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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Deutschland nicht wird ruhig zusehen können, bei denen für die Langmuth jeg¬
licher Vorwand ausgehen wird. Die Stimmung der deutschen Bevölkerungen
in dieser Frage ist in einem steten Steigen begriffen; einer allgemeinen und
energischen nationalen Ueberzeugung würden selbst widerwillige Regierungen
nur folgen, nicht widerstehen können. Dn von dänischer Seite an ein Nach¬
geben nicht zu denken ist, kann man mit voller Bestimmtheit voraussagen, das;
die Schleswig-holsteinische Frage bald zu einem Kriege zwischen Deutschland
und Dänemark führen wird. Ob derselbe isolirt dastehen oder das Anhängsel
eines größeren Krieges sein wird, hängt natürlich von Verhältnissen ab, die
sich gegenwärtig nicht voraussehen und nicht vorausbestimmen lassen.

Für alle Fälle ober ist die Frage: weiche Mittel für einen Krieg gegen
Dänemark zu Gebote stehen? schon jetzt ins Auge zu fassen, und diese Frage
ist, bei der Ueberlegenheit der deutschen Landmacht, keine andere als die, wie
dieselbe Ueberlegenheit zur See hergestellt werden kann? Diese militärische
Frage läßt sich nicht mit Hilfe der Politik umgehen. Die Politiker der Vor
aussetzungen. welche Alles sehr leicht erledigen, weil sie ihre Hoffnungen zum
Ausgangspunkt ihres Raisonnements machen, rechnen freilich auf die Allianz
mit einer Seemacht und beseitigen dadurch sehr leicht die Schwierigkeiten eines
dänijchen Krieges. Es ist offenbar, das" unter regelmäßigen Verhältnisse"
keine Aussicht aus eine solche Allianz vorhanden ist. Dänemark ist nur gegen
Deutschland offensiv. Welche europäische Macht würde sich dazu hergebe",
für Deutschland den mannmeu Theil der Vunbesexecutivn zu übernehmen?
Es gibt nicht nur physische, es gibt in der Politik auch moralische Unmöglich'
leiten. Man rechnet speciell aus die Wirkungen, welche die Idee einer skan¬
dinavischen Union in Ve" skandinavischen Volker" hervorbringen wird. Aber
diese Idee ist in jenen Bevölkerungen noch sehr in ihren Ansängen, zum Theil
noch in der Minorität, die Schleswig-holsteinische Frage aber drängt sich viel¬
leicht schon morgen auf und drängt zu einer baldigen Entscheidung.

Es gibt nur eiiuu Fall, in welchem die Seemacht eines anderen Staates
Deutschland zu Gebote stehen würde: den, wenn derselbe Deutschlands Hilfe
gegen eine Landmacht gebrauchen würde und man dieselbe deutscher Seits an'dn'
Bedingung einer Kooperation gegen Dänemark knüpfte. Indeß solche Fälle kön¬
nen lange Zeit ausbleibe", man darf auf dieselben um so weniger eine Nech-
nung bauen, als nicht nur die verschiedenartigsten Gegenwirkungen eintreten
können, sondern auch die Coopcrntion eines Bundesgenossen nie der eigene"
Thätigkeit gleich steht. Deutschland kann nur dann auf eine günstige Erle¬
digung der Schleswig-holsteinischen Frage rechnen, wenn es sich in den Stand
seht, sie selbständig und allein herbeizuführen. Eine fähige Leitung der aus¬
wärtigen Angelegenheiten wird sich daneben die Aufgabe zu stellen haben, die
Einmischung fremder Mächte entfernt zu halten.


Deutschland nicht wird ruhig zusehen können, bei denen für die Langmuth jeg¬
licher Vorwand ausgehen wird. Die Stimmung der deutschen Bevölkerungen
in dieser Frage ist in einem steten Steigen begriffen; einer allgemeinen und
energischen nationalen Ueberzeugung würden selbst widerwillige Regierungen
nur folgen, nicht widerstehen können. Dn von dänischer Seite an ein Nach¬
geben nicht zu denken ist, kann man mit voller Bestimmtheit voraussagen, das;
die Schleswig-holsteinische Frage bald zu einem Kriege zwischen Deutschland
und Dänemark führen wird. Ob derselbe isolirt dastehen oder das Anhängsel
eines größeren Krieges sein wird, hängt natürlich von Verhältnissen ab, die
sich gegenwärtig nicht voraussehen und nicht vorausbestimmen lassen.

Für alle Fälle ober ist die Frage: weiche Mittel für einen Krieg gegen
Dänemark zu Gebote stehen? schon jetzt ins Auge zu fassen, und diese Frage
ist, bei der Ueberlegenheit der deutschen Landmacht, keine andere als die, wie
dieselbe Ueberlegenheit zur See hergestellt werden kann? Diese militärische
Frage läßt sich nicht mit Hilfe der Politik umgehen. Die Politiker der Vor
aussetzungen. welche Alles sehr leicht erledigen, weil sie ihre Hoffnungen zum
Ausgangspunkt ihres Raisonnements machen, rechnen freilich auf die Allianz
mit einer Seemacht und beseitigen dadurch sehr leicht die Schwierigkeiten eines
dänijchen Krieges. Es ist offenbar, das« unter regelmäßigen Verhältnisse»
keine Aussicht aus eine solche Allianz vorhanden ist. Dänemark ist nur gegen
Deutschland offensiv. Welche europäische Macht würde sich dazu hergebe»,
für Deutschland den mannmeu Theil der Vunbesexecutivn zu übernehmen?
Es gibt nicht nur physische, es gibt in der Politik auch moralische Unmöglich'
leiten. Man rechnet speciell aus die Wirkungen, welche die Idee einer skan¬
dinavischen Union in Ve» skandinavischen Volker» hervorbringen wird. Aber
diese Idee ist in jenen Bevölkerungen noch sehr in ihren Ansängen, zum Theil
noch in der Minorität, die Schleswig-holsteinische Frage aber drängt sich viel¬
leicht schon morgen auf und drängt zu einer baldigen Entscheidung.

Es gibt nur eiiuu Fall, in welchem die Seemacht eines anderen Staates
Deutschland zu Gebote stehen würde: den, wenn derselbe Deutschlands Hilfe
gegen eine Landmacht gebrauchen würde und man dieselbe deutscher Seits an'dn'
Bedingung einer Kooperation gegen Dänemark knüpfte. Indeß solche Fälle kön¬
nen lange Zeit ausbleibe», man darf auf dieselben um so weniger eine Nech-
nung bauen, als nicht nur die verschiedenartigsten Gegenwirkungen eintreten
können, sondern auch die Coopcrntion eines Bundesgenossen nie der eigene»
Thätigkeit gleich steht. Deutschland kann nur dann auf eine günstige Erle¬
digung der Schleswig-holsteinischen Frage rechnen, wenn es sich in den Stand
seht, sie selbständig und allein herbeizuführen. Eine fähige Leitung der aus¬
wärtigen Angelegenheiten wird sich daneben die Aufgabe zu stellen haben, die
Einmischung fremder Mächte entfernt zu halten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/380>, abgerufen am 03.07.2024.