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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Die Versammlung ging zur Tagesordnung über. Bei der hierauf folgenden
Münzfragc schloß man sich dem Heidelberger Handelstage an. welcher d.e
Mark von 10 Silbergroschen V- östreichischen Gulden 35 Kreuzer rhei¬
nisch als einheitliche Silbermünze empfohlen hat. und erklärte es außerdem
für wünschenswert!). keine Goldkronen mehr zu prägen, sondern an deren
Stelle ein Goldstück, welches dem Zwanzigfrankenstücke gleich sei. Warum
nicht ein Bremer aufstand, um den Sovereign zu empfehlen, ist uns unbe¬
kannt. Auch das Bankwesen wurde besprochen und der preußische Entwurf
einer Uebereinkunst wegen der Geldsurrogate (mit Ausschluß des Staatspapier,
gelbes) den Anforderungen an eine richtige Gestaltung des deutschen Zettel-
dantwesens acht entsprechend gesunden. -- eine Ansicht, welcher wir voll¬
ständig beitreten. -- Am vierten Tage (aus den dritten kommen wir sogleich
zurück) wurde das Versicherungswesen vorgenommen und erklärt, daß das
Concessionswesen schädlich und eine gesetzliche Regelung nothwendig sei.
Der Antrag, daß bei der Londoner Industrie-Ausstellung die deutsche Aus-
stellung. Mindestens die aus dem Zollverein, als em zusammengehöriges Ganze
aufgestellt werden möge, wurde mit Weglassung der eventuellen Beschränkung
auf den Zollverein, zum Beschlusse erhoben, obgleich der würtenbergische Com-
missär bei den früheren Weltausstellungen sich dagegen erklärt und behauptet
halte, die Aussteller würden weit besser fahren, wenn jedes Land einen ve-
sondern Eommissar und einen besondern Platz habe. Zum Schlüsse wurde
noch das Monopol der Eisenbahnen besprochen, und man einigte sich in der
Ansicht, daß die Concurrenz von Eisenbahnunternehmungen zwischen zwei
Punkten nicht ausgeschlossen, auch nicht erschwert, vielmehr erleichtert werden
sollte. Uebelblickt man die hier nur summarisch aufgezählten Gegenstände, so
wird niemand verkennen, daß in der kurzen Zeit eine Reihe wichtiger Fragen
öffentlich besprochen und über ihre Behandlung und Lösung richtige An¬
sichten geäußert und von der Mehrheit getheilt worden sind. Für manche
dieser Fragen lagen gediegene Ausarbeitungen vor, und nach den Zeitungs.
berichten, unter denen die Referate des Schwäbischen Merkur die Anerken-
nung der Versammlung selbst gesunden haben, waren die Debatten nicht allein
trefflich geleitet, sondern auch durchschnittlich mit Sachkenntniß und ohne Ab¬
schweifungen gejührt. Allein bei mehreren der obenerwähnten Gegenstände,
K"e bei dem Eisenbahmnonopol, der Londoner Industrie-Ausstellung, dem
Atünz- und Bankwesen, finden wir den einen Punkt nicht berührt, daß sie nur
auf dem Wege des Uebereinkommens oder der Verträge unter mehreren oder
allen deutschen Regierungen geordnet und weiter geführt werden können.
Wohin wir aus diesem Wege bis jetzt gelangt sind, geht aus den Verhand-
lungen selbst zur Genüge hervor. Es fehlt den gemeinsamen wirtschaftlichen
Interessen in Deutschland eine obere, durch eine Nationalvertretung contro-


Grenzboten IV. 1861. 9

Die Versammlung ging zur Tagesordnung über. Bei der hierauf folgenden
Münzfragc schloß man sich dem Heidelberger Handelstage an. welcher d.e
Mark von 10 Silbergroschen V- östreichischen Gulden 35 Kreuzer rhei¬
nisch als einheitliche Silbermünze empfohlen hat. und erklärte es außerdem
für wünschenswert!). keine Goldkronen mehr zu prägen, sondern an deren
Stelle ein Goldstück, welches dem Zwanzigfrankenstücke gleich sei. Warum
nicht ein Bremer aufstand, um den Sovereign zu empfehlen, ist uns unbe¬
kannt. Auch das Bankwesen wurde besprochen und der preußische Entwurf
einer Uebereinkunst wegen der Geldsurrogate (mit Ausschluß des Staatspapier,
gelbes) den Anforderungen an eine richtige Gestaltung des deutschen Zettel-
dantwesens acht entsprechend gesunden. — eine Ansicht, welcher wir voll¬
ständig beitreten. — Am vierten Tage (aus den dritten kommen wir sogleich
zurück) wurde das Versicherungswesen vorgenommen und erklärt, daß das
Concessionswesen schädlich und eine gesetzliche Regelung nothwendig sei.
Der Antrag, daß bei der Londoner Industrie-Ausstellung die deutsche Aus-
stellung. Mindestens die aus dem Zollverein, als em zusammengehöriges Ganze
aufgestellt werden möge, wurde mit Weglassung der eventuellen Beschränkung
auf den Zollverein, zum Beschlusse erhoben, obgleich der würtenbergische Com-
missär bei den früheren Weltausstellungen sich dagegen erklärt und behauptet
halte, die Aussteller würden weit besser fahren, wenn jedes Land einen ve-
sondern Eommissar und einen besondern Platz habe. Zum Schlüsse wurde
noch das Monopol der Eisenbahnen besprochen, und man einigte sich in der
Ansicht, daß die Concurrenz von Eisenbahnunternehmungen zwischen zwei
Punkten nicht ausgeschlossen, auch nicht erschwert, vielmehr erleichtert werden
sollte. Uebelblickt man die hier nur summarisch aufgezählten Gegenstände, so
wird niemand verkennen, daß in der kurzen Zeit eine Reihe wichtiger Fragen
öffentlich besprochen und über ihre Behandlung und Lösung richtige An¬
sichten geäußert und von der Mehrheit getheilt worden sind. Für manche
dieser Fragen lagen gediegene Ausarbeitungen vor, und nach den Zeitungs.
berichten, unter denen die Referate des Schwäbischen Merkur die Anerken-
nung der Versammlung selbst gesunden haben, waren die Debatten nicht allein
trefflich geleitet, sondern auch durchschnittlich mit Sachkenntniß und ohne Ab¬
schweifungen gejührt. Allein bei mehreren der obenerwähnten Gegenstände,
K"e bei dem Eisenbahmnonopol, der Londoner Industrie-Ausstellung, dem
Atünz- und Bankwesen, finden wir den einen Punkt nicht berührt, daß sie nur
auf dem Wege des Uebereinkommens oder der Verträge unter mehreren oder
allen deutschen Regierungen geordnet und weiter geführt werden können.
Wohin wir aus diesem Wege bis jetzt gelangt sind, geht aus den Verhand-
lungen selbst zur Genüge hervor. Es fehlt den gemeinsamen wirtschaftlichen
Interessen in Deutschland eine obere, durch eine Nationalvertretung contro-


Grenzboten IV. 1861. 9
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/19>, abgerufen am 27.12.2024.