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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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gel, vielleicht ohne es selbst zu wissen, nach den Masttoppen wirst, unterbleibt,
.denn es ist stockfinster. Die gewöhnlichen Commnndvworte zur Abfahrt, die
zu folgen P'flegen, sind acht zu hören, nur in den Oefen der Maschine wird
etwas mehr geschürt.

Eine Stimme fragt: "Warum nicht abfahren?" "I,g, xostg. von 6 arii-
LiMori; bisv^ng. aspöttare;, 1e xrego avets x^tiLn^!" antwortet der
Capitain, und dabei lugt er über's Wasser hinaus, ob die Erwartete nicht in
Sicht ist.

Die Post war vor zwei Stunden schon mit dem Bahnzüge angekommen;
statt aber auf den Schienenweg,, welcher den Hafen mit dem Bahnhofe ver¬
bindet, nach jenem befördert zu werden, wird sie erst nach der Stadtpost ge¬
führt, wo sie natürlicher Weise die Feuerprobe von g.8xettg,rk und MionüS,
durchzugehen hat. .

Es ist schon über Mitternacht; und Schimpfen und "irvste xstikriW"
bilden Accorde zu den raffelnden Tönen des Gangspills, welches zuletzt in
Bewegung gesetzt worden ist.

Um ein Uhr ist das letzte Hinderniß beseitigt. Ein Boot, wie es scheint,
eine Staatsgvndel, liegt an der Treppe, und schwere Felleisen werden an Bord
gebracht. Ein Theil der Passagiere benutzt eifrig die Gelegenheit, die sich bie¬
tet, dem unschuldigen Postbeamten einige jener gediegenen Grobheiten zuzu-
schleudern. an denen das Italienische so ungemein reich ist. Die Schaufeln
der Räder sind aber schon in Bewegung, das Wort "^parti" donnert von
der Brücke, und ein langsames Läuten der Schiffsglocke zeigt die Abfahrt an.

Die nächtliche Abfahrt eines Dampfers aus einem großen, mit Schiffen
gefüllten Seehafen bietet immer, so zu sagen, einen geisterhaften Reiz. Die
Glocke läutet. Rundum ist tiefe Finsterniß, eher vermehrt als vermindert durch
die wenigen an Bord aufgehängten Laternen. Kein Gegenstand ist für das
hieran nicht gewöhnte Auge zu unterscheiden, und doch wiederholt sich das
Läuten in der Nähe und in der.Entfernung, rechts und links, und leuchtende
Kugeln schweben überall in die Höhe. Durch diese Töne und Lichtkugeln ge¬
leitet, schlängelt sich das Schiff langsam weiter durch die Nacht. Einige Mi¬
nuten sind verflossen, die Bewegungen sind jetzt frei und rasch. In dem ver¬
lassenen Hasen aber ist Alles wieder ruhig und in Dunkel gehüllt, wie vorher.

Das offene Meer ist erreicht. Oben ein schwarzblauer, von Sternen glän¬
zender Himmel, wie ihn nnr der Süden bietet, unten das Wasser, leuchtend
von tausend und abertausend bald aufblitzenden, bald verschwindenden, bald
um die Räder wieder auftauchenden Funken.

Zufall oder Neigung zum Schlaf führte mich hinunter in den Salon, die
dortigen Zustände aber trieben mich wieder aufs Hinterdeck.

Flüsternde Stimmen, Töne der Nacht, ließen sich hier und da vernehmen-


gel, vielleicht ohne es selbst zu wissen, nach den Masttoppen wirst, unterbleibt,
.denn es ist stockfinster. Die gewöhnlichen Commnndvworte zur Abfahrt, die
zu folgen P'flegen, sind acht zu hören, nur in den Oefen der Maschine wird
etwas mehr geschürt.

Eine Stimme fragt: „Warum nicht abfahren?" „I,g, xostg. von 6 arii-
LiMori; bisv^ng. aspöttare;, 1e xrego avets x^tiLn^!" antwortet der
Capitain, und dabei lugt er über's Wasser hinaus, ob die Erwartete nicht in
Sicht ist.

Die Post war vor zwei Stunden schon mit dem Bahnzüge angekommen;
statt aber auf den Schienenweg,, welcher den Hafen mit dem Bahnhofe ver¬
bindet, nach jenem befördert zu werden, wird sie erst nach der Stadtpost ge¬
führt, wo sie natürlicher Weise die Feuerprobe von g.8xettg,rk und MionüS,
durchzugehen hat. .

Es ist schon über Mitternacht; und Schimpfen und „irvste xstikriW"
bilden Accorde zu den raffelnden Tönen des Gangspills, welches zuletzt in
Bewegung gesetzt worden ist.

Um ein Uhr ist das letzte Hinderniß beseitigt. Ein Boot, wie es scheint,
eine Staatsgvndel, liegt an der Treppe, und schwere Felleisen werden an Bord
gebracht. Ein Theil der Passagiere benutzt eifrig die Gelegenheit, die sich bie¬
tet, dem unschuldigen Postbeamten einige jener gediegenen Grobheiten zuzu-
schleudern. an denen das Italienische so ungemein reich ist. Die Schaufeln
der Räder sind aber schon in Bewegung, das Wort „^parti" donnert von
der Brücke, und ein langsames Läuten der Schiffsglocke zeigt die Abfahrt an.

Die nächtliche Abfahrt eines Dampfers aus einem großen, mit Schiffen
gefüllten Seehafen bietet immer, so zu sagen, einen geisterhaften Reiz. Die
Glocke läutet. Rundum ist tiefe Finsterniß, eher vermehrt als vermindert durch
die wenigen an Bord aufgehängten Laternen. Kein Gegenstand ist für das
hieran nicht gewöhnte Auge zu unterscheiden, und doch wiederholt sich das
Läuten in der Nähe und in der.Entfernung, rechts und links, und leuchtende
Kugeln schweben überall in die Höhe. Durch diese Töne und Lichtkugeln ge¬
leitet, schlängelt sich das Schiff langsam weiter durch die Nacht. Einige Mi¬
nuten sind verflossen, die Bewegungen sind jetzt frei und rasch. In dem ver¬
lassenen Hasen aber ist Alles wieder ruhig und in Dunkel gehüllt, wie vorher.

Das offene Meer ist erreicht. Oben ein schwarzblauer, von Sternen glän¬
zender Himmel, wie ihn nnr der Süden bietet, unten das Wasser, leuchtend
von tausend und abertausend bald aufblitzenden, bald verschwindenden, bald
um die Räder wieder auftauchenden Funken.

Zufall oder Neigung zum Schlaf führte mich hinunter in den Salon, die
dortigen Zustände aber trieben mich wieder aufs Hinterdeck.

Flüsternde Stimmen, Töne der Nacht, ließen sich hier und da vernehmen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/266>, abgerufen am 22.07.2024.