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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Die Lehre vom Kaufe, die im 2. Titel Art. 337 ^-359 abgehandelt wird,
lehnt sich mehr als irgend eine andere Materie des Handelsrechtes an das
allgemeine bürgerliche Recht an: die Aufgabe der Conferenz bestand daher
hauptsächlich in der gesetzlichen Regulirung solcher Punkte, bezüglich deren
ein Abweichen por den Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes durch die singu-
läre Natur des Handelsverkehrs geboten schien, oder wo die Verschiedenheit
der Particulargesetzgebungen die Aufstellung einer allgemein giltigen Norm
wünschenswerth machte. Bei den ausgezeichneten wissenschaftlichen und legis¬
latorischen Vorarbeiten grade auf diesem Gebiete steht zu erwarten, daß das
Handelsgesetzbuch in dieser Lehre nicht minder den Anforderungen der Wissen¬
schaft als dem praktischen Bedürfnisse entsprechen M'rde., In letzterer Be¬
ziehung soll hier nur darauf aufmerksam gemacht werden, daß nach Art. 354,
wenn der Käufer in>t Zahlung des Kaufpreises im Verzüge und die Waare
noch nicht übergeben i,se. es dem Verkäufer freisteht, nach seiner Wahl ent¬
weder die Erfüllung des Vertrages und Schadenersatz wegen verspäteter Erfül¬
lung zu verlangen, oder die Waare für Rechnung des Käufers zu, verkaufen
und Schadenersatz zu fordern, oder von dem Vertrage abzugehen, gleich als ob
derselbe nicht geschlossen wäre.

Im 3. Titel Art. 360 -- 373 wird die Lehre vom kaufmännischen .Com¬
missionsgeschäfte behandelt, dessen gesetzliche Norrnirung um so anerkennens-
werther ist, als die innerliche Verschiedenheit der kaufmännischen Commission
von dem Mandate des bürgerlichen Rechtes zeither in der Spruchpraxis nicht
immer eme der Wichtigkeit dieses Nechtsinstitutes sowie den Wünschen und
Bedürfnissen der Betheiligten entsprechende Berücksichtigung fand. Abwei¬
chungen von den Ansichten der Handelswelt bei dieser Lehre, wie sie z. B.
in Art. 372 vorkommen, sind nicht sowohl aus einem vornehmen Jgnoriren
der betreffenden Ansichten" als aus wissenschaftlichen Gründen beliebt worden.
Als besonders wichtig heben wi.r hervor, daß nach Art. 370 das ekel creÄML
Stehen des Kommissionärs sich im Allgemeinen keineswegs von selbst ver¬
steht, sondern nur dann eintritt, wenn es von dem Commissionär übernom¬
men worden oder am Orte seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist , sqwie
daß nach Art, 367 der Kommissionär wegen Unterlassung der Versicherung
des Gutes nur. dann haftet, wenn er von dem Committenten zur Versicherung
besonders beauftragt war; die Frage dagegen, ob der Commissi.onür zur Ver¬
sicherung auch ohne desfallsigen Auftrag berechtigt sei, wurde im Handelsge¬
setzbuch absichtlich nicht speciell entschieden, man wird aber, da der Commit-
tent dem Kommissionär den nützlichen Aufwand zu ersetzen hat, die Berech¬
tigung des Comnussionärs zur Versicherung des Gutes wenigstens überall da
nicht absprechen dürfen, wo die Versicherung der Sorgfalt eines ordentlichen
Kaufmanns entsprechend war. Die Statuirung eines Pfandrechtes für den


Die Lehre vom Kaufe, die im 2. Titel Art. 337 ^-359 abgehandelt wird,
lehnt sich mehr als irgend eine andere Materie des Handelsrechtes an das
allgemeine bürgerliche Recht an: die Aufgabe der Conferenz bestand daher
hauptsächlich in der gesetzlichen Regulirung solcher Punkte, bezüglich deren
ein Abweichen por den Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes durch die singu-
läre Natur des Handelsverkehrs geboten schien, oder wo die Verschiedenheit
der Particulargesetzgebungen die Aufstellung einer allgemein giltigen Norm
wünschenswerth machte. Bei den ausgezeichneten wissenschaftlichen und legis¬
latorischen Vorarbeiten grade auf diesem Gebiete steht zu erwarten, daß das
Handelsgesetzbuch in dieser Lehre nicht minder den Anforderungen der Wissen¬
schaft als dem praktischen Bedürfnisse entsprechen M'rde., In letzterer Be¬
ziehung soll hier nur darauf aufmerksam gemacht werden, daß nach Art. 354,
wenn der Käufer in>t Zahlung des Kaufpreises im Verzüge und die Waare
noch nicht übergeben i,se. es dem Verkäufer freisteht, nach seiner Wahl ent¬
weder die Erfüllung des Vertrages und Schadenersatz wegen verspäteter Erfül¬
lung zu verlangen, oder die Waare für Rechnung des Käufers zu, verkaufen
und Schadenersatz zu fordern, oder von dem Vertrage abzugehen, gleich als ob
derselbe nicht geschlossen wäre.

Im 3. Titel Art. 360 — 373 wird die Lehre vom kaufmännischen .Com¬
missionsgeschäfte behandelt, dessen gesetzliche Norrnirung um so anerkennens-
werther ist, als die innerliche Verschiedenheit der kaufmännischen Commission
von dem Mandate des bürgerlichen Rechtes zeither in der Spruchpraxis nicht
immer eme der Wichtigkeit dieses Nechtsinstitutes sowie den Wünschen und
Bedürfnissen der Betheiligten entsprechende Berücksichtigung fand. Abwei¬
chungen von den Ansichten der Handelswelt bei dieser Lehre, wie sie z. B.
in Art. 372 vorkommen, sind nicht sowohl aus einem vornehmen Jgnoriren
der betreffenden Ansichten« als aus wissenschaftlichen Gründen beliebt worden.
Als besonders wichtig heben wi.r hervor, daß nach Art. 370 das ekel creÄML
Stehen des Kommissionärs sich im Allgemeinen keineswegs von selbst ver¬
steht, sondern nur dann eintritt, wenn es von dem Commissionär übernom¬
men worden oder am Orte seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist , sqwie
daß nach Art, 367 der Kommissionär wegen Unterlassung der Versicherung
des Gutes nur. dann haftet, wenn er von dem Committenten zur Versicherung
besonders beauftragt war; die Frage dagegen, ob der Commissi.onür zur Ver¬
sicherung auch ohne desfallsigen Auftrag berechtigt sei, wurde im Handelsge¬
setzbuch absichtlich nicht speciell entschieden, man wird aber, da der Commit-
tent dem Kommissionär den nützlichen Aufwand zu ersetzen hat, die Berech¬
tigung des Comnussionärs zur Versicherung des Gutes wenigstens überall da
nicht absprechen dürfen, wo die Versicherung der Sorgfalt eines ordentlichen
Kaufmanns entsprechend war. Die Statuirung eines Pfandrechtes für den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/306>, abgerufen am 23.07.2024.