flammten Theer¬
tonnen, jenseits der Wolga zündete mau mächtige Scheiterhaufen zur Er¬
leuchtung der Gegend an. Sobald der Fürst mit der Fürstin erschien, spielte
das Orchester mit Pauken und Trompete," eine Polonaise. Dann schritt der
Gouverneur in einem grünen Kasten, rothem Estmnet und dottergelbem
Camisol, eine gewaltige Wolkenperücke auf dem Scheitel, seine Cavalerieschärpe
quer über die Brust auf die Fürstin zu, verbeugte sich so zierlich als möglich,
ergriff die Hand Ihrer Hoheit und führte den Tanz an, bei welchem die an¬
dern Paare nach Nang und Stand folgten. Nach der Polonaise betrat die
Gesellschaft ein Speisezimmer, wo ein Chor italienischer Musikanten spielte,
bis sie alle Platz genommen. Ein Borhang ging auf und enthüllte eine
Bühne, auf welcher zunächst Dunjaschka. die Tochter eines Bauern des Fürsten,
das hübscheste Mädchen im Städtchen, erschien. Sie war im Styl der Pom-
padour gekleidet, mit hohe'r gepuderter Frisur und Schminkpflästerchen im Ge¬
sicht, mit einem Wort, genau in dem Costüm der Schäferinnen am Hofe
Ludwigs des Fünfzehnten. Dunjaschka begann mit dem Vortrag einer Gra-
tulations-Ode, die Simeon Tititsch, der Schloßpoet von Zaboria, verfertigt.
Dann trat Paraschka. eine andere Schäferin, auf und sagte zu Dunjaschka
allerlei niedliche Sächelchen von Liebe und Lämmlein, die ebenfalls von
Tititsch herrührten, wobei wir bemerke", daß dieses Mitglied der Dickter-
zunft ein Herr von stark hervortretenden Zigeunerneigungen war. der, wenn man
von ihm ein Gelegenheitscarmcn haben wollte, stets mehre Tage eingesperrt
werden mußte, damit er sich nicht statt im kastalischen Quell in der Schnaps¬
flasche berauschte.

Nach der Liebe und dem Lämmlein der Schäferin Paraschka pflegte plötz¬
lich unter dem Prasseln und Krachen eines Feuerwerkes ein kleiner Küchen-


trunken, unten in Champagner, oben auf den Gallerien in Meth und Kirsch-
wein. Dann begann das Orchester zu spielen, das Sängerchor zu singen.
Es wurden Kanonen abgefeuert, die Hanswurste machten ihre Luftsprünge,
Purzelbäume und Grimassen vor Sr. Hoheit, die Zwerge quiekten, selbst
der Taubstumme ließ irgend ein paar Töne hören, die Gäste warfen vor Ver¬
gnügen ihre Gläser an die Wand, und der Bär stand auf seinen Hinterpfoten
und brummte.

Hierauf begaben sich die Gäste in den Salon, und nachdem sie hier
ne/es ein Glas ausgesuchten Ungarwein getrunken, wurde ein Mittagsschläfchen
befohlen. Die Schlummerfnhn? erschien auf dem Schloßbande, und in ganz
Zabona war kein anderer Laut mehr zu hören, als das Schnarchen von Alexis
Iuriwitsch und seinen Gästen.

Wenn die Schläfer erwachten, begaben sie sich auf ihre Gemächer, um
sich für den Ball anzukleiden, der um sieben Uhr begann. Im Ballsaal wur¬
den Tausende von Wachskerzen angesteckt, vor dem Hause flammten Theer¬
tonnen, jenseits der Wolga zündete mau mächtige Scheiterhaufen zur Er¬
leuchtung der Gegend an. Sobald der Fürst mit der Fürstin erschien, spielte
das Orchester mit Pauken und Trompete,» eine Polonaise. Dann schritt der
Gouverneur in einem grünen Kasten, rothem Estmnet und dottergelbem
Camisol, eine gewaltige Wolkenperücke auf dem Scheitel, seine Cavalerieschärpe
quer über die Brust auf die Fürstin zu, verbeugte sich so zierlich als möglich,
ergriff die Hand Ihrer Hoheit und führte den Tanz an, bei welchem die an¬
dern Paare nach Nang und Stand folgten. Nach der Polonaise betrat die
Gesellschaft ein Speisezimmer, wo ein Chor italienischer Musikanten spielte,
bis sie alle Platz genommen. Ein Borhang ging auf und enthüllte eine
Bühne, auf welcher zunächst Dunjaschka. die Tochter eines Bauern des Fürsten,
das hübscheste Mädchen im Städtchen, erschien. Sie war im Styl der Pom-
padour gekleidet, mit hohe'r gepuderter Frisur und Schminkpflästerchen im Ge¬
sicht, mit einem Wort, genau in dem Costüm der Schäferinnen am Hofe
Ludwigs des Fünfzehnten. Dunjaschka begann mit dem Vortrag einer Gra-
tulations-Ode, die Simeon Tititsch, der Schloßpoet von Zaboria, verfertigt.
Dann trat Paraschka. eine andere Schäferin, auf und sagte zu Dunjaschka
allerlei niedliche Sächelchen von Liebe und Lämmlein, die ebenfalls von
Tititsch herrührten, wobei wir bemerke», daß dieses Mitglied der Dickter-
zunft ein Herr von stark hervortretenden Zigeunerneigungen war. der, wenn man
von ihm ein Gelegenheitscarmcn haben wollte, stets mehre Tage eingesperrt
werden mußte, damit er sich nicht statt im kastalischen Quell in der Schnaps¬
flasche berauschte.

Nach der Liebe und dem Lämmlein der Schäferin Paraschka pflegte plötz¬
lich unter dem Prasseln und Krachen eines Feuerwerkes ein kleiner Küchen-


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[0431] trunken, unten in Champagner, oben auf den Gallerien in Meth und Kirsch- wein. Dann begann das Orchester zu spielen, das Sängerchor zu singen. Es wurden Kanonen abgefeuert, die Hanswurste machten ihre Luftsprünge, Purzelbäume und Grimassen vor Sr. Hoheit, die Zwerge quiekten, selbst der Taubstumme ließ irgend ein paar Töne hören, die Gäste warfen vor Ver¬ gnügen ihre Gläser an die Wand, und der Bär stand auf seinen Hinterpfoten und brummte. Hierauf begaben sich die Gäste in den Salon, und nachdem sie hier ne/es ein Glas ausgesuchten Ungarwein getrunken, wurde ein Mittagsschläfchen befohlen. Die Schlummerfnhn? erschien auf dem Schloßbande, und in ganz Zabona war kein anderer Laut mehr zu hören, als das Schnarchen von Alexis Iuriwitsch und seinen Gästen. Wenn die Schläfer erwachten, begaben sie sich auf ihre Gemächer, um sich für den Ball anzukleiden, der um sieben Uhr begann. Im Ballsaal wur¬ den Tausende von Wachskerzen angesteckt, vor dem Hause flammten Theer¬ tonnen, jenseits der Wolga zündete mau mächtige Scheiterhaufen zur Er¬ leuchtung der Gegend an. Sobald der Fürst mit der Fürstin erschien, spielte das Orchester mit Pauken und Trompete,» eine Polonaise. Dann schritt der Gouverneur in einem grünen Kasten, rothem Estmnet und dottergelbem Camisol, eine gewaltige Wolkenperücke auf dem Scheitel, seine Cavalerieschärpe quer über die Brust auf die Fürstin zu, verbeugte sich so zierlich als möglich, ergriff die Hand Ihrer Hoheit und führte den Tanz an, bei welchem die an¬ dern Paare nach Nang und Stand folgten. Nach der Polonaise betrat die Gesellschaft ein Speisezimmer, wo ein Chor italienischer Musikanten spielte, bis sie alle Platz genommen. Ein Borhang ging auf und enthüllte eine Bühne, auf welcher zunächst Dunjaschka. die Tochter eines Bauern des Fürsten, das hübscheste Mädchen im Städtchen, erschien. Sie war im Styl der Pom- padour gekleidet, mit hohe'r gepuderter Frisur und Schminkpflästerchen im Ge¬ sicht, mit einem Wort, genau in dem Costüm der Schäferinnen am Hofe Ludwigs des Fünfzehnten. Dunjaschka begann mit dem Vortrag einer Gra- tulations-Ode, die Simeon Tititsch, der Schloßpoet von Zaboria, verfertigt. Dann trat Paraschka. eine andere Schäferin, auf und sagte zu Dunjaschka allerlei niedliche Sächelchen von Liebe und Lämmlein, die ebenfalls von Tititsch herrührten, wobei wir bemerke», daß dieses Mitglied der Dickter- zunft ein Herr von stark hervortretenden Zigeunerneigungen war. der, wenn man von ihm ein Gelegenheitscarmcn haben wollte, stets mehre Tage eingesperrt werden mußte, damit er sich nicht statt im kastalischen Quell in der Schnaps¬ flasche berauschte. Nach der Liebe und dem Lämmlein der Schäferin Paraschka pflegte plötz¬ lich unter dem Prasseln und Krachen eines Feuerwerkes ein kleiner Küchen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/431>, abgerufen am 28.12.2024.