Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.schweig in Artikel 4 Ur. 13 und Art. K Ur. 12 der Bundesacte als stimm¬ Ist somit schon die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Herzogtums Was den Inhalt der hiernach dem Herzogthume Braunschweig, wie Aus dieser unbestritten richtigen Definition folgt, daß alle in einem schweig in Artikel 4 Ur. 13 und Art. K Ur. 12 der Bundesacte als stimm¬ Ist somit schon die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Herzogtums Was den Inhalt der hiernach dem Herzogthume Braunschweig, wie Aus dieser unbestritten richtigen Definition folgt, daß alle in einem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0014" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111984"/> <p xml:id="ID_13" prev="#ID_12"> schweig in Artikel 4 Ur. 13 und Art. K Ur. 12 der Bundesacte als stimm¬<lb/> berechtigter Bundesstaat bezeichnet.</p><lb/> <p xml:id="ID_14"> Ist somit schon die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Herzogtums<lb/> Braunschweig den deutschen Bundesstaaten gegenüber als unzweifelhaft zu<lb/> Recht bestehend nachgewiesen, so kommt noch hinzu, daß solche auch im Art. K<lb/> des Pariser Friedens vom 30. Mai 1814 und in der Schlußacte des Wiener<lb/> Congresses vom 9. Juni 1815 Art. 53. 54, 56 und 58 — welche mit den<lb/> oben hervorgehobenen Bestimmungen der deutschen Bundesacte gleichlautend<lb/> sind — von den sämmtlichen europäischen Mächten anerkannt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_15"> Was den Inhalt der hiernach dem Herzogthume Braunschweig, wie<lb/> jedem anderen deutschen Bundesstaate, zustehenden staatlichen Rechte betrifft,<lb/> so definirt solche Johann Ludwig Klüver in seinem „öffentlichen Rechte des<lb/> Teutschen Bundes und der Bundesstaaten", 2. Aufl. 2. Abtheilung § 167<lb/> folgendermaßen: „Jedem deutschen Bundesstaate gebührt die Staatshoheit<lb/> oder unabhängige Staatsgewalt (Souveränetät im weiteren Sinne), der In¬<lb/> begriff aller Rechte, welche einem unabhängigen Staate in Hinsicht auf den<lb/> Staatszweck zustehen. Hierunter sind begriffen: 1. die politische Unabhängig¬<lb/> keit (Souveränetät im engeren Sinne), das Recht politischer Persönlichkeit<lb/> oder Selbständigkeit im Verhältniß zu jedem andern Subject; 2. die Staats¬<lb/> gewalt (im engern Sinne), die Gewalt zu den Zwecken des Staates."</p><lb/> <p xml:id="ID_16"> Aus dieser unbestritten richtigen Definition folgt, daß alle in einem<lb/> deutschen Staate auf gesetzmüßige Weise entstandenen und promulgirten Ge¬<lb/> setze, sofern sie dem Zwecke des Staates dienen, bis zu ihrer gesetzmäßigen<lb/> Beseitigung gesetzliche Kraft haben, und es kann daher einem Zweifel nicht<lb/> unterliegen, daß in den monarchischen Staaten Deutschlands ein von dem<lb/> Regenten unter Beobachtung der in seinem Staate geltenden Verfassung ver¬<lb/> kündigtes Gesetz nicht mit dem Regenten stirbt, sondern der politischen Per¬<lb/> sönlichkeit des Staates — die nicht stirbt — erworben wird. Es folgt ferner<lb/> aus der Kinderscheu Definition, daß durch den Wechsel des Regenten die in<lb/> den europäischen und deutschen Bundesverträgen garantirte Selbständigkeit<lb/> eines deutschen Bundesstaates nicht verloren gehen kann. Der Regent ist nur<lb/> ein Factor des Staates, der obenein, unbeschadet des Bestandes und der Selb¬<lb/> ständigkeit des letzteren, wie in Republiken, schien kann; den andern Factor<lb/> bilden Land und Leute. Wollte der Thronfolger die gesetzmäßigen Regierungs¬<lb/> handlungen seines Vorgängers nicht als verbindlich anerkennen, so würde er<lb/> damit die garantirte politische Persönlichkeit des Staates vernichten, d. h. ge¬<lb/> gen die Bundesgrundgesetze verstoßen. Man vergegenwärtige sich nur, welche<lb/> heillose Verwirrung in allen innern staatlichen und internationalen Verhält¬<lb/> nissen entstehen würde, wenn jeder Nachfolger in der Regierung seinen Staat<lb/> als tabula, rasa betrachten dürfte!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0014]
schweig in Artikel 4 Ur. 13 und Art. K Ur. 12 der Bundesacte als stimm¬
berechtigter Bundesstaat bezeichnet.
Ist somit schon die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Herzogtums
Braunschweig den deutschen Bundesstaaten gegenüber als unzweifelhaft zu
Recht bestehend nachgewiesen, so kommt noch hinzu, daß solche auch im Art. K
des Pariser Friedens vom 30. Mai 1814 und in der Schlußacte des Wiener
Congresses vom 9. Juni 1815 Art. 53. 54, 56 und 58 — welche mit den
oben hervorgehobenen Bestimmungen der deutschen Bundesacte gleichlautend
sind — von den sämmtlichen europäischen Mächten anerkannt worden.
Was den Inhalt der hiernach dem Herzogthume Braunschweig, wie
jedem anderen deutschen Bundesstaate, zustehenden staatlichen Rechte betrifft,
so definirt solche Johann Ludwig Klüver in seinem „öffentlichen Rechte des
Teutschen Bundes und der Bundesstaaten", 2. Aufl. 2. Abtheilung § 167
folgendermaßen: „Jedem deutschen Bundesstaate gebührt die Staatshoheit
oder unabhängige Staatsgewalt (Souveränetät im weiteren Sinne), der In¬
begriff aller Rechte, welche einem unabhängigen Staate in Hinsicht auf den
Staatszweck zustehen. Hierunter sind begriffen: 1. die politische Unabhängig¬
keit (Souveränetät im engeren Sinne), das Recht politischer Persönlichkeit
oder Selbständigkeit im Verhältniß zu jedem andern Subject; 2. die Staats¬
gewalt (im engern Sinne), die Gewalt zu den Zwecken des Staates."
Aus dieser unbestritten richtigen Definition folgt, daß alle in einem
deutschen Staate auf gesetzmüßige Weise entstandenen und promulgirten Ge¬
setze, sofern sie dem Zwecke des Staates dienen, bis zu ihrer gesetzmäßigen
Beseitigung gesetzliche Kraft haben, und es kann daher einem Zweifel nicht
unterliegen, daß in den monarchischen Staaten Deutschlands ein von dem
Regenten unter Beobachtung der in seinem Staate geltenden Verfassung ver¬
kündigtes Gesetz nicht mit dem Regenten stirbt, sondern der politischen Per¬
sönlichkeit des Staates — die nicht stirbt — erworben wird. Es folgt ferner
aus der Kinderscheu Definition, daß durch den Wechsel des Regenten die in
den europäischen und deutschen Bundesverträgen garantirte Selbständigkeit
eines deutschen Bundesstaates nicht verloren gehen kann. Der Regent ist nur
ein Factor des Staates, der obenein, unbeschadet des Bestandes und der Selb¬
ständigkeit des letzteren, wie in Republiken, schien kann; den andern Factor
bilden Land und Leute. Wollte der Thronfolger die gesetzmäßigen Regierungs¬
handlungen seines Vorgängers nicht als verbindlich anerkennen, so würde er
damit die garantirte politische Persönlichkeit des Staates vernichten, d. h. ge¬
gen die Bundesgrundgesetze verstoßen. Man vergegenwärtige sich nur, welche
heillose Verwirrung in allen innern staatlichen und internationalen Verhält¬
nissen entstehen würde, wenn jeder Nachfolger in der Regierung seinen Staat
als tabula, rasa betrachten dürfte!
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