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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Um aber eine günstige Entscheidung herbeizuführen, bedarf es für Deutsch¬
land einer Kriegsmarine, welche der dänischen überlegen ist.

Ohne diese Überlegenheit zur See hilft alle Überlegenheit Deutschlands
zu Lande wenig, ohne dieselbe können sich nur die Verhältnisse von 1848 und
>849 wiederholen! deutsche Truppen werden die cimbrische Halbinsel besehen,
dagegen wird Dänemark die deutschen Handelsschiffe wegnehmen und die deut¬
schen Küsten vom Seeverkehr absperren. Da die deutscheu Truppen nicht
durch das Wasser uach Kopenhagen gehen, die deutschen Schiffe aber über¬
haupt eine un'.inttelbare Entscheidung nicht herbeiführen können, so muß der¬
jenige Theil aus dem Kriege als Sieger hervorgehen, welcher die größte Aus¬
dauer im Leiden hat. und dieses wird aller Wahrscheinlichkeit nach derjenige Theil
sein, welcher,aM wenigsten zu leiden und zu opfern hat.

Dieses ist ganz unzweifelhaft Dänemark. Die Beeinträchtigung des National-
wohlstandes Deutschlands, welche eine Folge des Seekriegs ist, nimmt viel
bedeutendere Verhältnisse an, als diejenige, welche auf die festländischen
Theile von Dänemark fällt, die mau, wenn auch noch so hart, immer mensch¬
lich behandeln wird.

Von dem Augenblicke an, wo Deutschland Dänemark zur See überlegen
ist, gestalten sich die Verhältnisse anders. Zu den Leiden einer Occupation
Jütlands fallen alle Lüde" des Seekriegs dann ans Dänemark, die dänische
Schjffsahrt wird zerstört, die dänischen Hafenplähe blockirt, die Verbindung
zwischen den Inseln und dem Festlande erschwert.

Dänischerseits legte man früher die Operationsbasis sür den Landkrieg
auf das Meer und benutzte die Inseln Alsen und Führer sowie die Halb¬
insel Helgenäs als Festungen, die dnrch die See untereinander in Verbindung
standen und von denen aus stets fast die gesammte dänische Truppenstärke
auf einem Punkte des Festlandes hervorbrechen konnte.

Wenn die dänische Flotte nicht mehr unbedingt Herr der See ist, hört
das Meer auf für die Dänen Operationsbasis und Communicationsmittel
Zwischen den Inseln und dem Festlande zu sem und zugleich für Deutschland
die Nothwendigkeit eine etwa dreifach überlegene Truppenzahl für eine Be-
selMng der cimbrischen Halbinsel zu verwenden. Wenn der Seekrieg nicht
'"ehr für Deutschland Blockade und Zerstörung des Privateigenthums zur
Folge hat, andrerseits aber das dänische Festland von deutschen Truppen be-
^de ist. so ist damit schon an sich ein Zwangsmittel gegeben, welches im
Stande ist, ein zufriedenstellendes Ende des Krieges herbeizuführen.

Der Behn) einer überlegenen Kriegsflotte vermag aber anch noch in viel
^schorer und kräftigerer Weise durch eine Landung auf der Insel Seeland
d>e Entscheidung zu dungen.

Auf der Insel Seeland liegt in einem ausgezeichneten Sinne die dänische


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Um aber eine günstige Entscheidung herbeizuführen, bedarf es für Deutsch¬
land einer Kriegsmarine, welche der dänischen überlegen ist.

Ohne diese Überlegenheit zur See hilft alle Überlegenheit Deutschlands
zu Lande wenig, ohne dieselbe können sich nur die Verhältnisse von 1848 und
>849 wiederholen! deutsche Truppen werden die cimbrische Halbinsel besehen,
dagegen wird Dänemark die deutschen Handelsschiffe wegnehmen und die deut¬
schen Küsten vom Seeverkehr absperren. Da die deutscheu Truppen nicht
durch das Wasser uach Kopenhagen gehen, die deutschen Schiffe aber über¬
haupt eine un'.inttelbare Entscheidung nicht herbeiführen können, so muß der¬
jenige Theil aus dem Kriege als Sieger hervorgehen, welcher die größte Aus¬
dauer im Leiden hat. und dieses wird aller Wahrscheinlichkeit nach derjenige Theil
sein, welcher,aM wenigsten zu leiden und zu opfern hat.

Dieses ist ganz unzweifelhaft Dänemark. Die Beeinträchtigung des National-
wohlstandes Deutschlands, welche eine Folge des Seekriegs ist, nimmt viel
bedeutendere Verhältnisse an, als diejenige, welche auf die festländischen
Theile von Dänemark fällt, die mau, wenn auch noch so hart, immer mensch¬
lich behandeln wird.

Von dem Augenblicke an, wo Deutschland Dänemark zur See überlegen
ist, gestalten sich die Verhältnisse anders. Zu den Leiden einer Occupation
Jütlands fallen alle Lüde» des Seekriegs dann ans Dänemark, die dänische
Schjffsahrt wird zerstört, die dänischen Hafenplähe blockirt, die Verbindung
zwischen den Inseln und dem Festlande erschwert.

Dänischerseits legte man früher die Operationsbasis sür den Landkrieg
auf das Meer und benutzte die Inseln Alsen und Führer sowie die Halb¬
insel Helgenäs als Festungen, die dnrch die See untereinander in Verbindung
standen und von denen aus stets fast die gesammte dänische Truppenstärke
auf einem Punkte des Festlandes hervorbrechen konnte.

Wenn die dänische Flotte nicht mehr unbedingt Herr der See ist, hört
das Meer auf für die Dänen Operationsbasis und Communicationsmittel
Zwischen den Inseln und dem Festlande zu sem und zugleich für Deutschland
die Nothwendigkeit eine etwa dreifach überlegene Truppenzahl für eine Be-
selMng der cimbrischen Halbinsel zu verwenden. Wenn der Seekrieg nicht
'»ehr für Deutschland Blockade und Zerstörung des Privateigenthums zur
Folge hat, andrerseits aber das dänische Festland von deutschen Truppen be-
^de ist. so ist damit schon an sich ein Zwangsmittel gegeben, welches im
Stande ist, ein zufriedenstellendes Ende des Krieges herbeizuführen.

Der Behn) einer überlegenen Kriegsflotte vermag aber anch noch in viel
^schorer und kräftigerer Weise durch eine Landung auf der Insel Seeland
d>e Entscheidung zu dungen.

Auf der Insel Seeland liegt in einem ausgezeichneten Sinne die dänische


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[0381] Um aber eine günstige Entscheidung herbeizuführen, bedarf es für Deutsch¬ land einer Kriegsmarine, welche der dänischen überlegen ist. Ohne diese Überlegenheit zur See hilft alle Überlegenheit Deutschlands zu Lande wenig, ohne dieselbe können sich nur die Verhältnisse von 1848 und >849 wiederholen! deutsche Truppen werden die cimbrische Halbinsel besehen, dagegen wird Dänemark die deutschen Handelsschiffe wegnehmen und die deut¬ schen Küsten vom Seeverkehr absperren. Da die deutscheu Truppen nicht durch das Wasser uach Kopenhagen gehen, die deutschen Schiffe aber über¬ haupt eine un'.inttelbare Entscheidung nicht herbeiführen können, so muß der¬ jenige Theil aus dem Kriege als Sieger hervorgehen, welcher die größte Aus¬ dauer im Leiden hat. und dieses wird aller Wahrscheinlichkeit nach derjenige Theil sein, welcher,aM wenigsten zu leiden und zu opfern hat. Dieses ist ganz unzweifelhaft Dänemark. Die Beeinträchtigung des National- wohlstandes Deutschlands, welche eine Folge des Seekriegs ist, nimmt viel bedeutendere Verhältnisse an, als diejenige, welche auf die festländischen Theile von Dänemark fällt, die mau, wenn auch noch so hart, immer mensch¬ lich behandeln wird. Von dem Augenblicke an, wo Deutschland Dänemark zur See überlegen ist, gestalten sich die Verhältnisse anders. Zu den Leiden einer Occupation Jütlands fallen alle Lüde» des Seekriegs dann ans Dänemark, die dänische Schjffsahrt wird zerstört, die dänischen Hafenplähe blockirt, die Verbindung zwischen den Inseln und dem Festlande erschwert. Dänischerseits legte man früher die Operationsbasis sür den Landkrieg auf das Meer und benutzte die Inseln Alsen und Führer sowie die Halb¬ insel Helgenäs als Festungen, die dnrch die See untereinander in Verbindung standen und von denen aus stets fast die gesammte dänische Truppenstärke auf einem Punkte des Festlandes hervorbrechen konnte. Wenn die dänische Flotte nicht mehr unbedingt Herr der See ist, hört das Meer auf für die Dänen Operationsbasis und Communicationsmittel Zwischen den Inseln und dem Festlande zu sem und zugleich für Deutschland die Nothwendigkeit eine etwa dreifach überlegene Truppenzahl für eine Be- selMng der cimbrischen Halbinsel zu verwenden. Wenn der Seekrieg nicht '»ehr für Deutschland Blockade und Zerstörung des Privateigenthums zur Folge hat, andrerseits aber das dänische Festland von deutschen Truppen be- ^de ist. so ist damit schon an sich ein Zwangsmittel gegeben, welches im Stande ist, ein zufriedenstellendes Ende des Krieges herbeizuführen. Der Behn) einer überlegenen Kriegsflotte vermag aber anch noch in viel ^schorer und kräftigerer Weise durch eine Landung auf der Insel Seeland d>e Entscheidung zu dungen. Auf der Insel Seeland liegt in einem ausgezeichneten Sinne die dänische 47"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/381>, abgerufen am 24.08.2024.