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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Patriotismus verbinden, und welche immer und überall nur eine Minderheit
bilden, nicht aufgebracht werden können, daß vielmehr zu ihrer Beschaffung
die Autorität des Staates nöthig ist, welcher Alle zwingen kann nach dem
Maaße ihres Vermögens beizutragen. Aber dennoch vermag, wie die Jahre
1848 und 1849 gezeigt haben, die aufopfernde Hingebung einer patriotischen
Bevölkerung Bedeutendes zu bewirken und. was hier besonders betont werden
soll, sie würde zugleich diejenigen Regierungen, welche eine Kriegsmarine für
überflüssig, ja verderblich halten, im Wege einer friedlichen, aber unwidersteh¬
lichen Agitation schließlich nöthigen, sich selbst an diesem Werke zu betheiligen.

Je feindseliger sich die Mehrheit der deutschen Regierungen d. h. der deutsche
Bund der maritimen Vertheidigung Deutschlands entgegengestellt, je abgeneigter
die Bundesversammlung einer Kriegsmarine ist, desto mehr Ursache hat die
Nation, zu zeigen, daß sie auch in dieser Beziehung das gegenwärtige Bundes¬
verhältniß als eine Fessel ihrer Größe und ihres Glückes erkennt, daß sie
nicht mit manchen Miltelstaaten die Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit Deutsch¬
lands will, und daß sie in der Herstellung einer Flotte das wesentliche Mittel
erkennt, um wieder den andern Nationen gleich zu stehen und auf die Welt-
geschicke einen bestimmenden Einfluß zu üben. Es kommt darauf an zu
zeigen, daß nur die Herrschaft gewisser Regierungen in Frankfurt und eine
Verfassung Deutschlands, welche diese Herrschaft nicht bloß zugelassen, son¬
dern gewollt hat, die Schuld davon trügt, daß die Nation zur See wehr¬
los ist.

Es ist ein Recht der Nation, daß die gegenwärtige Anarchie, die Quelle
der Ohnmacht und Wehrlosigkeit Deutschlands aufhöre und daß Deutschland
als eine Einheit zur Geltung komme. Als ein Zeichen dieser Einheit hat
die Nation im Jahre 1848 die Schöpfung einer deutschen Kriegsflotte be¬
grüßt. Die Einzelnen werden zu zeigen haben, daß die Nation diese Hoff"
mung und den Glauben an sich selbst noch nicht aufgegeben hat.

Zugleich knüpft sich hieran noch ein specielles Interesse. Die Herzog-
thümer Schleswig-Holstein sind in ihrem Kampfe gegen Dänemark von
Deutschland nicht bloß aufgegeben, sie sind, nachdem Preußen zu Olmütz neu-
tralisirt war, von Deutschland unter Drohungen entwaffnet und dann an
Dünemark ausgeliefert worden. Zur selben Zeit als Hessen von den Strafbaiern
wurde Holstein von den Oestreichern occupirt, zur selben Zeit als die deutsch"-'
Flotte öffentlich versteigert wurde, überließ der Bundestag zwei deutsche
Provinzen dem Feinde. Die Nation hat diesen Acten-mit Trauer zu¬
gesehen, sie hat dieselben aber gelitten.

Es handelt sich darum, daß die Herzogthümer Schleswig-Holstein von
der dänischen Gewaltherrschaft befreit und wieder mit Deutschland auch that¬
sächlich vereinigt werden. Die Natur der Sache, wie die Erfahrungen des


Patriotismus verbinden, und welche immer und überall nur eine Minderheit
bilden, nicht aufgebracht werden können, daß vielmehr zu ihrer Beschaffung
die Autorität des Staates nöthig ist, welcher Alle zwingen kann nach dem
Maaße ihres Vermögens beizutragen. Aber dennoch vermag, wie die Jahre
1848 und 1849 gezeigt haben, die aufopfernde Hingebung einer patriotischen
Bevölkerung Bedeutendes zu bewirken und. was hier besonders betont werden
soll, sie würde zugleich diejenigen Regierungen, welche eine Kriegsmarine für
überflüssig, ja verderblich halten, im Wege einer friedlichen, aber unwidersteh¬
lichen Agitation schließlich nöthigen, sich selbst an diesem Werke zu betheiligen.

Je feindseliger sich die Mehrheit der deutschen Regierungen d. h. der deutsche
Bund der maritimen Vertheidigung Deutschlands entgegengestellt, je abgeneigter
die Bundesversammlung einer Kriegsmarine ist, desto mehr Ursache hat die
Nation, zu zeigen, daß sie auch in dieser Beziehung das gegenwärtige Bundes¬
verhältniß als eine Fessel ihrer Größe und ihres Glückes erkennt, daß sie
nicht mit manchen Miltelstaaten die Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit Deutsch¬
lands will, und daß sie in der Herstellung einer Flotte das wesentliche Mittel
erkennt, um wieder den andern Nationen gleich zu stehen und auf die Welt-
geschicke einen bestimmenden Einfluß zu üben. Es kommt darauf an zu
zeigen, daß nur die Herrschaft gewisser Regierungen in Frankfurt und eine
Verfassung Deutschlands, welche diese Herrschaft nicht bloß zugelassen, son¬
dern gewollt hat, die Schuld davon trügt, daß die Nation zur See wehr¬
los ist.

Es ist ein Recht der Nation, daß die gegenwärtige Anarchie, die Quelle
der Ohnmacht und Wehrlosigkeit Deutschlands aufhöre und daß Deutschland
als eine Einheit zur Geltung komme. Als ein Zeichen dieser Einheit hat
die Nation im Jahre 1848 die Schöpfung einer deutschen Kriegsflotte be¬
grüßt. Die Einzelnen werden zu zeigen haben, daß die Nation diese Hoff"
mung und den Glauben an sich selbst noch nicht aufgegeben hat.

Zugleich knüpft sich hieran noch ein specielles Interesse. Die Herzog-
thümer Schleswig-Holstein sind in ihrem Kampfe gegen Dänemark von
Deutschland nicht bloß aufgegeben, sie sind, nachdem Preußen zu Olmütz neu-
tralisirt war, von Deutschland unter Drohungen entwaffnet und dann an
Dünemark ausgeliefert worden. Zur selben Zeit als Hessen von den Strafbaiern
wurde Holstein von den Oestreichern occupirt, zur selben Zeit als die deutsch«-'
Flotte öffentlich versteigert wurde, überließ der Bundestag zwei deutsche
Provinzen dem Feinde. Die Nation hat diesen Acten-mit Trauer zu¬
gesehen, sie hat dieselben aber gelitten.

Es handelt sich darum, daß die Herzogthümer Schleswig-Holstein von
der dänischen Gewaltherrschaft befreit und wieder mit Deutschland auch that¬
sächlich vereinigt werden. Die Natur der Sache, wie die Erfahrungen des


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[0216] Patriotismus verbinden, und welche immer und überall nur eine Minderheit bilden, nicht aufgebracht werden können, daß vielmehr zu ihrer Beschaffung die Autorität des Staates nöthig ist, welcher Alle zwingen kann nach dem Maaße ihres Vermögens beizutragen. Aber dennoch vermag, wie die Jahre 1848 und 1849 gezeigt haben, die aufopfernde Hingebung einer patriotischen Bevölkerung Bedeutendes zu bewirken und. was hier besonders betont werden soll, sie würde zugleich diejenigen Regierungen, welche eine Kriegsmarine für überflüssig, ja verderblich halten, im Wege einer friedlichen, aber unwidersteh¬ lichen Agitation schließlich nöthigen, sich selbst an diesem Werke zu betheiligen. Je feindseliger sich die Mehrheit der deutschen Regierungen d. h. der deutsche Bund der maritimen Vertheidigung Deutschlands entgegengestellt, je abgeneigter die Bundesversammlung einer Kriegsmarine ist, desto mehr Ursache hat die Nation, zu zeigen, daß sie auch in dieser Beziehung das gegenwärtige Bundes¬ verhältniß als eine Fessel ihrer Größe und ihres Glückes erkennt, daß sie nicht mit manchen Miltelstaaten die Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit Deutsch¬ lands will, und daß sie in der Herstellung einer Flotte das wesentliche Mittel erkennt, um wieder den andern Nationen gleich zu stehen und auf die Welt- geschicke einen bestimmenden Einfluß zu üben. Es kommt darauf an zu zeigen, daß nur die Herrschaft gewisser Regierungen in Frankfurt und eine Verfassung Deutschlands, welche diese Herrschaft nicht bloß zugelassen, son¬ dern gewollt hat, die Schuld davon trügt, daß die Nation zur See wehr¬ los ist. Es ist ein Recht der Nation, daß die gegenwärtige Anarchie, die Quelle der Ohnmacht und Wehrlosigkeit Deutschlands aufhöre und daß Deutschland als eine Einheit zur Geltung komme. Als ein Zeichen dieser Einheit hat die Nation im Jahre 1848 die Schöpfung einer deutschen Kriegsflotte be¬ grüßt. Die Einzelnen werden zu zeigen haben, daß die Nation diese Hoff" mung und den Glauben an sich selbst noch nicht aufgegeben hat. Zugleich knüpft sich hieran noch ein specielles Interesse. Die Herzog- thümer Schleswig-Holstein sind in ihrem Kampfe gegen Dänemark von Deutschland nicht bloß aufgegeben, sie sind, nachdem Preußen zu Olmütz neu- tralisirt war, von Deutschland unter Drohungen entwaffnet und dann an Dünemark ausgeliefert worden. Zur selben Zeit als Hessen von den Strafbaiern wurde Holstein von den Oestreichern occupirt, zur selben Zeit als die deutsch«-' Flotte öffentlich versteigert wurde, überließ der Bundestag zwei deutsche Provinzen dem Feinde. Die Nation hat diesen Acten-mit Trauer zu¬ gesehen, sie hat dieselben aber gelitten. Es handelt sich darum, daß die Herzogthümer Schleswig-Holstein von der dänischen Gewaltherrschaft befreit und wieder mit Deutschland auch that¬ sächlich vereinigt werden. Die Natur der Sache, wie die Erfahrungen des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/216>, abgerufen am 01.07.2024.