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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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dieser Bevölkerungsschicht kümmert sich entweder sehr wenig Orl den Krieg,
oder neigt heimlich zum Süden, oder haßt wenigstens die "Niggers", die er
im Hintergrund dieses Streites wie alles andern Zankes im Lande stehen
sieht, und ist entschlossen, sich nur durch Zwang zum Soldaten machen zu
lassen. So kommt es, daß bis vor Kurzem der gesammte Norden nicht halb
so viele Kämpfer ins Feld gestellt hatte, als der einzige Staat Neuyork nach
seinen Censustabellen liefern kann, und daß die Cvnföderirtcn Staaten, ob¬
wohl ihre Bevölkemng sich zu der des in Betracht kommenden Theils des
Nordens wie i zu 3 verhält, bisher mehr Soldaten auf den Beinen hatten,
als dieser. Indeß hat diese dem Kriege abgeneigte Klasse in den Gemeinden
sehr wenig Gewicht und Einfluß und ist eigentlich nur an der Wahlurne von
Bedeutung, wo man sie zusammentreibt, um das "Tickel" zu stützen, welches
die Führer ihrer Partei aufgesetzt haben. So lange die Führer beider Par¬
teien (Demokraten und Republikaner) für den Krieg sind und der unkriege¬
rische Theil der niedern Klasse Beschäftigung und Lohn findet, wird der letz-
tere nicht daran denken laut zu murren. Wollten die Parteihäuprer der De¬
mokraten oder die der Republikaner eine Friedenspartei bilden, so würden sie,
wenn ihre Organisation nur einigen Halt gewonnen hätte, aus diesen Kreisen
sicher reichlichen Zulauf haben. Aber von einer solchen Absicht zeigt sich auch
nicht die geringste Spur.

"Nicht einer von den eingebornen Amerikanern von Bermögen oder In¬
telligenz, mit denen ich sprach" -- so schreibt der vorhin citirte Korrespondent
des "Economist" -- "schreckte vor der Aussicht aus einen langwierigen Bürger¬
krieg zurück, ausgenommen die wenigen, deren gesellschaftliche oder geschäft¬
liche Verbindungen ausschließlich südliche find. Unter den fremden Kaufleuten
von Neuyork verhält sichs anders, aber deren Einfluß ist unendlich gering.'
hinsichtlich seiner Einwirkung auf die Politik der Nation im Großen und
Ganzen nur ein Tropfen im Ocean. Chefs von Bankhäusern, Großhändler,
Grundbesitzer, Sachwalter und Angehörige anderer gelehrter Berufszweige,
Schriftsteller, Zcitungsredacteure und Geistliche. Republikaner. Demokraten
und Abolitionisten. Alle, soweit ich Kenntniß zu nehmen im Stande war, sind
in einem Punkt einig, daß. was auch die Opfer der gegenwärtigen Generation
sein würden, die Union erhalten bleiben müsse. Sagt ihnen, daß dies den
Nationalbankerott zur Folge haben werde, daß Gras auf dem Broadway
wachsen, daß Heer auf Heer durch Hunger und Seuchen wo nicht durch das
Schwert vernichtet werden möge, bevor sieben Millionen Menschen so tapfer
als sie selbst von einer Race besiegt werden würden, die sie verabscheuen,
dennoch werdet ihr ihnen kein Zugeständniß abgewinnen. Selbst die, welche
Zugehen, daß die Schwierigkeiten sehr groß seien, sind entschlossen, sich an sie
zu machen."


dieser Bevölkerungsschicht kümmert sich entweder sehr wenig Orl den Krieg,
oder neigt heimlich zum Süden, oder haßt wenigstens die „Niggers", die er
im Hintergrund dieses Streites wie alles andern Zankes im Lande stehen
sieht, und ist entschlossen, sich nur durch Zwang zum Soldaten machen zu
lassen. So kommt es, daß bis vor Kurzem der gesammte Norden nicht halb
so viele Kämpfer ins Feld gestellt hatte, als der einzige Staat Neuyork nach
seinen Censustabellen liefern kann, und daß die Cvnföderirtcn Staaten, ob¬
wohl ihre Bevölkemng sich zu der des in Betracht kommenden Theils des
Nordens wie i zu 3 verhält, bisher mehr Soldaten auf den Beinen hatten,
als dieser. Indeß hat diese dem Kriege abgeneigte Klasse in den Gemeinden
sehr wenig Gewicht und Einfluß und ist eigentlich nur an der Wahlurne von
Bedeutung, wo man sie zusammentreibt, um das „Tickel" zu stützen, welches
die Führer ihrer Partei aufgesetzt haben. So lange die Führer beider Par¬
teien (Demokraten und Republikaner) für den Krieg sind und der unkriege¬
rische Theil der niedern Klasse Beschäftigung und Lohn findet, wird der letz-
tere nicht daran denken laut zu murren. Wollten die Parteihäuprer der De¬
mokraten oder die der Republikaner eine Friedenspartei bilden, so würden sie,
wenn ihre Organisation nur einigen Halt gewonnen hätte, aus diesen Kreisen
sicher reichlichen Zulauf haben. Aber von einer solchen Absicht zeigt sich auch
nicht die geringste Spur.

„Nicht einer von den eingebornen Amerikanern von Bermögen oder In¬
telligenz, mit denen ich sprach" — so schreibt der vorhin citirte Korrespondent
des „Economist" — „schreckte vor der Aussicht aus einen langwierigen Bürger¬
krieg zurück, ausgenommen die wenigen, deren gesellschaftliche oder geschäft¬
liche Verbindungen ausschließlich südliche find. Unter den fremden Kaufleuten
von Neuyork verhält sichs anders, aber deren Einfluß ist unendlich gering.'
hinsichtlich seiner Einwirkung auf die Politik der Nation im Großen und
Ganzen nur ein Tropfen im Ocean. Chefs von Bankhäusern, Großhändler,
Grundbesitzer, Sachwalter und Angehörige anderer gelehrter Berufszweige,
Schriftsteller, Zcitungsredacteure und Geistliche. Republikaner. Demokraten
und Abolitionisten. Alle, soweit ich Kenntniß zu nehmen im Stande war, sind
in einem Punkt einig, daß. was auch die Opfer der gegenwärtigen Generation
sein würden, die Union erhalten bleiben müsse. Sagt ihnen, daß dies den
Nationalbankerott zur Folge haben werde, daß Gras auf dem Broadway
wachsen, daß Heer auf Heer durch Hunger und Seuchen wo nicht durch das
Schwert vernichtet werden möge, bevor sieben Millionen Menschen so tapfer
als sie selbst von einer Race besiegt werden würden, die sie verabscheuen,
dennoch werdet ihr ihnen kein Zugeständniß abgewinnen. Selbst die, welche
Zugehen, daß die Schwierigkeiten sehr groß seien, sind entschlossen, sich an sie
zu machen."


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[0134] dieser Bevölkerungsschicht kümmert sich entweder sehr wenig Orl den Krieg, oder neigt heimlich zum Süden, oder haßt wenigstens die „Niggers", die er im Hintergrund dieses Streites wie alles andern Zankes im Lande stehen sieht, und ist entschlossen, sich nur durch Zwang zum Soldaten machen zu lassen. So kommt es, daß bis vor Kurzem der gesammte Norden nicht halb so viele Kämpfer ins Feld gestellt hatte, als der einzige Staat Neuyork nach seinen Censustabellen liefern kann, und daß die Cvnföderirtcn Staaten, ob¬ wohl ihre Bevölkemng sich zu der des in Betracht kommenden Theils des Nordens wie i zu 3 verhält, bisher mehr Soldaten auf den Beinen hatten, als dieser. Indeß hat diese dem Kriege abgeneigte Klasse in den Gemeinden sehr wenig Gewicht und Einfluß und ist eigentlich nur an der Wahlurne von Bedeutung, wo man sie zusammentreibt, um das „Tickel" zu stützen, welches die Führer ihrer Partei aufgesetzt haben. So lange die Führer beider Par¬ teien (Demokraten und Republikaner) für den Krieg sind und der unkriege¬ rische Theil der niedern Klasse Beschäftigung und Lohn findet, wird der letz- tere nicht daran denken laut zu murren. Wollten die Parteihäuprer der De¬ mokraten oder die der Republikaner eine Friedenspartei bilden, so würden sie, wenn ihre Organisation nur einigen Halt gewonnen hätte, aus diesen Kreisen sicher reichlichen Zulauf haben. Aber von einer solchen Absicht zeigt sich auch nicht die geringste Spur. „Nicht einer von den eingebornen Amerikanern von Bermögen oder In¬ telligenz, mit denen ich sprach" — so schreibt der vorhin citirte Korrespondent des „Economist" — „schreckte vor der Aussicht aus einen langwierigen Bürger¬ krieg zurück, ausgenommen die wenigen, deren gesellschaftliche oder geschäft¬ liche Verbindungen ausschließlich südliche find. Unter den fremden Kaufleuten von Neuyork verhält sichs anders, aber deren Einfluß ist unendlich gering.' hinsichtlich seiner Einwirkung auf die Politik der Nation im Großen und Ganzen nur ein Tropfen im Ocean. Chefs von Bankhäusern, Großhändler, Grundbesitzer, Sachwalter und Angehörige anderer gelehrter Berufszweige, Schriftsteller, Zcitungsredacteure und Geistliche. Republikaner. Demokraten und Abolitionisten. Alle, soweit ich Kenntniß zu nehmen im Stande war, sind in einem Punkt einig, daß. was auch die Opfer der gegenwärtigen Generation sein würden, die Union erhalten bleiben müsse. Sagt ihnen, daß dies den Nationalbankerott zur Folge haben werde, daß Gras auf dem Broadway wachsen, daß Heer auf Heer durch Hunger und Seuchen wo nicht durch das Schwert vernichtet werden möge, bevor sieben Millionen Menschen so tapfer als sie selbst von einer Race besiegt werden würden, die sie verabscheuen, dennoch werdet ihr ihnen kein Zugeständniß abgewinnen. Selbst die, welche Zugehen, daß die Schwierigkeiten sehr groß seien, sind entschlossen, sich an sie zu machen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/134>, abgerufen am 23.07.2024.