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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Stückes, welche seine weit bequemer eingerichtete Bühne erlaubte, absieht, so er¬
staunt man über seine technische Weisheit auch im Arrangement der dramatischen
Momente, zumal in der ersten Hälfte seiner Dramen. Nur wird ein Anfänger
gut thun, sich hierin lieber die Deutschen zum Muster zu nehmen, z. B. Schiller
und Lessing, und für diesen Theil der Technik auch die bescheidenen Wirkun¬
gen Jffland's, der sein Handwerk vortrefflich versteht.


Gustav Freytag.


Aus Tirol.

Dreizehn volle Jahre wurde in den Sälen des Landhauses nicht mehr
getagt, und es wäre für die Ehre Tirols besser gewesen, noch dreizehn Jahre
keinen Landtag zu haben, als die Verhandlungen des letzten in seiner Ge¬
schichte aufgezeichnet zu sehen. Die Verhandlungen begannen am 5. April;
da sie sich mehr auf die innere Administration der Provinz bezogen, lassen
wir die Gegenstände derselben völlig unberührt, bis auf einen, wo Deutschland
vermöge des sechzehnten Artikels der deutschen Bundesacte ein Wort mitzu¬
reden hat. Er betrifft das Ansiedlungsrecht der Protestanten in Tirol. Sie
können einwerfen: diese ^"rage wird ja bereits durch das Patent vom 8. April
erledigt. Allerdings für Jeden, der da begreift, daß ein Gesetz, welches für
Alle gilt, auch sür ihn gelte. Anders fassen unsere Ultramontanen, welche stets
die treueste Ergebenheit gegen die Negierung heucheln, die Sache auf; für sie
gilt nur ein Gesetz, welches ihre selbstsüchtigen, lichtscheuen Zwecke fördert,
jedes andere betrachten sie als nicht vorhanden.

So hat es denn der Bischof von Brixen gewagt, folgenden Antrag zu
stellen und die Annahme desselben als Landesgesetz vorzuschlagen:

1. Das Recht der Öffentlichkeit der Religionsübung steht in Tirol nur
der katholischen Kirche zu.
2. Die Bildung nicht katholischer Gemeinden ist unzulässig.
3. Die nicht zur katholischen Kirche-sich Bekennenden erlangen die Er-
werbsfähigkeit unbeweglichen Vermögens nur auf Antrag des Landtages und
Bewilligung des Kaisers.

Die Behörden haben die Befolgung dieses Landcsgcsetzes von Amtswegen
zu überwachen.


Stückes, welche seine weit bequemer eingerichtete Bühne erlaubte, absieht, so er¬
staunt man über seine technische Weisheit auch im Arrangement der dramatischen
Momente, zumal in der ersten Hälfte seiner Dramen. Nur wird ein Anfänger
gut thun, sich hierin lieber die Deutschen zum Muster zu nehmen, z. B. Schiller
und Lessing, und für diesen Theil der Technik auch die bescheidenen Wirkun¬
gen Jffland's, der sein Handwerk vortrefflich versteht.


Gustav Freytag.


Aus Tirol.

Dreizehn volle Jahre wurde in den Sälen des Landhauses nicht mehr
getagt, und es wäre für die Ehre Tirols besser gewesen, noch dreizehn Jahre
keinen Landtag zu haben, als die Verhandlungen des letzten in seiner Ge¬
schichte aufgezeichnet zu sehen. Die Verhandlungen begannen am 5. April;
da sie sich mehr auf die innere Administration der Provinz bezogen, lassen
wir die Gegenstände derselben völlig unberührt, bis auf einen, wo Deutschland
vermöge des sechzehnten Artikels der deutschen Bundesacte ein Wort mitzu¬
reden hat. Er betrifft das Ansiedlungsrecht der Protestanten in Tirol. Sie
können einwerfen: diese ^»rage wird ja bereits durch das Patent vom 8. April
erledigt. Allerdings für Jeden, der da begreift, daß ein Gesetz, welches für
Alle gilt, auch sür ihn gelte. Anders fassen unsere Ultramontanen, welche stets
die treueste Ergebenheit gegen die Negierung heucheln, die Sache auf; für sie
gilt nur ein Gesetz, welches ihre selbstsüchtigen, lichtscheuen Zwecke fördert,
jedes andere betrachten sie als nicht vorhanden.

So hat es denn der Bischof von Brixen gewagt, folgenden Antrag zu
stellen und die Annahme desselben als Landesgesetz vorzuschlagen:

1. Das Recht der Öffentlichkeit der Religionsübung steht in Tirol nur
der katholischen Kirche zu.
2. Die Bildung nicht katholischer Gemeinden ist unzulässig.
3. Die nicht zur katholischen Kirche-sich Bekennenden erlangen die Er-
werbsfähigkeit unbeweglichen Vermögens nur auf Antrag des Landtages und
Bewilligung des Kaisers.

Die Behörden haben die Befolgung dieses Landcsgcsetzes von Amtswegen
zu überwachen.


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[0240] Stückes, welche seine weit bequemer eingerichtete Bühne erlaubte, absieht, so er¬ staunt man über seine technische Weisheit auch im Arrangement der dramatischen Momente, zumal in der ersten Hälfte seiner Dramen. Nur wird ein Anfänger gut thun, sich hierin lieber die Deutschen zum Muster zu nehmen, z. B. Schiller und Lessing, und für diesen Theil der Technik auch die bescheidenen Wirkun¬ gen Jffland's, der sein Handwerk vortrefflich versteht. Gustav Freytag. Aus Tirol. Dreizehn volle Jahre wurde in den Sälen des Landhauses nicht mehr getagt, und es wäre für die Ehre Tirols besser gewesen, noch dreizehn Jahre keinen Landtag zu haben, als die Verhandlungen des letzten in seiner Ge¬ schichte aufgezeichnet zu sehen. Die Verhandlungen begannen am 5. April; da sie sich mehr auf die innere Administration der Provinz bezogen, lassen wir die Gegenstände derselben völlig unberührt, bis auf einen, wo Deutschland vermöge des sechzehnten Artikels der deutschen Bundesacte ein Wort mitzu¬ reden hat. Er betrifft das Ansiedlungsrecht der Protestanten in Tirol. Sie können einwerfen: diese ^»rage wird ja bereits durch das Patent vom 8. April erledigt. Allerdings für Jeden, der da begreift, daß ein Gesetz, welches für Alle gilt, auch sür ihn gelte. Anders fassen unsere Ultramontanen, welche stets die treueste Ergebenheit gegen die Negierung heucheln, die Sache auf; für sie gilt nur ein Gesetz, welches ihre selbstsüchtigen, lichtscheuen Zwecke fördert, jedes andere betrachten sie als nicht vorhanden. So hat es denn der Bischof von Brixen gewagt, folgenden Antrag zu stellen und die Annahme desselben als Landesgesetz vorzuschlagen: 1. Das Recht der Öffentlichkeit der Religionsübung steht in Tirol nur der katholischen Kirche zu. 2. Die Bildung nicht katholischer Gemeinden ist unzulässig. 3. Die nicht zur katholischen Kirche-sich Bekennenden erlangen die Er- werbsfähigkeit unbeweglichen Vermögens nur auf Antrag des Landtages und Bewilligung des Kaisers. Die Behörden haben die Befolgung dieses Landcsgcsetzes von Amtswegen zu überwachen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/240>, abgerufen am 24.08.2024.