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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Die öffentliche Meinung über das Recht Braunschweigs aufzuklären,
und zwar schon jetzt aufzuklären liegt daher sowol im Interesse der Braun-
schwei^er, als auch in dem von ganz Deutschland, damit nicht abermals ein
dunkles Blatt seiner Geschichte hinzugefügt wird. Der durch die erwähnten
Broschüren eingeleitete Kampf gegen die allem Anscheine nach in Hannover
herrschenden Ansichten wird aber zu diesem Ziele nie gelangen, wenn nicht
ganz Deutschland die für und wider sprechenden Gründe kennen lernt und
sie zu würdigen in den Stand gesetzt wird, was weder durch jene Broschüren,
die, abgesehen von ihren Mängeln, nur einen verhältnißmäßig kleinen Leser¬
kreis finden werden, noch durch die dürftigen Zeitungsartikel erreicht wird,
welche in Folge jener Flugschriften dieser Tage erschienen sind. Wol aber
scheint uns zu diesem Zweck Ihre durch ganz Deutschland verbreitete und
hochgeachtete Zeitschrift geeignet, in der wir daher zu einer objectiven Dar¬
stellung der angeregten Verhältnisse einen Platz in Anspruch nehmen.

Wir wollen hiernach folgenden Satz: -

das Herzogthum Braunschweig ist ein souveräner, selbständiger Staat
mit monarchisch-konstitutioneller Verfassung, in dessen Regierung nur
auf Grund und nach Maßgabe dieser Verfassung succedirt werden kann
aufstellen und sammt den daraus zu ziehenden Folgerungen als wohlbegrün¬
det nachzuweisen versuchen.

Der Begriff eines "souveränen Staates" gehört, wie für Kundige eines
besonderen Beweises nicht bedarf, erst dem neueren Staatsrechte an. Wäh¬
rend der Zeit des "weiland heiligen römischen Reichs Teutscher Nation" gab
es weder einen Staat noch eine Souveränetät im heutigen Sinne Die
deutsche Bundesacte, welche die Grundlage für das gegenwärtige deutsche
Staatsrecht bildet, bezeichnet zuerst die deutschen Fürsten als "souverän"
(Eingangsworte und Art. 1) und der Art. 2 derselben nimmt als Zweck des
unter dem Namen "der Teutsche Bund" errichteten beständigen Bundes an:

"Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Teutschlands und der Un¬
abhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen teutschen Staaten."

Die Wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 enthält sodann folgende Be¬
stimmungen:

Art. t. Der deutsche Bund ist ein völkerrechtlicher Verein der deutschen
souveränen Fürsten und freien Städte zu Bewahrung der Unabhängigkeit und
Unverletzbarkeit ihrer im Bunde begriffenen Staaten ze.
Art. 2. Dieser Verein besteht in seinem Innern als eine Gemeinschaft
selbständiger, unter sich unabhängiger Staaten mit wechselseitigen gleichen
Vertragsrechten und Vertragsobliegenhciten?c.

Der Herzog von Braunschweig ist in diesen beiden Grundgesetzen des
deutschen Bundes als Mitcontrahent aufgeführt und das Herzogthum Braun-


Die öffentliche Meinung über das Recht Braunschweigs aufzuklären,
und zwar schon jetzt aufzuklären liegt daher sowol im Interesse der Braun-
schwei^er, als auch in dem von ganz Deutschland, damit nicht abermals ein
dunkles Blatt seiner Geschichte hinzugefügt wird. Der durch die erwähnten
Broschüren eingeleitete Kampf gegen die allem Anscheine nach in Hannover
herrschenden Ansichten wird aber zu diesem Ziele nie gelangen, wenn nicht
ganz Deutschland die für und wider sprechenden Gründe kennen lernt und
sie zu würdigen in den Stand gesetzt wird, was weder durch jene Broschüren,
die, abgesehen von ihren Mängeln, nur einen verhältnißmäßig kleinen Leser¬
kreis finden werden, noch durch die dürftigen Zeitungsartikel erreicht wird,
welche in Folge jener Flugschriften dieser Tage erschienen sind. Wol aber
scheint uns zu diesem Zweck Ihre durch ganz Deutschland verbreitete und
hochgeachtete Zeitschrift geeignet, in der wir daher zu einer objectiven Dar¬
stellung der angeregten Verhältnisse einen Platz in Anspruch nehmen.

Wir wollen hiernach folgenden Satz: -

das Herzogthum Braunschweig ist ein souveräner, selbständiger Staat
mit monarchisch-konstitutioneller Verfassung, in dessen Regierung nur
auf Grund und nach Maßgabe dieser Verfassung succedirt werden kann
aufstellen und sammt den daraus zu ziehenden Folgerungen als wohlbegrün¬
det nachzuweisen versuchen.

Der Begriff eines „souveränen Staates" gehört, wie für Kundige eines
besonderen Beweises nicht bedarf, erst dem neueren Staatsrechte an. Wäh¬
rend der Zeit des „weiland heiligen römischen Reichs Teutscher Nation" gab
es weder einen Staat noch eine Souveränetät im heutigen Sinne Die
deutsche Bundesacte, welche die Grundlage für das gegenwärtige deutsche
Staatsrecht bildet, bezeichnet zuerst die deutschen Fürsten als „souverän"
(Eingangsworte und Art. 1) und der Art. 2 derselben nimmt als Zweck des
unter dem Namen „der Teutsche Bund" errichteten beständigen Bundes an:

„Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Teutschlands und der Un¬
abhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen teutschen Staaten."

Die Wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 enthält sodann folgende Be¬
stimmungen:

Art. t. Der deutsche Bund ist ein völkerrechtlicher Verein der deutschen
souveränen Fürsten und freien Städte zu Bewahrung der Unabhängigkeit und
Unverletzbarkeit ihrer im Bunde begriffenen Staaten ze.
Art. 2. Dieser Verein besteht in seinem Innern als eine Gemeinschaft
selbständiger, unter sich unabhängiger Staaten mit wechselseitigen gleichen
Vertragsrechten und Vertragsobliegenhciten?c.

Der Herzog von Braunschweig ist in diesen beiden Grundgesetzen des
deutschen Bundes als Mitcontrahent aufgeführt und das Herzogthum Braun-


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[0013] Die öffentliche Meinung über das Recht Braunschweigs aufzuklären, und zwar schon jetzt aufzuklären liegt daher sowol im Interesse der Braun- schwei^er, als auch in dem von ganz Deutschland, damit nicht abermals ein dunkles Blatt seiner Geschichte hinzugefügt wird. Der durch die erwähnten Broschüren eingeleitete Kampf gegen die allem Anscheine nach in Hannover herrschenden Ansichten wird aber zu diesem Ziele nie gelangen, wenn nicht ganz Deutschland die für und wider sprechenden Gründe kennen lernt und sie zu würdigen in den Stand gesetzt wird, was weder durch jene Broschüren, die, abgesehen von ihren Mängeln, nur einen verhältnißmäßig kleinen Leser¬ kreis finden werden, noch durch die dürftigen Zeitungsartikel erreicht wird, welche in Folge jener Flugschriften dieser Tage erschienen sind. Wol aber scheint uns zu diesem Zweck Ihre durch ganz Deutschland verbreitete und hochgeachtete Zeitschrift geeignet, in der wir daher zu einer objectiven Dar¬ stellung der angeregten Verhältnisse einen Platz in Anspruch nehmen. Wir wollen hiernach folgenden Satz: - das Herzogthum Braunschweig ist ein souveräner, selbständiger Staat mit monarchisch-konstitutioneller Verfassung, in dessen Regierung nur auf Grund und nach Maßgabe dieser Verfassung succedirt werden kann aufstellen und sammt den daraus zu ziehenden Folgerungen als wohlbegrün¬ det nachzuweisen versuchen. Der Begriff eines „souveränen Staates" gehört, wie für Kundige eines besonderen Beweises nicht bedarf, erst dem neueren Staatsrechte an. Wäh¬ rend der Zeit des „weiland heiligen römischen Reichs Teutscher Nation" gab es weder einen Staat noch eine Souveränetät im heutigen Sinne Die deutsche Bundesacte, welche die Grundlage für das gegenwärtige deutsche Staatsrecht bildet, bezeichnet zuerst die deutschen Fürsten als „souverän" (Eingangsworte und Art. 1) und der Art. 2 derselben nimmt als Zweck des unter dem Namen „der Teutsche Bund" errichteten beständigen Bundes an: „Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Teutschlands und der Un¬ abhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen teutschen Staaten." Die Wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 enthält sodann folgende Be¬ stimmungen: Art. t. Der deutsche Bund ist ein völkerrechtlicher Verein der deutschen souveränen Fürsten und freien Städte zu Bewahrung der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit ihrer im Bunde begriffenen Staaten ze. Art. 2. Dieser Verein besteht in seinem Innern als eine Gemeinschaft selbständiger, unter sich unabhängiger Staaten mit wechselseitigen gleichen Vertragsrechten und Vertragsobliegenhciten?c. Der Herzog von Braunschweig ist in diesen beiden Grundgesetzen des deutschen Bundes als Mitcontrahent aufgeführt und das Herzogthum Braun-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/13>, abgerufen am 22.07.2024.