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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Sachlage erläutern, als eine detaillirte Auseinandersetzung des ganzen
Systemes.

Bei der Landarmee sind es hauptsächlich fünf Verwaltungszweige, welche
sich den traurigen Ruhm streitig machen, wer alljährlich dem Staate die
größere Summe zu entziehen im Stande ist. nämlich: die Militärverpflegs-
branche, die Monturscommissionen, die Fortisicationsbranche, die Zeugartillcrie
und die Militärgrenzverwaltung. Einige andere Branchen reihen sich in
würdiger Folge an und stehen nur darum in zweiter Linie, weil ihnen der
ausgedehnte Wirkungskreis der erstgenannten fehlt.

An der Spitze, sowol hinsichtlich der Größe der bereits vorgekommenen
Skandale als auch der Empfindlichkeit der durch sie herbeigeführten Nachtheile,
steht die Verpflegungsbranche, welche die Armee im Frieden und im Kriege
mit Lebensmitteln, Fourage, Heizung, Bettzeug und überhaupt allen Bedürf¬
nissen, außer Kleidung und Wohnung, zu versehen hat.

Etwas Schmutz ist bei diesem Zweige selbst in der bestgeordneten Verwal¬
tung kaum zu entfernen, was aber hier geschehen ist und noch geschieht, über¬
steigt jedes billige Maß.

Im Frieden bestehen zwei verschiedene Arten der Truppcnverpflegung:
die eigene Regie und das Pacht- und Liefercmtcnwesen, von denen das letztere
gewöhnlich in kleineren und nicht beständigen Garnisonen, zuweilen auch in
größeren Städten neben dem ersteren Systeme angewendet wird.

Ein sogenannter Subarrendator (in Galizien und Ungarn ist derselbe
fast ausnahmslos ein Jude) übernimmt gegen einen auf dem Licitationswege
festgesetzten Minimalbetrag die Verpflichtung, die Truppen eines gewissen Be¬
zirkes vollständig oder theilweise mit Lebensmitteln. Fourage u. tgi. zu ver¬
sehen. Er steht nur hinsichtlich der richtigen Zahl der zu liefernden Portio¬
nen oder Stücke unter einiger Controle und kann fast ungehindert Alles an¬
wenden, um sich auf Kosten der Qualität, des Maßes und Gewichtes zu
bereichern. Eine über einen Abgang in letzterer Beziehung von den Soldaten
etwa vorgebrachte Klage hat, wenn auch noch so begründet, selten Aussicht
aus Erfolg, vorausgesetzt, daß der Pächter sein Fach versteht und sich für alle
Fälle gesichert, d. h. mit den etwa zur Untersuchung beorderten Verpflegsbe-
amten schon vordem in ein gutes Einverständniß gesetzt hat.

Uebrigens scheint diese Methode der Verpflegung bei den Truppen be¬
liebter und immer noch die bessere zu sein, indem dabei nur ein einziges
Individuum, der Subarrendator, auf seinen Gewinn bedacht zu sein braucht
und wenigstens die Kosten, welche die Erhaltung eines oder mehrerer Ver-
pflegsbeamten erfordern würde, erspart werden.

Ganz anders steht die Sache, wenn die Verpflegung in eigener Regie
betrieben wird. Eine bedeutende Anzahl Beamte, von welchen die untern


Sachlage erläutern, als eine detaillirte Auseinandersetzung des ganzen
Systemes.

Bei der Landarmee sind es hauptsächlich fünf Verwaltungszweige, welche
sich den traurigen Ruhm streitig machen, wer alljährlich dem Staate die
größere Summe zu entziehen im Stande ist. nämlich: die Militärverpflegs-
branche, die Monturscommissionen, die Fortisicationsbranche, die Zeugartillcrie
und die Militärgrenzverwaltung. Einige andere Branchen reihen sich in
würdiger Folge an und stehen nur darum in zweiter Linie, weil ihnen der
ausgedehnte Wirkungskreis der erstgenannten fehlt.

An der Spitze, sowol hinsichtlich der Größe der bereits vorgekommenen
Skandale als auch der Empfindlichkeit der durch sie herbeigeführten Nachtheile,
steht die Verpflegungsbranche, welche die Armee im Frieden und im Kriege
mit Lebensmitteln, Fourage, Heizung, Bettzeug und überhaupt allen Bedürf¬
nissen, außer Kleidung und Wohnung, zu versehen hat.

Etwas Schmutz ist bei diesem Zweige selbst in der bestgeordneten Verwal¬
tung kaum zu entfernen, was aber hier geschehen ist und noch geschieht, über¬
steigt jedes billige Maß.

Im Frieden bestehen zwei verschiedene Arten der Truppcnverpflegung:
die eigene Regie und das Pacht- und Liefercmtcnwesen, von denen das letztere
gewöhnlich in kleineren und nicht beständigen Garnisonen, zuweilen auch in
größeren Städten neben dem ersteren Systeme angewendet wird.

Ein sogenannter Subarrendator (in Galizien und Ungarn ist derselbe
fast ausnahmslos ein Jude) übernimmt gegen einen auf dem Licitationswege
festgesetzten Minimalbetrag die Verpflichtung, die Truppen eines gewissen Be¬
zirkes vollständig oder theilweise mit Lebensmitteln. Fourage u. tgi. zu ver¬
sehen. Er steht nur hinsichtlich der richtigen Zahl der zu liefernden Portio¬
nen oder Stücke unter einiger Controle und kann fast ungehindert Alles an¬
wenden, um sich auf Kosten der Qualität, des Maßes und Gewichtes zu
bereichern. Eine über einen Abgang in letzterer Beziehung von den Soldaten
etwa vorgebrachte Klage hat, wenn auch noch so begründet, selten Aussicht
aus Erfolg, vorausgesetzt, daß der Pächter sein Fach versteht und sich für alle
Fälle gesichert, d. h. mit den etwa zur Untersuchung beorderten Verpflegsbe-
amten schon vordem in ein gutes Einverständniß gesetzt hat.

Uebrigens scheint diese Methode der Verpflegung bei den Truppen be¬
liebter und immer noch die bessere zu sein, indem dabei nur ein einziges
Individuum, der Subarrendator, auf seinen Gewinn bedacht zu sein braucht
und wenigstens die Kosten, welche die Erhaltung eines oder mehrerer Ver-
pflegsbeamten erfordern würde, erspart werden.

Ganz anders steht die Sache, wenn die Verpflegung in eigener Regie
betrieben wird. Eine bedeutende Anzahl Beamte, von welchen die untern


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[0412] Sachlage erläutern, als eine detaillirte Auseinandersetzung des ganzen Systemes. Bei der Landarmee sind es hauptsächlich fünf Verwaltungszweige, welche sich den traurigen Ruhm streitig machen, wer alljährlich dem Staate die größere Summe zu entziehen im Stande ist. nämlich: die Militärverpflegs- branche, die Monturscommissionen, die Fortisicationsbranche, die Zeugartillcrie und die Militärgrenzverwaltung. Einige andere Branchen reihen sich in würdiger Folge an und stehen nur darum in zweiter Linie, weil ihnen der ausgedehnte Wirkungskreis der erstgenannten fehlt. An der Spitze, sowol hinsichtlich der Größe der bereits vorgekommenen Skandale als auch der Empfindlichkeit der durch sie herbeigeführten Nachtheile, steht die Verpflegungsbranche, welche die Armee im Frieden und im Kriege mit Lebensmitteln, Fourage, Heizung, Bettzeug und überhaupt allen Bedürf¬ nissen, außer Kleidung und Wohnung, zu versehen hat. Etwas Schmutz ist bei diesem Zweige selbst in der bestgeordneten Verwal¬ tung kaum zu entfernen, was aber hier geschehen ist und noch geschieht, über¬ steigt jedes billige Maß. Im Frieden bestehen zwei verschiedene Arten der Truppcnverpflegung: die eigene Regie und das Pacht- und Liefercmtcnwesen, von denen das letztere gewöhnlich in kleineren und nicht beständigen Garnisonen, zuweilen auch in größeren Städten neben dem ersteren Systeme angewendet wird. Ein sogenannter Subarrendator (in Galizien und Ungarn ist derselbe fast ausnahmslos ein Jude) übernimmt gegen einen auf dem Licitationswege festgesetzten Minimalbetrag die Verpflichtung, die Truppen eines gewissen Be¬ zirkes vollständig oder theilweise mit Lebensmitteln. Fourage u. tgi. zu ver¬ sehen. Er steht nur hinsichtlich der richtigen Zahl der zu liefernden Portio¬ nen oder Stücke unter einiger Controle und kann fast ungehindert Alles an¬ wenden, um sich auf Kosten der Qualität, des Maßes und Gewichtes zu bereichern. Eine über einen Abgang in letzterer Beziehung von den Soldaten etwa vorgebrachte Klage hat, wenn auch noch so begründet, selten Aussicht aus Erfolg, vorausgesetzt, daß der Pächter sein Fach versteht und sich für alle Fälle gesichert, d. h. mit den etwa zur Untersuchung beorderten Verpflegsbe- amten schon vordem in ein gutes Einverständniß gesetzt hat. Uebrigens scheint diese Methode der Verpflegung bei den Truppen be¬ liebter und immer noch die bessere zu sein, indem dabei nur ein einziges Individuum, der Subarrendator, auf seinen Gewinn bedacht zu sein braucht und wenigstens die Kosten, welche die Erhaltung eines oder mehrerer Ver- pflegsbeamten erfordern würde, erspart werden. Ganz anders steht die Sache, wenn die Verpflegung in eigener Regie betrieben wird. Eine bedeutende Anzahl Beamte, von welchen die untern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/412>, abgerufen am 28.09.2024.