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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Hauptstadt, der Sitz der Negierung und der Herd des Kriegs. In derselben
befinden sich alles Kriegsmaterial und die Mittel seiner Ergänzung: die Zeug¬
häuser und Arsenale, die Waffenfabriken und Schiffswersten, Kopenhagen
ist zugleich der einzige Waffenplatz und der einzige Kriegshafen Dänemarks,
Eine Besetzung Kopenhagens beendet sofort jeden Krieg. Kopenhagen ist
gegen das Land nur dem Namen nach befestigt, es ist gegenwärtig als ein
offener Platz zu betrachten, dessen Hauptvertheidigung in seiner insularischen
Lage beruht. Die Insel Seeland bietet aber, zumal an ihrer Südost- und
Südwestküste, eine Reihe trefflicher Landungspunkte dar -- ein dieses Wasser
bis auf etwa tausend Ellen zum Ufer heran, gute Untergrunde, zum Theil
ein von den Schiffen aus leicht zu beherrschendes Ufer von guter Boden¬
beschaffenheit. Auf der Südhälfte Seelands von Corsör bis Kiöge finden
sich etwa sieben solcher Landungspunkte.

Die preußische Küste liegt in unmittelbarer Nähe Seelands. Die Insel
Rügen ist von dem nächsten Landungspunkte kaum zwölf deutsche Meilen ent¬
fernt, eine Strecke, welche von einem Dampfschiffe in sechs Stunden zurück¬
gelegt wird.

Wenn in den Jahren 1848 und 1849 dänischer Seits, bei der Schwäche
Deutschlands zur See, auf der Insel Seeland nur die Depots zurückblicken,
so würde schon die bloße Möglichkeit und Drohung einer Landung Dänemark
zwingen, einen großen Theil der Armee zum Schutze der Hauptstadt zurückzu¬
lassen. Der schwedische Marsch von 1658, die englische Landung von 1807,
welche gleichzeitig an drei Punkten der seelündischen Ostküste ausgeführt wurde,
stehen in der dänischen Geschichte als warnende Wahrzeichen da.

Ereignisse, welche schon die nächste Zeit bringen kann, der Ausbruch eines
französischen odereines dänischen Krieges, fordern dringend dazu auf, die Her¬
stellung der deutschen Seeverthcidigung entschieden in Angriff zu nehmen. Die
Opfcrbereitschaft für einen Krieg gegen Frankreich hat keinen Sinn, wenn ein
wesentliches Glied der Landesvertheidigung fehlt; die Sympathie für die unter¬
drückten Herzogtümer vermag, so lange die See Dänemark unbestritten ge¬
hört, den Schleswig-Holsteinern das Joch nur drückender zu machen, dasselbe
ihnen nicht abzunehmen.

Es soll gezeigt werden, daß es zur Sicherung der deutscheu Küsten und
um eine Ueberlegenheit Deutschlands gegen Dänemark zur See zu begründen,
nur geringer Anstrengungen, nur der ernstlichen Thätigkeit von etwa zwei
Jahren dedens. Schon hier kann bemerkt werden, daß die maritimen Er'
fordcrnisse einer Küstenvertheidigung geringer sind, als die eines Krieges gegen
Dänemark, daß aber was dem einen Zwecke dient auch dem andern zu Gute
kommt.

Es sind im Wesentliche" dieselben, nur dem Grade nach verschiedenen


Hauptstadt, der Sitz der Negierung und der Herd des Kriegs. In derselben
befinden sich alles Kriegsmaterial und die Mittel seiner Ergänzung: die Zeug¬
häuser und Arsenale, die Waffenfabriken und Schiffswersten, Kopenhagen
ist zugleich der einzige Waffenplatz und der einzige Kriegshafen Dänemarks,
Eine Besetzung Kopenhagens beendet sofort jeden Krieg. Kopenhagen ist
gegen das Land nur dem Namen nach befestigt, es ist gegenwärtig als ein
offener Platz zu betrachten, dessen Hauptvertheidigung in seiner insularischen
Lage beruht. Die Insel Seeland bietet aber, zumal an ihrer Südost- und
Südwestküste, eine Reihe trefflicher Landungspunkte dar — ein dieses Wasser
bis auf etwa tausend Ellen zum Ufer heran, gute Untergrunde, zum Theil
ein von den Schiffen aus leicht zu beherrschendes Ufer von guter Boden¬
beschaffenheit. Auf der Südhälfte Seelands von Corsör bis Kiöge finden
sich etwa sieben solcher Landungspunkte.

Die preußische Küste liegt in unmittelbarer Nähe Seelands. Die Insel
Rügen ist von dem nächsten Landungspunkte kaum zwölf deutsche Meilen ent¬
fernt, eine Strecke, welche von einem Dampfschiffe in sechs Stunden zurück¬
gelegt wird.

Wenn in den Jahren 1848 und 1849 dänischer Seits, bei der Schwäche
Deutschlands zur See, auf der Insel Seeland nur die Depots zurückblicken,
so würde schon die bloße Möglichkeit und Drohung einer Landung Dänemark
zwingen, einen großen Theil der Armee zum Schutze der Hauptstadt zurückzu¬
lassen. Der schwedische Marsch von 1658, die englische Landung von 1807,
welche gleichzeitig an drei Punkten der seelündischen Ostküste ausgeführt wurde,
stehen in der dänischen Geschichte als warnende Wahrzeichen da.

Ereignisse, welche schon die nächste Zeit bringen kann, der Ausbruch eines
französischen odereines dänischen Krieges, fordern dringend dazu auf, die Her¬
stellung der deutschen Seeverthcidigung entschieden in Angriff zu nehmen. Die
Opfcrbereitschaft für einen Krieg gegen Frankreich hat keinen Sinn, wenn ein
wesentliches Glied der Landesvertheidigung fehlt; die Sympathie für die unter¬
drückten Herzogtümer vermag, so lange die See Dänemark unbestritten ge¬
hört, den Schleswig-Holsteinern das Joch nur drückender zu machen, dasselbe
ihnen nicht abzunehmen.

Es soll gezeigt werden, daß es zur Sicherung der deutscheu Küsten und
um eine Ueberlegenheit Deutschlands gegen Dänemark zur See zu begründen,
nur geringer Anstrengungen, nur der ernstlichen Thätigkeit von etwa zwei
Jahren dedens. Schon hier kann bemerkt werden, daß die maritimen Er'
fordcrnisse einer Küstenvertheidigung geringer sind, als die eines Krieges gegen
Dänemark, daß aber was dem einen Zwecke dient auch dem andern zu Gute
kommt.

Es sind im Wesentliche» dieselben, nur dem Grade nach verschiedenen


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[0382] Hauptstadt, der Sitz der Negierung und der Herd des Kriegs. In derselben befinden sich alles Kriegsmaterial und die Mittel seiner Ergänzung: die Zeug¬ häuser und Arsenale, die Waffenfabriken und Schiffswersten, Kopenhagen ist zugleich der einzige Waffenplatz und der einzige Kriegshafen Dänemarks, Eine Besetzung Kopenhagens beendet sofort jeden Krieg. Kopenhagen ist gegen das Land nur dem Namen nach befestigt, es ist gegenwärtig als ein offener Platz zu betrachten, dessen Hauptvertheidigung in seiner insularischen Lage beruht. Die Insel Seeland bietet aber, zumal an ihrer Südost- und Südwestküste, eine Reihe trefflicher Landungspunkte dar — ein dieses Wasser bis auf etwa tausend Ellen zum Ufer heran, gute Untergrunde, zum Theil ein von den Schiffen aus leicht zu beherrschendes Ufer von guter Boden¬ beschaffenheit. Auf der Südhälfte Seelands von Corsör bis Kiöge finden sich etwa sieben solcher Landungspunkte. Die preußische Küste liegt in unmittelbarer Nähe Seelands. Die Insel Rügen ist von dem nächsten Landungspunkte kaum zwölf deutsche Meilen ent¬ fernt, eine Strecke, welche von einem Dampfschiffe in sechs Stunden zurück¬ gelegt wird. Wenn in den Jahren 1848 und 1849 dänischer Seits, bei der Schwäche Deutschlands zur See, auf der Insel Seeland nur die Depots zurückblicken, so würde schon die bloße Möglichkeit und Drohung einer Landung Dänemark zwingen, einen großen Theil der Armee zum Schutze der Hauptstadt zurückzu¬ lassen. Der schwedische Marsch von 1658, die englische Landung von 1807, welche gleichzeitig an drei Punkten der seelündischen Ostküste ausgeführt wurde, stehen in der dänischen Geschichte als warnende Wahrzeichen da. Ereignisse, welche schon die nächste Zeit bringen kann, der Ausbruch eines französischen odereines dänischen Krieges, fordern dringend dazu auf, die Her¬ stellung der deutschen Seeverthcidigung entschieden in Angriff zu nehmen. Die Opfcrbereitschaft für einen Krieg gegen Frankreich hat keinen Sinn, wenn ein wesentliches Glied der Landesvertheidigung fehlt; die Sympathie für die unter¬ drückten Herzogtümer vermag, so lange die See Dänemark unbestritten ge¬ hört, den Schleswig-Holsteinern das Joch nur drückender zu machen, dasselbe ihnen nicht abzunehmen. Es soll gezeigt werden, daß es zur Sicherung der deutscheu Küsten und um eine Ueberlegenheit Deutschlands gegen Dänemark zur See zu begründen, nur geringer Anstrengungen, nur der ernstlichen Thätigkeit von etwa zwei Jahren dedens. Schon hier kann bemerkt werden, daß die maritimen Er' fordcrnisse einer Küstenvertheidigung geringer sind, als die eines Krieges gegen Dänemark, daß aber was dem einen Zwecke dient auch dem andern zu Gute kommt. Es sind im Wesentliche» dieselben, nur dem Grade nach verschiedenen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/382>, abgerufen am 02.10.2024.