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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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des Ersten construirt sei. Die Feindseligkeit der Bundesmehrheit gegen eine
deutsche Flotte entspricht diesem Charakter des Bundes. Durch eine starke
deutsche Flotte würde die Nation nach Außen als Einheit erscheinen und den
übrigen Nation." ebenbürtig zur Seite treten. Die Größe und Macht Deutsch¬
lands steht aber in einem feindlichen Gegensatze gegen die Größe und Macht
der napoleonischen Particularsouverünetät; je größer und kräftiger die Nation,
desto kleiner und schwächer muß die Souveränetät der Einzelstaaten werden.
Um diese Souveränetät ungeschwächt zu erhalten, soll Deutschland in Schwäche
erhalten werden.

Von diesen Gesichtspunkten aus, welche freilich nicht ausdrücklich in der
Bundesacte verzeichnet sind, die aber aus dem Inhalt und der Handhabung der¬
selben folgen, -- ist beinahe jeder Gegenstand, an den sich nationale Interessen
anknüpfen, für die Mehrheit der Bundesversammlung feindlicher Natur. Bon
diesen Gesichtspunkten aus wird man das Verfahren des Bundes in Betreff
einer deutschen Flotte wie in Betreff Dänemarks begreiflich finden. Es ist
nicht völlig unmöglich, daß die in der Bundesversammlung herrschende Coalition
Oestreichs, der Mittelstaaten und der ausländischen Staaten noch einmal, wie
!848, die Hand zur Schöpfung einer deutschen Flotte bietet, aber es ist gewiß,
daß sie diese Flotte, sobald es ohne Gefahr geschehen kann, sofort wieder
verauctioniren lassen wird.

Eine deutsche Flotte kann nur durch und unter einer einheitlichen und
nationalen Leitung zu Stande kommen, und trotz jener beispiellosen Versteige¬
rung sind die nationalen Hoffnungen auch in Betreff einer deutschen Kriegs¬
marine ihrer Erfüllung um Vieles näher gerückt. In der preußischen Flotte
stellt sich schon gegenwärtig der Anfang einer deutschen Flotte dar. Dieselbe
lchützt zunächst nur die Ostsee, aber die Vertheidigung der Nordsee ist nicht
nur die Aufgabe Preußens, es ist auch die Ausgabe der Nation: Preußen in
den Stand zu setzen, daß es die Nordsee schützen könne.

Und hier kann, da der deutsche Bund die Wehrlosigkeit der Nordseeküsten
sowol der Gründung eines nationalen Vertheidigungsmittels, als auch der
Ausdehnung des preußischen Einflusses an den Gestaden der Nordsee vorzieht.
^ Privatthätigkeit der Einzelnen von Bedeutung werden.

Schon fängt das deutsche Volk heute auf's Neue an sich für die maritime
Vertheidigung des Vaterlandes lebhaft zu interessiren. schon beginnt es sich
"uff Neue freiwillig für diesen Zweck zu besteuern und zeigt zugleich darin
^nen wesentlichen Fortschritt, daß es sich an die nackte Realität der
gegenwärtigen Verhältnisse hält.

Es ist freilich unverkennbar, daß eine große Kriegsflotte nicht aus Pri-
lttmitteln hergestellt werden kann. Denn die Gelder, welche dazu erfordert
^den, sind so groß, daß sie von denjenigen, welche die Einsicht mit dem


des Ersten construirt sei. Die Feindseligkeit der Bundesmehrheit gegen eine
deutsche Flotte entspricht diesem Charakter des Bundes. Durch eine starke
deutsche Flotte würde die Nation nach Außen als Einheit erscheinen und den
übrigen Nation.» ebenbürtig zur Seite treten. Die Größe und Macht Deutsch¬
lands steht aber in einem feindlichen Gegensatze gegen die Größe und Macht
der napoleonischen Particularsouverünetät; je größer und kräftiger die Nation,
desto kleiner und schwächer muß die Souveränetät der Einzelstaaten werden.
Um diese Souveränetät ungeschwächt zu erhalten, soll Deutschland in Schwäche
erhalten werden.

Von diesen Gesichtspunkten aus, welche freilich nicht ausdrücklich in der
Bundesacte verzeichnet sind, die aber aus dem Inhalt und der Handhabung der¬
selben folgen, — ist beinahe jeder Gegenstand, an den sich nationale Interessen
anknüpfen, für die Mehrheit der Bundesversammlung feindlicher Natur. Bon
diesen Gesichtspunkten aus wird man das Verfahren des Bundes in Betreff
einer deutschen Flotte wie in Betreff Dänemarks begreiflich finden. Es ist
nicht völlig unmöglich, daß die in der Bundesversammlung herrschende Coalition
Oestreichs, der Mittelstaaten und der ausländischen Staaten noch einmal, wie
!848, die Hand zur Schöpfung einer deutschen Flotte bietet, aber es ist gewiß,
daß sie diese Flotte, sobald es ohne Gefahr geschehen kann, sofort wieder
verauctioniren lassen wird.

Eine deutsche Flotte kann nur durch und unter einer einheitlichen und
nationalen Leitung zu Stande kommen, und trotz jener beispiellosen Versteige¬
rung sind die nationalen Hoffnungen auch in Betreff einer deutschen Kriegs¬
marine ihrer Erfüllung um Vieles näher gerückt. In der preußischen Flotte
stellt sich schon gegenwärtig der Anfang einer deutschen Flotte dar. Dieselbe
lchützt zunächst nur die Ostsee, aber die Vertheidigung der Nordsee ist nicht
nur die Aufgabe Preußens, es ist auch die Ausgabe der Nation: Preußen in
den Stand zu setzen, daß es die Nordsee schützen könne.

Und hier kann, da der deutsche Bund die Wehrlosigkeit der Nordseeküsten
sowol der Gründung eines nationalen Vertheidigungsmittels, als auch der
Ausdehnung des preußischen Einflusses an den Gestaden der Nordsee vorzieht.
^ Privatthätigkeit der Einzelnen von Bedeutung werden.

Schon fängt das deutsche Volk heute auf's Neue an sich für die maritime
Vertheidigung des Vaterlandes lebhaft zu interessiren. schon beginnt es sich
"uff Neue freiwillig für diesen Zweck zu besteuern und zeigt zugleich darin
^nen wesentlichen Fortschritt, daß es sich an die nackte Realität der
gegenwärtigen Verhältnisse hält.

Es ist freilich unverkennbar, daß eine große Kriegsflotte nicht aus Pri-
lttmitteln hergestellt werden kann. Denn die Gelder, welche dazu erfordert
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/215>, abgerufen am 29.06.2024.