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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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biets der Sklavenhalter in ihre Gewalt bringen konnten, und der deshalb
wenig Macht hat. selbst wenn er den guten Willen besäße, oder von den
Pflanzern selbst, die entschieden die Macht dazu haben und vielleicht bald be¬
greifen, daß darin allein ihr Heil und ihre Rettung liegt, ist schwer zu sagen.

Wir lesen in einer Korrespondenz des "Economist", daß ein virginischer
Pflanzer bereits allen seinen Negern Freischeine und zugleich einen Contract
zugestellt, in dem ihnen ein mäßiger Lohn zugesagt war, falls sie bei ihm
blieben, und daß nicht einer ihn verlassen habe. Die Schwarzen thun ihre
Arbeit nach wie vor, und statt daß die Plantage gleich den meisten benach¬
barten dem Ruin entgegengeht, befindet sich der Besitzer derselben kaum viel
übler als vor dem Kriege.

Der Schreiber jenes Briefes, ni beiden Lagern zu Hause, hörte vom Sü¬
den sowohl wie vom Norden den festen Entschluß aussprechen, eher werde
man sich zur Emancipation der Sklaven entschließen, als zur Nachgiebigkeit,
aber er hegt starke Zweifel, ob der Norden dies vermögen werde. "Der Sü¬
den", so fährt er fort. ..könnte durch das scheinbar ungeheure pecuniäre Opfer
von der Maßregel abgeschreckt werden. Aber man muß sich erinnern, daß
diese Art Eigenthum bereits auf ein Drittel ihres frühern Werthes reducirt
ist. Ohne freie Baumwollenaussuhr ist der Werth der Sklavenarbeit vergleichs¬
weise unbedeutend, und das Opfer würde zwar groß, aber lange nicht so un¬
ermeßlich sein, als man vermuthen mag. Leute, welche ihre Baumwollen¬
ernte verbrennen, um zu verhüten, daß sie den Gegnern in die Hände falle,
könnten auf Grund des weit stärken, Motivs persönlicher Sicherheit für sich
und ihre Familien und im Hinblick darauf, daß die Maßregel unbedingt
nothwendig sein wird zur Erhaltung ihrer Unabhängigkeit, sich recht wohl
entschließen, ihren Sklaven die Freiheit zu geben. Was den Gegenstand des
Streites betrifft, über den soviel gesagt worden ist, so glaube ich ihn mit
ein paar kurzen Worten definiren zu können. Die eine Seite kämpft für na¬
tionale Unabhängigkeit, die andere für Aufrechthaltung der Verfassung und
Regierung." --

"Sympathien zu verlangen aus Grund der Behauptung, daß der Krieg
gegen die Sklaverei geführt werde, ist einfach Heuchelei, so lange die Central-
regierung und die große Mehrheit derer, die sie stützen, sich an die alte Ver¬
fassung halten, welche für die Sklaverei genau so starke Bürgschaften ent¬
hält, als die neueste Konstitution der Conföderirten, während die Aussichten
auf Entkommen der Neger unter der letztern viel größer sein würden, da die
erstere die Auslieferung der Flüchtlinge befiehlt, unter jener aber der Sklave,
der die Grenze hinter sich hätte, sofort ein freier Mann sein würde. Nein
-- dieser Krieg ist nicht im Interesse der Schwarzen des Südens, sondern
in dem der Weißen im Norden unternommen, deren Nationalstolz ihnen nicht


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biets der Sklavenhalter in ihre Gewalt bringen konnten, und der deshalb
wenig Macht hat. selbst wenn er den guten Willen besäße, oder von den
Pflanzern selbst, die entschieden die Macht dazu haben und vielleicht bald be¬
greifen, daß darin allein ihr Heil und ihre Rettung liegt, ist schwer zu sagen.

Wir lesen in einer Korrespondenz des „Economist", daß ein virginischer
Pflanzer bereits allen seinen Negern Freischeine und zugleich einen Contract
zugestellt, in dem ihnen ein mäßiger Lohn zugesagt war, falls sie bei ihm
blieben, und daß nicht einer ihn verlassen habe. Die Schwarzen thun ihre
Arbeit nach wie vor, und statt daß die Plantage gleich den meisten benach¬
barten dem Ruin entgegengeht, befindet sich der Besitzer derselben kaum viel
übler als vor dem Kriege.

Der Schreiber jenes Briefes, ni beiden Lagern zu Hause, hörte vom Sü¬
den sowohl wie vom Norden den festen Entschluß aussprechen, eher werde
man sich zur Emancipation der Sklaven entschließen, als zur Nachgiebigkeit,
aber er hegt starke Zweifel, ob der Norden dies vermögen werde. „Der Sü¬
den", so fährt er fort. ..könnte durch das scheinbar ungeheure pecuniäre Opfer
von der Maßregel abgeschreckt werden. Aber man muß sich erinnern, daß
diese Art Eigenthum bereits auf ein Drittel ihres frühern Werthes reducirt
ist. Ohne freie Baumwollenaussuhr ist der Werth der Sklavenarbeit vergleichs¬
weise unbedeutend, und das Opfer würde zwar groß, aber lange nicht so un¬
ermeßlich sein, als man vermuthen mag. Leute, welche ihre Baumwollen¬
ernte verbrennen, um zu verhüten, daß sie den Gegnern in die Hände falle,
könnten auf Grund des weit stärken, Motivs persönlicher Sicherheit für sich
und ihre Familien und im Hinblick darauf, daß die Maßregel unbedingt
nothwendig sein wird zur Erhaltung ihrer Unabhängigkeit, sich recht wohl
entschließen, ihren Sklaven die Freiheit zu geben. Was den Gegenstand des
Streites betrifft, über den soviel gesagt worden ist, so glaube ich ihn mit
ein paar kurzen Worten definiren zu können. Die eine Seite kämpft für na¬
tionale Unabhängigkeit, die andere für Aufrechthaltung der Verfassung und
Regierung." —

„Sympathien zu verlangen aus Grund der Behauptung, daß der Krieg
gegen die Sklaverei geführt werde, ist einfach Heuchelei, so lange die Central-
regierung und die große Mehrheit derer, die sie stützen, sich an die alte Ver¬
fassung halten, welche für die Sklaverei genau so starke Bürgschaften ent¬
hält, als die neueste Konstitution der Conföderirten, während die Aussichten
auf Entkommen der Neger unter der letztern viel größer sein würden, da die
erstere die Auslieferung der Flüchtlinge befiehlt, unter jener aber der Sklave,
der die Grenze hinter sich hätte, sofort ein freier Mann sein würde. Nein
— dieser Krieg ist nicht im Interesse der Schwarzen des Südens, sondern
in dem der Weißen im Norden unternommen, deren Nationalstolz ihnen nicht


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[0131] biets der Sklavenhalter in ihre Gewalt bringen konnten, und der deshalb wenig Macht hat. selbst wenn er den guten Willen besäße, oder von den Pflanzern selbst, die entschieden die Macht dazu haben und vielleicht bald be¬ greifen, daß darin allein ihr Heil und ihre Rettung liegt, ist schwer zu sagen. Wir lesen in einer Korrespondenz des „Economist", daß ein virginischer Pflanzer bereits allen seinen Negern Freischeine und zugleich einen Contract zugestellt, in dem ihnen ein mäßiger Lohn zugesagt war, falls sie bei ihm blieben, und daß nicht einer ihn verlassen habe. Die Schwarzen thun ihre Arbeit nach wie vor, und statt daß die Plantage gleich den meisten benach¬ barten dem Ruin entgegengeht, befindet sich der Besitzer derselben kaum viel übler als vor dem Kriege. Der Schreiber jenes Briefes, ni beiden Lagern zu Hause, hörte vom Sü¬ den sowohl wie vom Norden den festen Entschluß aussprechen, eher werde man sich zur Emancipation der Sklaven entschließen, als zur Nachgiebigkeit, aber er hegt starke Zweifel, ob der Norden dies vermögen werde. „Der Sü¬ den", so fährt er fort. ..könnte durch das scheinbar ungeheure pecuniäre Opfer von der Maßregel abgeschreckt werden. Aber man muß sich erinnern, daß diese Art Eigenthum bereits auf ein Drittel ihres frühern Werthes reducirt ist. Ohne freie Baumwollenaussuhr ist der Werth der Sklavenarbeit vergleichs¬ weise unbedeutend, und das Opfer würde zwar groß, aber lange nicht so un¬ ermeßlich sein, als man vermuthen mag. Leute, welche ihre Baumwollen¬ ernte verbrennen, um zu verhüten, daß sie den Gegnern in die Hände falle, könnten auf Grund des weit stärken, Motivs persönlicher Sicherheit für sich und ihre Familien und im Hinblick darauf, daß die Maßregel unbedingt nothwendig sein wird zur Erhaltung ihrer Unabhängigkeit, sich recht wohl entschließen, ihren Sklaven die Freiheit zu geben. Was den Gegenstand des Streites betrifft, über den soviel gesagt worden ist, so glaube ich ihn mit ein paar kurzen Worten definiren zu können. Die eine Seite kämpft für na¬ tionale Unabhängigkeit, die andere für Aufrechthaltung der Verfassung und Regierung." — „Sympathien zu verlangen aus Grund der Behauptung, daß der Krieg gegen die Sklaverei geführt werde, ist einfach Heuchelei, so lange die Central- regierung und die große Mehrheit derer, die sie stützen, sich an die alte Ver¬ fassung halten, welche für die Sklaverei genau so starke Bürgschaften ent¬ hält, als die neueste Konstitution der Conföderirten, während die Aussichten auf Entkommen der Neger unter der letztern viel größer sein würden, da die erstere die Auslieferung der Flüchtlinge befiehlt, unter jener aber der Sklave, der die Grenze hinter sich hätte, sofort ein freier Mann sein würde. Nein — dieser Krieg ist nicht im Interesse der Schwarzen des Südens, sondern in dem der Weißen im Norden unternommen, deren Nationalstolz ihnen nicht 16*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/131>, abgerufen am 28.12.2024.