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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Die Bundesstreitmacht hier ist, wie es uns scheint, sehr groß. Dem An¬
sehen nach ist sie fähig zu allen Kriegsoperationen. Und doch erscheinen
ohne Zweifel die consöderirten Armeen in Virginien dem Volke dieses Staates
übervollkommen im Stande, alle die "nördlichen Eindringlinge" zurückzuwerfen,
die aufgeboten werden mögen. Prüfen wir daher einmal leidenschaftlos die
Hilfsqullen der Parteien in diesem Kampfe.

Für den Augenblick ist die südliche Armee ziemlich gut gekleidet und er¬
nährt; aber die Leute tragen ihre alten Kleider und Schuhe und werden er"
nährt durch erschöpfende Lieferungen aus der umliegenden Gegend, indem sie
das Vieh und das Korn, die Schweine und das Geflügel im Großen aufessen.
Das kann nicht dauern, die alten Kleider werden verschleißen und der Süden hat
keine Schuhmacher. Wir hören im Norden oft von Soldaten, die für einige
Tage ohne Schuhe oder doch ohne ordentliche Schuhe gehen. Wie muß das
im Süden sein, wo wenig Leder ist und keine Arbeiter, es zu Schuhen
zu verarbeiten? Unsre Soldaten beklagen sich über ungeeignete und un-
zureichende Nahrung, obgleich die Kornhäuser von Illinois und das Schweine¬
fleisch von Ohio und Jndiana hinter uns sind. Wie muß die Lage im Sü¬
den sein, wo Fleisch und Getreide für die arbeitende Bevölkerung immer ge¬
kauft worden ist? Unser wundürztliches Departement soll mangelhaft sein und
unsern Medicamentcnvorräthen einiges Nothwendige fehlen. Wie ist dies im
Süden, der seine Arzneistoffe., mit Ausnahme von "Wurzeln und Kräutern"
allein im Norden kaufen kann? Unsre Truppen beklagen sich, sie seien nicht
gut bewaffnet; und doch haben wir die beste Gewehrfabrik der Welt (die von
Springfield in Massachusetts), welche jede Woche Waffen für ein Regiment
liefert. Wir haben in der That alles mechanische Genie sowol, wie alle zur
Construction von Percussionswaffcn geeignete Maschinerie, die auf dem Kon¬
tinent existirt; und außerdem ist uns der Markt der alten Welt offen. Die
Rebellen haben von regelmäßigen Waffen nur, was sie gestohlen haben und
eine Musterkarte von Pistolen, Jagdflinten und Bowiemessern, die ihnen nicht viel
nützen kann. Fiord, der große Gewehnäuber, bettelt schon, daß seine Nach"
vam ihm Gewehre geben. Der Mann, der unsre Arsenale um Zehntausende
von neuen Musketen beraubte, bittet um Jagdflinten, um seinen Wohnplat)
zu vertheidigen.

Jemehr mau die Situation der feindlichen Landestheile studirt, desto
sicherer erscheint es, daß der rebellische Theil der schwächere ist und an die
Wand gedrängt werden wird, und daß. während die Militärmacht des Nordens
jede Woche größer werden wird, von diesem Augenblick, bis der Krieg endet,
der Süden jetzt eine größere Macht entwickelt, als er über einen Monat oder
selbst über vierzehn Tage im Stande sein wird. Wenn sich dies aber so ver¬
hält, so gewinnt der Norden durch Warten, und Verzug ist Tod für den Su-


Die Bundesstreitmacht hier ist, wie es uns scheint, sehr groß. Dem An¬
sehen nach ist sie fähig zu allen Kriegsoperationen. Und doch erscheinen
ohne Zweifel die consöderirten Armeen in Virginien dem Volke dieses Staates
übervollkommen im Stande, alle die „nördlichen Eindringlinge" zurückzuwerfen,
die aufgeboten werden mögen. Prüfen wir daher einmal leidenschaftlos die
Hilfsqullen der Parteien in diesem Kampfe.

Für den Augenblick ist die südliche Armee ziemlich gut gekleidet und er¬
nährt; aber die Leute tragen ihre alten Kleider und Schuhe und werden er«
nährt durch erschöpfende Lieferungen aus der umliegenden Gegend, indem sie
das Vieh und das Korn, die Schweine und das Geflügel im Großen aufessen.
Das kann nicht dauern, die alten Kleider werden verschleißen und der Süden hat
keine Schuhmacher. Wir hören im Norden oft von Soldaten, die für einige
Tage ohne Schuhe oder doch ohne ordentliche Schuhe gehen. Wie muß das
im Süden sein, wo wenig Leder ist und keine Arbeiter, es zu Schuhen
zu verarbeiten? Unsre Soldaten beklagen sich über ungeeignete und un-
zureichende Nahrung, obgleich die Kornhäuser von Illinois und das Schweine¬
fleisch von Ohio und Jndiana hinter uns sind. Wie muß die Lage im Sü¬
den sein, wo Fleisch und Getreide für die arbeitende Bevölkerung immer ge¬
kauft worden ist? Unser wundürztliches Departement soll mangelhaft sein und
unsern Medicamentcnvorräthen einiges Nothwendige fehlen. Wie ist dies im
Süden, der seine Arzneistoffe., mit Ausnahme von „Wurzeln und Kräutern"
allein im Norden kaufen kann? Unsre Truppen beklagen sich, sie seien nicht
gut bewaffnet; und doch haben wir die beste Gewehrfabrik der Welt (die von
Springfield in Massachusetts), welche jede Woche Waffen für ein Regiment
liefert. Wir haben in der That alles mechanische Genie sowol, wie alle zur
Construction von Percussionswaffcn geeignete Maschinerie, die auf dem Kon¬
tinent existirt; und außerdem ist uns der Markt der alten Welt offen. Die
Rebellen haben von regelmäßigen Waffen nur, was sie gestohlen haben und
eine Musterkarte von Pistolen, Jagdflinten und Bowiemessern, die ihnen nicht viel
nützen kann. Fiord, der große Gewehnäuber, bettelt schon, daß seine Nach"
vam ihm Gewehre geben. Der Mann, der unsre Arsenale um Zehntausende
von neuen Musketen beraubte, bittet um Jagdflinten, um seinen Wohnplat)
zu vertheidigen.

Jemehr mau die Situation der feindlichen Landestheile studirt, desto
sicherer erscheint es, daß der rebellische Theil der schwächere ist und an die
Wand gedrängt werden wird, und daß. während die Militärmacht des Nordens
jede Woche größer werden wird, von diesem Augenblick, bis der Krieg endet,
der Süden jetzt eine größere Macht entwickelt, als er über einen Monat oder
selbst über vierzehn Tage im Stande sein wird. Wenn sich dies aber so ver¬
hält, so gewinnt der Norden durch Warten, und Verzug ist Tod für den Su-


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[0282] Die Bundesstreitmacht hier ist, wie es uns scheint, sehr groß. Dem An¬ sehen nach ist sie fähig zu allen Kriegsoperationen. Und doch erscheinen ohne Zweifel die consöderirten Armeen in Virginien dem Volke dieses Staates übervollkommen im Stande, alle die „nördlichen Eindringlinge" zurückzuwerfen, die aufgeboten werden mögen. Prüfen wir daher einmal leidenschaftlos die Hilfsqullen der Parteien in diesem Kampfe. Für den Augenblick ist die südliche Armee ziemlich gut gekleidet und er¬ nährt; aber die Leute tragen ihre alten Kleider und Schuhe und werden er« nährt durch erschöpfende Lieferungen aus der umliegenden Gegend, indem sie das Vieh und das Korn, die Schweine und das Geflügel im Großen aufessen. Das kann nicht dauern, die alten Kleider werden verschleißen und der Süden hat keine Schuhmacher. Wir hören im Norden oft von Soldaten, die für einige Tage ohne Schuhe oder doch ohne ordentliche Schuhe gehen. Wie muß das im Süden sein, wo wenig Leder ist und keine Arbeiter, es zu Schuhen zu verarbeiten? Unsre Soldaten beklagen sich über ungeeignete und un- zureichende Nahrung, obgleich die Kornhäuser von Illinois und das Schweine¬ fleisch von Ohio und Jndiana hinter uns sind. Wie muß die Lage im Sü¬ den sein, wo Fleisch und Getreide für die arbeitende Bevölkerung immer ge¬ kauft worden ist? Unser wundürztliches Departement soll mangelhaft sein und unsern Medicamentcnvorräthen einiges Nothwendige fehlen. Wie ist dies im Süden, der seine Arzneistoffe., mit Ausnahme von „Wurzeln und Kräutern" allein im Norden kaufen kann? Unsre Truppen beklagen sich, sie seien nicht gut bewaffnet; und doch haben wir die beste Gewehrfabrik der Welt (die von Springfield in Massachusetts), welche jede Woche Waffen für ein Regiment liefert. Wir haben in der That alles mechanische Genie sowol, wie alle zur Construction von Percussionswaffcn geeignete Maschinerie, die auf dem Kon¬ tinent existirt; und außerdem ist uns der Markt der alten Welt offen. Die Rebellen haben von regelmäßigen Waffen nur, was sie gestohlen haben und eine Musterkarte von Pistolen, Jagdflinten und Bowiemessern, die ihnen nicht viel nützen kann. Fiord, der große Gewehnäuber, bettelt schon, daß seine Nach" vam ihm Gewehre geben. Der Mann, der unsre Arsenale um Zehntausende von neuen Musketen beraubte, bittet um Jagdflinten, um seinen Wohnplat) zu vertheidigen. Jemehr mau die Situation der feindlichen Landestheile studirt, desto sicherer erscheint es, daß der rebellische Theil der schwächere ist und an die Wand gedrängt werden wird, und daß. während die Militärmacht des Nordens jede Woche größer werden wird, von diesem Augenblick, bis der Krieg endet, der Süden jetzt eine größere Macht entwickelt, als er über einen Monat oder selbst über vierzehn Tage im Stande sein wird. Wenn sich dies aber so ver¬ hält, so gewinnt der Norden durch Warten, und Verzug ist Tod für den Su-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/282>, abgerufen am 22.07.2024.