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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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und muß." Wir gestehen offen, daß es uns nicht gelungen ist. aus dieser Be¬
rechnung ein praktisches Resultat zu gewinnen, und daß unsere Schwäche eine
Erläuterung durch Zahlen schmerzlich vermißte.

Da, wo der Verfasser von den hergebrachten Lehrsätzen abweicht, um
bessere an deren Stelle zu setzen, erfreut uns ein consequentes, energisches
Verfahren, eine Kühnheit, der wir übrigens nicht durchgängig folgen können.
Die Quellen des Staatseinkommcns theilt er in organische, welche in der
wirthschafMchen Leistungsfähigkeit der Staatsangehörigen liegen, -- Erhebung
von Gebühren und Steuern; und mechanische, aus Vermögen und Vorrechten,
-- Domänen und Fiscalvorrechte. Die Aufzählung besonderer Einnahmequellen
als Regalien verwirft der Verfasser gänzlich, weil eigentlich alle Zorge des
Staatseinkommens auf dem Hoheitsrechte oder auf der Finanzgewalt beruhen.
Er verweist die bisherigen Regalien theils unter Gebühren, theils unter Fis¬
calvorrechte. Wir können in dieser Neuerung die Vortheile nicht finden, mit
welchen der Verfasser sich viel zu gut thut; vielmehr scheint sie uns den Nach¬
theil zu haben, daß dadurch die Gebühren wie d>e Fiscalvorrechte einen Zu¬
wachs an unpassenden Elementen erhalten, woraus sich dann wieder bedenk¬
liche Folgerungen ergeben. Die Gebühren z. B. werden richtig als solche
Staatseinkünfte bezeichnet, welche nur in besonderen Fällen einer directen Be¬
rührung mit gewissen Staatseinrichtungen von den Staatsangehörigen erho¬
ben werden. Diese Beiträge sollen so gehalten werden, daß sie nicht den
ganzen Aufwand für die betreffende Staatseinrichtung decken, sondern einen
kleineren oder größern Theil als allgemeine Staatslast, entsprechend dem all¬
gemeinen Staatszweck der Einrichtung, übrig lassen. Dies paßt auf die eigent¬
lichen Gebühren für Geschäfte der Justiz, der Verwaltung und Benutzung
der Bildungsanstalten wie der Land- und Wasserstraßen, auf Stempel. Spor-
teln, Schulgeld, Land- und Wasser-Weggelder.

Da jedoch der Verfasser die Regalien beseitigt hat, so nimmt er die Münze
und die Post unter die Gebühren auf und fügt noch die Eisenbahnen und
Telegraphen hinzu. Man kann doch kaum behaupten, daß die Münze und
die Post Einrichtungen seien, mit denen der Einzelne nur in besonderen Fällen
in Berührung komme, .und daß Eisenbahnen und Telegraphen nicht so viel
aufbringen dürfen, als sie kosten. Folgerichtig erklärt sich der Verfasser für
ausschließlichen Bau und Betrieb der Eisenbahnen und Telegraphen durch den
Staat. Das sind doch bedenkliche Consequenzen einer theoretischen Liebhaberei.
Sollten die Regalien durchaus verschwinden, dann erscheinen eben die genann¬
ten Einrichtungen als Staatsgewerbe, die immerhin aus Gründen der Zweck¬
mäßigkeit Monopole sein und mit Zubuße arbeiten mögen, die aber auch, aus
wirthschaftlichen Gründen, die Mitbewerbung der Privatthätigkeit zulassen,
nach Umständen auch ganz oder theilweise an sie übergehen können. Es ist


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und muß." Wir gestehen offen, daß es uns nicht gelungen ist. aus dieser Be¬
rechnung ein praktisches Resultat zu gewinnen, und daß unsere Schwäche eine
Erläuterung durch Zahlen schmerzlich vermißte.

Da, wo der Verfasser von den hergebrachten Lehrsätzen abweicht, um
bessere an deren Stelle zu setzen, erfreut uns ein consequentes, energisches
Verfahren, eine Kühnheit, der wir übrigens nicht durchgängig folgen können.
Die Quellen des Staatseinkommcns theilt er in organische, welche in der
wirthschafMchen Leistungsfähigkeit der Staatsangehörigen liegen, — Erhebung
von Gebühren und Steuern; und mechanische, aus Vermögen und Vorrechten,
— Domänen und Fiscalvorrechte. Die Aufzählung besonderer Einnahmequellen
als Regalien verwirft der Verfasser gänzlich, weil eigentlich alle Zorge des
Staatseinkommens auf dem Hoheitsrechte oder auf der Finanzgewalt beruhen.
Er verweist die bisherigen Regalien theils unter Gebühren, theils unter Fis¬
calvorrechte. Wir können in dieser Neuerung die Vortheile nicht finden, mit
welchen der Verfasser sich viel zu gut thut; vielmehr scheint sie uns den Nach¬
theil zu haben, daß dadurch die Gebühren wie d>e Fiscalvorrechte einen Zu¬
wachs an unpassenden Elementen erhalten, woraus sich dann wieder bedenk¬
liche Folgerungen ergeben. Die Gebühren z. B. werden richtig als solche
Staatseinkünfte bezeichnet, welche nur in besonderen Fällen einer directen Be¬
rührung mit gewissen Staatseinrichtungen von den Staatsangehörigen erho¬
ben werden. Diese Beiträge sollen so gehalten werden, daß sie nicht den
ganzen Aufwand für die betreffende Staatseinrichtung decken, sondern einen
kleineren oder größern Theil als allgemeine Staatslast, entsprechend dem all¬
gemeinen Staatszweck der Einrichtung, übrig lassen. Dies paßt auf die eigent¬
lichen Gebühren für Geschäfte der Justiz, der Verwaltung und Benutzung
der Bildungsanstalten wie der Land- und Wasserstraßen, auf Stempel. Spor-
teln, Schulgeld, Land- und Wasser-Weggelder.

Da jedoch der Verfasser die Regalien beseitigt hat, so nimmt er die Münze
und die Post unter die Gebühren auf und fügt noch die Eisenbahnen und
Telegraphen hinzu. Man kann doch kaum behaupten, daß die Münze und
die Post Einrichtungen seien, mit denen der Einzelne nur in besonderen Fällen
in Berührung komme, .und daß Eisenbahnen und Telegraphen nicht so viel
aufbringen dürfen, als sie kosten. Folgerichtig erklärt sich der Verfasser für
ausschließlichen Bau und Betrieb der Eisenbahnen und Telegraphen durch den
Staat. Das sind doch bedenkliche Consequenzen einer theoretischen Liebhaberei.
Sollten die Regalien durchaus verschwinden, dann erscheinen eben die genann¬
ten Einrichtungen als Staatsgewerbe, die immerhin aus Gründen der Zweck¬
mäßigkeit Monopole sein und mit Zubuße arbeiten mögen, die aber auch, aus
wirthschaftlichen Gründen, die Mitbewerbung der Privatthätigkeit zulassen,
nach Umständen auch ganz oder theilweise an sie übergehen können. Es ist


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[0173] und muß." Wir gestehen offen, daß es uns nicht gelungen ist. aus dieser Be¬ rechnung ein praktisches Resultat zu gewinnen, und daß unsere Schwäche eine Erläuterung durch Zahlen schmerzlich vermißte. Da, wo der Verfasser von den hergebrachten Lehrsätzen abweicht, um bessere an deren Stelle zu setzen, erfreut uns ein consequentes, energisches Verfahren, eine Kühnheit, der wir übrigens nicht durchgängig folgen können. Die Quellen des Staatseinkommcns theilt er in organische, welche in der wirthschafMchen Leistungsfähigkeit der Staatsangehörigen liegen, — Erhebung von Gebühren und Steuern; und mechanische, aus Vermögen und Vorrechten, — Domänen und Fiscalvorrechte. Die Aufzählung besonderer Einnahmequellen als Regalien verwirft der Verfasser gänzlich, weil eigentlich alle Zorge des Staatseinkommens auf dem Hoheitsrechte oder auf der Finanzgewalt beruhen. Er verweist die bisherigen Regalien theils unter Gebühren, theils unter Fis¬ calvorrechte. Wir können in dieser Neuerung die Vortheile nicht finden, mit welchen der Verfasser sich viel zu gut thut; vielmehr scheint sie uns den Nach¬ theil zu haben, daß dadurch die Gebühren wie d>e Fiscalvorrechte einen Zu¬ wachs an unpassenden Elementen erhalten, woraus sich dann wieder bedenk¬ liche Folgerungen ergeben. Die Gebühren z. B. werden richtig als solche Staatseinkünfte bezeichnet, welche nur in besonderen Fällen einer directen Be¬ rührung mit gewissen Staatseinrichtungen von den Staatsangehörigen erho¬ ben werden. Diese Beiträge sollen so gehalten werden, daß sie nicht den ganzen Aufwand für die betreffende Staatseinrichtung decken, sondern einen kleineren oder größern Theil als allgemeine Staatslast, entsprechend dem all¬ gemeinen Staatszweck der Einrichtung, übrig lassen. Dies paßt auf die eigent¬ lichen Gebühren für Geschäfte der Justiz, der Verwaltung und Benutzung der Bildungsanstalten wie der Land- und Wasserstraßen, auf Stempel. Spor- teln, Schulgeld, Land- und Wasser-Weggelder. Da jedoch der Verfasser die Regalien beseitigt hat, so nimmt er die Münze und die Post unter die Gebühren auf und fügt noch die Eisenbahnen und Telegraphen hinzu. Man kann doch kaum behaupten, daß die Münze und die Post Einrichtungen seien, mit denen der Einzelne nur in besonderen Fällen in Berührung komme, .und daß Eisenbahnen und Telegraphen nicht so viel aufbringen dürfen, als sie kosten. Folgerichtig erklärt sich der Verfasser für ausschließlichen Bau und Betrieb der Eisenbahnen und Telegraphen durch den Staat. Das sind doch bedenkliche Consequenzen einer theoretischen Liebhaberei. Sollten die Regalien durchaus verschwinden, dann erscheinen eben die genann¬ ten Einrichtungen als Staatsgewerbe, die immerhin aus Gründen der Zweck¬ mäßigkeit Monopole sein und mit Zubuße arbeiten mögen, die aber auch, aus wirthschaftlichen Gründen, die Mitbewerbung der Privatthätigkeit zulassen, nach Umständen auch ganz oder theilweise an sie übergehen können. Es ist 21*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/173>, abgerufen am 23.07.2024.