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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Drittes Vorurtheil: Daß eiserne Dampfschiffe weniger sicher gegen die
Gefahren der See sind.

Dieses entsteht aus dem Vorurtheil, daß es gegen die Natur des Eisens
sei. zu schwimmen, und es ist allerdings richtig, daß, wenn die Theile eines
eisernen Schiffes durch die Macht der See, aufgebrochen sind und dasselbe in
Trümmer geschlagen wird, die Stücke des hölzernen Schiffes schwimmen,
während die des eisernen sinken.

Für diesen Unterschied gibt es jedoch einen ausgleichenden Unterschied in
Bezug aus die Sicherheit, der den ersten bei weitem überwiegt. Dieser Vor¬
theil des eisernen Schiffes liegt in dem System vielfacher Unterabtheilungen in ab¬
gesonderte, wasserdichte Kammern. Rüssel theilte dri "Great Easiern" in elf
solche Kammern der Quere nach und in zweimal so viele seiner Länge nach
ein. In eine jede dieser wasserdichten Abtheilungen könnte ein großes Loch
gemacht werden, ohne deshalb die Sicherheit des übrigen Schiffes zu gefähr¬
den. In irgend eine dieser Abtheilungen könnte der Vorsteven eines anderen
Schiffes eindringen, ohne das Uebrige des Schiffes zu beschädigen, und könnte
sich ein halbes Dutzend derselbe" mit Wasser anfüllen, ohne daß ein einziger
Passagier eine Beschwerde dadurch verspürte. In einer dieser Abtheilungen
fand eine Explosion statt, ohne die Sicherheit des Schiffes anzugreifen; nicht
einmal die Maschine des Schiffes wurde aufgehalten.

Es genügt aber, daß diese Art- der Construction eine Eigenthümlichkeit
der eisernen Schiffe ist, welche bei hölzernen nicht angewendet werden
könnte. Dieselben haben aber noch wichtigere Vorzüge:

1) Vergleichungsweise Sicherheit eiserner und hölzerner Schiffe im Falle
eines Feuers an Bord.

Wenn man die ungeheure Menge von glühendem Brennmaterial in Be¬
tracht zieht, welche fortwährend in den Kesseln eines Dampfschiffes lodert, und
bedenkt, daß sich thatsächlich viele Tonnen glühender Feuerung wenige Zolle
von der hölzernen Verkleidung eines aus Holz erbarmn Dampfschiffes be¬
finden, so ist es zu verwundern, daß nicht mehr Unfälle als bisher vorge¬
kommen sind. Es scheint deshalb kein weiterer Beweisgrund nöthig, um die
größere Sicherheit eines eisernen Schiffes gegen Feuersgefahr darzuthun, und
wirklich wären sie durchaus feuerfest, wenn man nicht immer noch einiges Holz
bei ihrer Construction verwendete und ein großer Theil der Materialien oder
Waaren, welche sie zufälligerweise an Bord führen, brennbar wäre. Das
schönste Beispiel in Bezug auf die Sicherheit eines Schiffes ist das eiserne
Transport-Dampfschiff "Sarah Sands", welches in See Feuer sing, während
es einen vollständigen Transport Truppen nach Indien verschiffte. Auf
ein Drittel der Länge des Schiffes brannte dessen ganzer Inhalt aus. die
Pulverkammer flog in die Luft, und doch wurde das Schiff gerettet; es ging


Drittes Vorurtheil: Daß eiserne Dampfschiffe weniger sicher gegen die
Gefahren der See sind.

Dieses entsteht aus dem Vorurtheil, daß es gegen die Natur des Eisens
sei. zu schwimmen, und es ist allerdings richtig, daß, wenn die Theile eines
eisernen Schiffes durch die Macht der See, aufgebrochen sind und dasselbe in
Trümmer geschlagen wird, die Stücke des hölzernen Schiffes schwimmen,
während die des eisernen sinken.

Für diesen Unterschied gibt es jedoch einen ausgleichenden Unterschied in
Bezug aus die Sicherheit, der den ersten bei weitem überwiegt. Dieser Vor¬
theil des eisernen Schiffes liegt in dem System vielfacher Unterabtheilungen in ab¬
gesonderte, wasserdichte Kammern. Rüssel theilte dri „Great Easiern" in elf
solche Kammern der Quere nach und in zweimal so viele seiner Länge nach
ein. In eine jede dieser wasserdichten Abtheilungen könnte ein großes Loch
gemacht werden, ohne deshalb die Sicherheit des übrigen Schiffes zu gefähr¬
den. In irgend eine dieser Abtheilungen könnte der Vorsteven eines anderen
Schiffes eindringen, ohne das Uebrige des Schiffes zu beschädigen, und könnte
sich ein halbes Dutzend derselbe» mit Wasser anfüllen, ohne daß ein einziger
Passagier eine Beschwerde dadurch verspürte. In einer dieser Abtheilungen
fand eine Explosion statt, ohne die Sicherheit des Schiffes anzugreifen; nicht
einmal die Maschine des Schiffes wurde aufgehalten.

Es genügt aber, daß diese Art- der Construction eine Eigenthümlichkeit
der eisernen Schiffe ist, welche bei hölzernen nicht angewendet werden
könnte. Dieselben haben aber noch wichtigere Vorzüge:

1) Vergleichungsweise Sicherheit eiserner und hölzerner Schiffe im Falle
eines Feuers an Bord.

Wenn man die ungeheure Menge von glühendem Brennmaterial in Be¬
tracht zieht, welche fortwährend in den Kesseln eines Dampfschiffes lodert, und
bedenkt, daß sich thatsächlich viele Tonnen glühender Feuerung wenige Zolle
von der hölzernen Verkleidung eines aus Holz erbarmn Dampfschiffes be¬
finden, so ist es zu verwundern, daß nicht mehr Unfälle als bisher vorge¬
kommen sind. Es scheint deshalb kein weiterer Beweisgrund nöthig, um die
größere Sicherheit eines eisernen Schiffes gegen Feuersgefahr darzuthun, und
wirklich wären sie durchaus feuerfest, wenn man nicht immer noch einiges Holz
bei ihrer Construction verwendete und ein großer Theil der Materialien oder
Waaren, welche sie zufälligerweise an Bord führen, brennbar wäre. Das
schönste Beispiel in Bezug auf die Sicherheit eines Schiffes ist das eiserne
Transport-Dampfschiff „Sarah Sands", welches in See Feuer sing, während
es einen vollständigen Transport Truppen nach Indien verschiffte. Auf
ein Drittel der Länge des Schiffes brannte dessen ganzer Inhalt aus. die
Pulverkammer flog in die Luft, und doch wurde das Schiff gerettet; es ging


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[0441] Drittes Vorurtheil: Daß eiserne Dampfschiffe weniger sicher gegen die Gefahren der See sind. Dieses entsteht aus dem Vorurtheil, daß es gegen die Natur des Eisens sei. zu schwimmen, und es ist allerdings richtig, daß, wenn die Theile eines eisernen Schiffes durch die Macht der See, aufgebrochen sind und dasselbe in Trümmer geschlagen wird, die Stücke des hölzernen Schiffes schwimmen, während die des eisernen sinken. Für diesen Unterschied gibt es jedoch einen ausgleichenden Unterschied in Bezug aus die Sicherheit, der den ersten bei weitem überwiegt. Dieser Vor¬ theil des eisernen Schiffes liegt in dem System vielfacher Unterabtheilungen in ab¬ gesonderte, wasserdichte Kammern. Rüssel theilte dri „Great Easiern" in elf solche Kammern der Quere nach und in zweimal so viele seiner Länge nach ein. In eine jede dieser wasserdichten Abtheilungen könnte ein großes Loch gemacht werden, ohne deshalb die Sicherheit des übrigen Schiffes zu gefähr¬ den. In irgend eine dieser Abtheilungen könnte der Vorsteven eines anderen Schiffes eindringen, ohne das Uebrige des Schiffes zu beschädigen, und könnte sich ein halbes Dutzend derselbe» mit Wasser anfüllen, ohne daß ein einziger Passagier eine Beschwerde dadurch verspürte. In einer dieser Abtheilungen fand eine Explosion statt, ohne die Sicherheit des Schiffes anzugreifen; nicht einmal die Maschine des Schiffes wurde aufgehalten. Es genügt aber, daß diese Art- der Construction eine Eigenthümlichkeit der eisernen Schiffe ist, welche bei hölzernen nicht angewendet werden könnte. Dieselben haben aber noch wichtigere Vorzüge: 1) Vergleichungsweise Sicherheit eiserner und hölzerner Schiffe im Falle eines Feuers an Bord. Wenn man die ungeheure Menge von glühendem Brennmaterial in Be¬ tracht zieht, welche fortwährend in den Kesseln eines Dampfschiffes lodert, und bedenkt, daß sich thatsächlich viele Tonnen glühender Feuerung wenige Zolle von der hölzernen Verkleidung eines aus Holz erbarmn Dampfschiffes be¬ finden, so ist es zu verwundern, daß nicht mehr Unfälle als bisher vorge¬ kommen sind. Es scheint deshalb kein weiterer Beweisgrund nöthig, um die größere Sicherheit eines eisernen Schiffes gegen Feuersgefahr darzuthun, und wirklich wären sie durchaus feuerfest, wenn man nicht immer noch einiges Holz bei ihrer Construction verwendete und ein großer Theil der Materialien oder Waaren, welche sie zufälligerweise an Bord führen, brennbar wäre. Das schönste Beispiel in Bezug auf die Sicherheit eines Schiffes ist das eiserne Transport-Dampfschiff „Sarah Sands", welches in See Feuer sing, während es einen vollständigen Transport Truppen nach Indien verschiffte. Auf ein Drittel der Länge des Schiffes brannte dessen ganzer Inhalt aus. die Pulverkammer flog in die Luft, und doch wurde das Schiff gerettet; es ging

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/441>, abgerufen am 23.07.2024.