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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Nordseite unserer Erdhälfte -- ein Ziel setzten. Europa gewann, durch vul¬
kanische Kräfte auch in seinen damals vom Meer überflutheten Theilen empor¬
gehoben, beträchtlich an Ausdehnung, aber eben dadurch verlor essein mildes
Inselklima, bei dem im Schatten von Kampherbäumen und Palmen Heerden
von Elephanten, Nashörnern und andern tropischen Thieren gediehen. Auch
schlössen sich jetzt die Wege, die bis dahin Ströme warmen Wassers aus dem
indischen Ocean bis in die pannonische Bucht, also bis herauf in die Nähe
Südostdeutschlands brachten. Endlich verband ein großer fast ganz ebener
Continent im Osten, das heutige Rußland, Europa unmittelbar mit Nord¬
asien.

Alles dies, sowie das theilweise Untersinken der Atlantis wirkte mächtig
auf alle Zustände Europas ein. Das Klima kühlte sich zwar nur allmälig,
aber doch so bedeutend ab, daß der Schnee und das Eis, welche die Gebirge
seit ihrer Erhebung bedeckten, nach und nach den ganzen Norden des Welt¬
theils, etwa so wie jetzt Grönland, mit Gletschern überzogen. Dieser Eis¬
periode wurde, nachdem sie geraume Zeit gedauert, durch günstiger wirkende
geologische Veränderungen endlich ein Ziel gesetzt. Eine neue Revolution im
Innern des Erdballs schloß den in jener Zeit offenen Polarweg des Eis¬
meers in die Ostsee und schuf, indem sie den Meeresgrund da, wo jetzt Nord¬
afrika liegt, trocken legte, in der Wüste Sahara einen Ofen, der Europa durch
die fortwährend von ihm ausgehenden warmen Luftströme einen gewissen
Ersatz für den erwähnten Verlust der warmen Wasserströme bot, welche in
der Molasseperiode aus dem indischen Ocean ihm zugeführt worden waren.

Die britischen Inseln traten dabei näher an den Continent. Dagegen
versank jetzt fast Alles, was von der Atlantis die Revolution überdauert,
welche das Ende der Molasseperiode und der Anfang der Eiszeit gewesen
war. Europa und Amerika aber erhielten dadurch ungefähr die Gestalt, die sie
noch jetzt haben. In das erstere wanderten aus Asien über den trockengelegten
Meeresboden im Osten neue Bäume, Sträucher, Gräser und Kräuter ein und
in den neuen Wäldern tummelten sich Höhlenbären. Urochsen und eine
Gattung kleiner Elephanten, während in Amerika, das, von jenen Revolutionen
nicht so schwer betroffen, seine alte Vegetation großentheils behalten hatte,
das Missourium hauste. Ob auch der Mensch am Ausgang jener Eiszeit
schon existirte, ist nicht bewiesen, wenn man auch Gebeine desselben gemischt
mit den in jener Epoche untergegangnen Thieren und in Amerika ein mit
Steinwaffen erlegtes Ricsenmissourium gesunden hat.*)



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1 Fossile Menschengebeine sind außerdem an sehr vielen Orten Amerikas und Europas
gesunden worden, unter anderen zu Ucalmbridgc in England, wo dieselbe" fast alle thierische
Materie verloren hatten, während die dabei liegenden Hyänenlnochen sich bei Behandlung mit
Salzsäure wie noch verhältnißmäßig frische verhielten. Menschenknochen aus einer subapenni'

Nordseite unserer Erdhälfte — ein Ziel setzten. Europa gewann, durch vul¬
kanische Kräfte auch in seinen damals vom Meer überflutheten Theilen empor¬
gehoben, beträchtlich an Ausdehnung, aber eben dadurch verlor essein mildes
Inselklima, bei dem im Schatten von Kampherbäumen und Palmen Heerden
von Elephanten, Nashörnern und andern tropischen Thieren gediehen. Auch
schlössen sich jetzt die Wege, die bis dahin Ströme warmen Wassers aus dem
indischen Ocean bis in die pannonische Bucht, also bis herauf in die Nähe
Südostdeutschlands brachten. Endlich verband ein großer fast ganz ebener
Continent im Osten, das heutige Rußland, Europa unmittelbar mit Nord¬
asien.

Alles dies, sowie das theilweise Untersinken der Atlantis wirkte mächtig
auf alle Zustände Europas ein. Das Klima kühlte sich zwar nur allmälig,
aber doch so bedeutend ab, daß der Schnee und das Eis, welche die Gebirge
seit ihrer Erhebung bedeckten, nach und nach den ganzen Norden des Welt¬
theils, etwa so wie jetzt Grönland, mit Gletschern überzogen. Dieser Eis¬
periode wurde, nachdem sie geraume Zeit gedauert, durch günstiger wirkende
geologische Veränderungen endlich ein Ziel gesetzt. Eine neue Revolution im
Innern des Erdballs schloß den in jener Zeit offenen Polarweg des Eis¬
meers in die Ostsee und schuf, indem sie den Meeresgrund da, wo jetzt Nord¬
afrika liegt, trocken legte, in der Wüste Sahara einen Ofen, der Europa durch
die fortwährend von ihm ausgehenden warmen Luftströme einen gewissen
Ersatz für den erwähnten Verlust der warmen Wasserströme bot, welche in
der Molasseperiode aus dem indischen Ocean ihm zugeführt worden waren.

Die britischen Inseln traten dabei näher an den Continent. Dagegen
versank jetzt fast Alles, was von der Atlantis die Revolution überdauert,
welche das Ende der Molasseperiode und der Anfang der Eiszeit gewesen
war. Europa und Amerika aber erhielten dadurch ungefähr die Gestalt, die sie
noch jetzt haben. In das erstere wanderten aus Asien über den trockengelegten
Meeresboden im Osten neue Bäume, Sträucher, Gräser und Kräuter ein und
in den neuen Wäldern tummelten sich Höhlenbären. Urochsen und eine
Gattung kleiner Elephanten, während in Amerika, das, von jenen Revolutionen
nicht so schwer betroffen, seine alte Vegetation großentheils behalten hatte,
das Missourium hauste. Ob auch der Mensch am Ausgang jener Eiszeit
schon existirte, ist nicht bewiesen, wenn man auch Gebeine desselben gemischt
mit den in jener Epoche untergegangnen Thieren und in Amerika ein mit
Steinwaffen erlegtes Ricsenmissourium gesunden hat.*)



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1 Fossile Menschengebeine sind außerdem an sehr vielen Orten Amerikas und Europas
gesunden worden, unter anderen zu Ucalmbridgc in England, wo dieselbe» fast alle thierische
Materie verloren hatten, während die dabei liegenden Hyänenlnochen sich bei Behandlung mit
Salzsäure wie noch verhältnißmäßig frische verhielten. Menschenknochen aus einer subapenni'
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[0080] Nordseite unserer Erdhälfte — ein Ziel setzten. Europa gewann, durch vul¬ kanische Kräfte auch in seinen damals vom Meer überflutheten Theilen empor¬ gehoben, beträchtlich an Ausdehnung, aber eben dadurch verlor essein mildes Inselklima, bei dem im Schatten von Kampherbäumen und Palmen Heerden von Elephanten, Nashörnern und andern tropischen Thieren gediehen. Auch schlössen sich jetzt die Wege, die bis dahin Ströme warmen Wassers aus dem indischen Ocean bis in die pannonische Bucht, also bis herauf in die Nähe Südostdeutschlands brachten. Endlich verband ein großer fast ganz ebener Continent im Osten, das heutige Rußland, Europa unmittelbar mit Nord¬ asien. Alles dies, sowie das theilweise Untersinken der Atlantis wirkte mächtig auf alle Zustände Europas ein. Das Klima kühlte sich zwar nur allmälig, aber doch so bedeutend ab, daß der Schnee und das Eis, welche die Gebirge seit ihrer Erhebung bedeckten, nach und nach den ganzen Norden des Welt¬ theils, etwa so wie jetzt Grönland, mit Gletschern überzogen. Dieser Eis¬ periode wurde, nachdem sie geraume Zeit gedauert, durch günstiger wirkende geologische Veränderungen endlich ein Ziel gesetzt. Eine neue Revolution im Innern des Erdballs schloß den in jener Zeit offenen Polarweg des Eis¬ meers in die Ostsee und schuf, indem sie den Meeresgrund da, wo jetzt Nord¬ afrika liegt, trocken legte, in der Wüste Sahara einen Ofen, der Europa durch die fortwährend von ihm ausgehenden warmen Luftströme einen gewissen Ersatz für den erwähnten Verlust der warmen Wasserströme bot, welche in der Molasseperiode aus dem indischen Ocean ihm zugeführt worden waren. Die britischen Inseln traten dabei näher an den Continent. Dagegen versank jetzt fast Alles, was von der Atlantis die Revolution überdauert, welche das Ende der Molasseperiode und der Anfang der Eiszeit gewesen war. Europa und Amerika aber erhielten dadurch ungefähr die Gestalt, die sie noch jetzt haben. In das erstere wanderten aus Asien über den trockengelegten Meeresboden im Osten neue Bäume, Sträucher, Gräser und Kräuter ein und in den neuen Wäldern tummelten sich Höhlenbären. Urochsen und eine Gattung kleiner Elephanten, während in Amerika, das, von jenen Revolutionen nicht so schwer betroffen, seine alte Vegetation großentheils behalten hatte, das Missourium hauste. Ob auch der Mensch am Ausgang jener Eiszeit schon existirte, ist nicht bewiesen, wenn man auch Gebeine desselben gemischt mit den in jener Epoche untergegangnen Thieren und in Amerika ein mit Steinwaffen erlegtes Ricsenmissourium gesunden hat.*) ..''-,...-...:/ 1 Fossile Menschengebeine sind außerdem an sehr vielen Orten Amerikas und Europas gesunden worden, unter anderen zu Ucalmbridgc in England, wo dieselbe» fast alle thierische Materie verloren hatten, während die dabei liegenden Hyänenlnochen sich bei Behandlung mit Salzsäure wie noch verhältnißmäßig frische verhielten. Menschenknochen aus einer subapenni'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/80>, abgerufen am 24.08.2024.