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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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der Presse. Sofort nach der ersten Wicderanregung der Sache, wie gesagt,
faßte die bremische Bürgerschaft einstimmig den Beschluß, staatsseitig für
die bessere Vertheidigung der Küsten und des Seehandels mit anderen deut¬
schen Regierungen zusammenzuwirken, und dem Principe dieses Beschlusses
trat der Senat unverweilt bei. Das Publicum machte zwar keine geräusch¬
vollen Znstimmungsdemonstrationen; dergleichen liegt den hiesigen Sitten und
Gewohnheiten sern; aber daß die Bevölkerung in allen Klassen völlig einver¬
standen mit den Erklärungen ihrer gesetzlichen Vertreter gewesen sei, daran
zu zweifeln ist hier schwerlich Jemandem in den Sinn gekommen. Die Presse
endlich war einstimmig in ihren patriotischen Kundgebungen, und während
des ganzen Sommers ist sicher in Bremen kein Wort über die Marineange¬
legenheit gedruckt worden, welches gegen eine staatsseitige Förderung derselben
gerichtet gewesen wäre. Es scheint aber, daß man im inneren Deutschland
von uns lautere und umständlichere Betheuerungen unserer Opferwilligkeit er¬
wartet hat, und es mag sein, daß wir in diesem Stücke durch Unterlassung
gesündigt haben. Wir haben uus eingebildet, daß Worte überflüssig seien,
wo Alle, man darf wohl sagen ausnahmslos, die That für gesichert an-
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Vielleicht sind wir aber, nachdem wir den ersten Beschluß gefaßt hatten,
mit der Ausführung zu säumig gewesen. Die Monate Juli, August und Sep¬
tember sind verflossen, und noch ist nicht definitiv entschieden, was wir thun
und wie wir es thun wollen. Ich räume ein, daß eine raschere Erledigung
der Angelegenheit möglich gewesen wäre. Aber die Schuld der Verzögerung
ist weder uns allein zur Last zu legen, noch ist sie. bei Lichte betrachtet, so
unverzeihlich, wie sie dargestellt worden ist. Zunächst ist zu bemerken, daß
Verhandlungen mit der preußischen Regierung einem endgiltigen Beschlusse
Bremens voranzugehen hatten. Die preußische Regierung hatte die Führung
dieser Verhandlungen ihrem Gesandten bei den Hansestädten übertragen, zu¬
gleich aber sich damit einverstanden erklärt, daß dieselben nicht während der
Sommermonate zu eröffnen seien. Der Gesandte selbst mußte in Marienbad,
wenn wir nicht irren, eine Cur gebrauchen; die bremische Bürgerschaft war
in alle Himmelsrichtungen zerstreut; das Berliner Cabinet befand sich in Bil¬
dern oder auf Gütern ; das auswärtige Ministerium war thatsächlich ohne
Chef. Man scheint nicht angenommen zu haben, daß die Sache Nachtheil
leiden werde, wenn man sie bis September vertage; von preußischer Seite
wenigstens hat man. des Erfolges in der Hauptsache sicher, gegen den kurzen
Aufschub der Detailfragen kein Bedenken geäußert.

Ohnehin sind die drei Sommermonate nicht ungenutzt verstrichen. Unser
Ankläger behauptet freilich, wir hätten während dieser Zeit uns bemüht, den
Kopf aus der Schlinge zu ziehen und unter allerlei süchtigen Vorwänden


der Presse. Sofort nach der ersten Wicderanregung der Sache, wie gesagt,
faßte die bremische Bürgerschaft einstimmig den Beschluß, staatsseitig für
die bessere Vertheidigung der Küsten und des Seehandels mit anderen deut¬
schen Regierungen zusammenzuwirken, und dem Principe dieses Beschlusses
trat der Senat unverweilt bei. Das Publicum machte zwar keine geräusch¬
vollen Znstimmungsdemonstrationen; dergleichen liegt den hiesigen Sitten und
Gewohnheiten sern; aber daß die Bevölkerung in allen Klassen völlig einver¬
standen mit den Erklärungen ihrer gesetzlichen Vertreter gewesen sei, daran
zu zweifeln ist hier schwerlich Jemandem in den Sinn gekommen. Die Presse
endlich war einstimmig in ihren patriotischen Kundgebungen, und während
des ganzen Sommers ist sicher in Bremen kein Wort über die Marineange¬
legenheit gedruckt worden, welches gegen eine staatsseitige Förderung derselben
gerichtet gewesen wäre. Es scheint aber, daß man im inneren Deutschland
von uns lautere und umständlichere Betheuerungen unserer Opferwilligkeit er¬
wartet hat, und es mag sein, daß wir in diesem Stücke durch Unterlassung
gesündigt haben. Wir haben uus eingebildet, daß Worte überflüssig seien,
wo Alle, man darf wohl sagen ausnahmslos, die That für gesichert an-
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Vielleicht sind wir aber, nachdem wir den ersten Beschluß gefaßt hatten,
mit der Ausführung zu säumig gewesen. Die Monate Juli, August und Sep¬
tember sind verflossen, und noch ist nicht definitiv entschieden, was wir thun
und wie wir es thun wollen. Ich räume ein, daß eine raschere Erledigung
der Angelegenheit möglich gewesen wäre. Aber die Schuld der Verzögerung
ist weder uns allein zur Last zu legen, noch ist sie. bei Lichte betrachtet, so
unverzeihlich, wie sie dargestellt worden ist. Zunächst ist zu bemerken, daß
Verhandlungen mit der preußischen Regierung einem endgiltigen Beschlusse
Bremens voranzugehen hatten. Die preußische Regierung hatte die Führung
dieser Verhandlungen ihrem Gesandten bei den Hansestädten übertragen, zu¬
gleich aber sich damit einverstanden erklärt, daß dieselben nicht während der
Sommermonate zu eröffnen seien. Der Gesandte selbst mußte in Marienbad,
wenn wir nicht irren, eine Cur gebrauchen; die bremische Bürgerschaft war
in alle Himmelsrichtungen zerstreut; das Berliner Cabinet befand sich in Bil¬
dern oder auf Gütern ; das auswärtige Ministerium war thatsächlich ohne
Chef. Man scheint nicht angenommen zu haben, daß die Sache Nachtheil
leiden werde, wenn man sie bis September vertage; von preußischer Seite
wenigstens hat man. des Erfolges in der Hauptsache sicher, gegen den kurzen
Aufschub der Detailfragen kein Bedenken geäußert.

Ohnehin sind die drei Sommermonate nicht ungenutzt verstrichen. Unser
Ankläger behauptet freilich, wir hätten während dieser Zeit uns bemüht, den
Kopf aus der Schlinge zu ziehen und unter allerlei süchtigen Vorwänden


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[0103] der Presse. Sofort nach der ersten Wicderanregung der Sache, wie gesagt, faßte die bremische Bürgerschaft einstimmig den Beschluß, staatsseitig für die bessere Vertheidigung der Küsten und des Seehandels mit anderen deut¬ schen Regierungen zusammenzuwirken, und dem Principe dieses Beschlusses trat der Senat unverweilt bei. Das Publicum machte zwar keine geräusch¬ vollen Znstimmungsdemonstrationen; dergleichen liegt den hiesigen Sitten und Gewohnheiten sern; aber daß die Bevölkerung in allen Klassen völlig einver¬ standen mit den Erklärungen ihrer gesetzlichen Vertreter gewesen sei, daran zu zweifeln ist hier schwerlich Jemandem in den Sinn gekommen. Die Presse endlich war einstimmig in ihren patriotischen Kundgebungen, und während des ganzen Sommers ist sicher in Bremen kein Wort über die Marineange¬ legenheit gedruckt worden, welches gegen eine staatsseitige Förderung derselben gerichtet gewesen wäre. Es scheint aber, daß man im inneren Deutschland von uns lautere und umständlichere Betheuerungen unserer Opferwilligkeit er¬ wartet hat, und es mag sein, daß wir in diesem Stücke durch Unterlassung gesündigt haben. Wir haben uus eingebildet, daß Worte überflüssig seien, wo Alle, man darf wohl sagen ausnahmslos, die That für gesichert an- >AK?»!,Ä ,-»j,'ne??>„i '-'»17' ,-i't,i4 nun 1- 6t .Un.'iIN'iMlN ?.f',7,l; N7V1 nq« Vielleicht sind wir aber, nachdem wir den ersten Beschluß gefaßt hatten, mit der Ausführung zu säumig gewesen. Die Monate Juli, August und Sep¬ tember sind verflossen, und noch ist nicht definitiv entschieden, was wir thun und wie wir es thun wollen. Ich räume ein, daß eine raschere Erledigung der Angelegenheit möglich gewesen wäre. Aber die Schuld der Verzögerung ist weder uns allein zur Last zu legen, noch ist sie. bei Lichte betrachtet, so unverzeihlich, wie sie dargestellt worden ist. Zunächst ist zu bemerken, daß Verhandlungen mit der preußischen Regierung einem endgiltigen Beschlusse Bremens voranzugehen hatten. Die preußische Regierung hatte die Führung dieser Verhandlungen ihrem Gesandten bei den Hansestädten übertragen, zu¬ gleich aber sich damit einverstanden erklärt, daß dieselben nicht während der Sommermonate zu eröffnen seien. Der Gesandte selbst mußte in Marienbad, wenn wir nicht irren, eine Cur gebrauchen; die bremische Bürgerschaft war in alle Himmelsrichtungen zerstreut; das Berliner Cabinet befand sich in Bil¬ dern oder auf Gütern ; das auswärtige Ministerium war thatsächlich ohne Chef. Man scheint nicht angenommen zu haben, daß die Sache Nachtheil leiden werde, wenn man sie bis September vertage; von preußischer Seite wenigstens hat man. des Erfolges in der Hauptsache sicher, gegen den kurzen Aufschub der Detailfragen kein Bedenken geäußert. Ohnehin sind die drei Sommermonate nicht ungenutzt verstrichen. Unser Ankläger behauptet freilich, wir hätten während dieser Zeit uns bemüht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und unter allerlei süchtigen Vorwänden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/103>, abgerufen am 23.07.2024.