Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Throns, des Volks und selbst des Heeres nicht zu bald der Abschied gegeben
werden. Ich würde ferner darauf sinnen, eine Einrichtung der Frauzosen
nachzubilden, welcher ein wesentlich richtiger militärischer Gedanke zu Grunde
liegt, ich meine die Einrichtung, nach der jedes Bataillon aus einer Volti-
geur-. einer Grenadier- und vier Compagnien an ventre besteht. Die
Voltigeure sollen das bewegliche und intelligente Element, die Grenadiere
die Elite in Führung und Tapferkeit bilden. das Centrum soll die Masse
sein, welche dem Beispiele jener zu folgen hat. Es ist eine Auszeich¬
nung, aus den Compagnien des Centrums in die Völligem- oder in die Gre¬
nadier-Compagnie zu kommen, eine Einrichtung, welche den in militärischen
Dingen so Vieles leistenden Antrieb des Ehrgeizes bis in die untersten Re¬
gionen trägt. Ob es gut ist. diese Trennung schon in das Bataillon hinein
zu tragen oder nur leichte und Grenadicrbataillone zu haben, bleibt für mich
eine offene Frage, über die man die unteren Regionen der militärischen Hie¬
rarchie zu Rathe ziehen müßte.

Um mich der Neubildung der preußischen Armee mit meinen Einrich¬
tungen möglichst eng anzuschließen, würde ich das erste Bataillon nur auf ein
^adre mit der vollen Puma-Plana. bestimmt, die Landwehrleute in sich auf¬
zunehmen, setzen. Die Reservezeit für die beiden anderen Bataillone müßte dann
etwa um zwei Jahre verlängert werden. Die große Ersparnis) aber, welche
einträte, wenn alle ersten Bataillone der 72 Regimenter auf Cadres gesetzt
würden, gäbe reichlich die Mittel, die Jügerbataillone zu vermehren. Von
der Kavallerie spreche ich nicht. Sie verlangt freilich eine andere Behandlung,
da sie ganz andere Anforderungen zu erfüllen hat. Sie ist aber durch den
Zustand der heutige" Armeen gar sehr in die Classe einer Nebenwaffe zurück¬
gedrängt, bei der es immer fraglicher wird, bis zu welchem Grade ihr Nutzen
den ungeheuern Aufwand rechtfertigt, welchen sie beansprucht. Nur eines steht
für mich fest: daß, wenn sie sich wieder zu der Bedeutung erheben soll, auf
der sie einst stand, dies nur durch eine ganz andere Art von Reiterei und Tak¬
tik geschehen kann, als in der sie jetzt geübt wird. Kein Wunder, daß die
Kavallerie so sehr an ihrer Bedeutung verloren hat. wenn wir sehen, daß sie
seit den Zeiten der Seidlitze und Zieten sast nur Rückschritte gemacht hat. wäh¬
rend die anderen Waffen Riesenschritte nach vorwärts gethan haben. Jene
andere Art des Reitens und der Taktik kann aber nur eine solche sein, welche es
zur Aufgabe stellt, weite Räume und schwieriges Terrain in größter
Schnelligkeit und in Massen zu durchschreiten, und diese Aufgabe wieder ver¬
engt vor allen Dingen gute Pferde und mehr Terrain-, als Bahnreiterei.
Die Cavallerie muß lernen, nach Art der Spahis in großen Haufen und in
loser Ordnung über weite Strecken mit nicht zu großen Hindernissen im Ma¬
rgen Jagdgange hinweureitcn, damit man sie am Tage der Schlacht und


Grenzboten II. 1861,

Throns, des Volks und selbst des Heeres nicht zu bald der Abschied gegeben
werden. Ich würde ferner darauf sinnen, eine Einrichtung der Frauzosen
nachzubilden, welcher ein wesentlich richtiger militärischer Gedanke zu Grunde
liegt, ich meine die Einrichtung, nach der jedes Bataillon aus einer Volti-
geur-. einer Grenadier- und vier Compagnien an ventre besteht. Die
Voltigeure sollen das bewegliche und intelligente Element, die Grenadiere
die Elite in Führung und Tapferkeit bilden. das Centrum soll die Masse
sein, welche dem Beispiele jener zu folgen hat. Es ist eine Auszeich¬
nung, aus den Compagnien des Centrums in die Völligem- oder in die Gre¬
nadier-Compagnie zu kommen, eine Einrichtung, welche den in militärischen
Dingen so Vieles leistenden Antrieb des Ehrgeizes bis in die untersten Re¬
gionen trägt. Ob es gut ist. diese Trennung schon in das Bataillon hinein
zu tragen oder nur leichte und Grenadicrbataillone zu haben, bleibt für mich
eine offene Frage, über die man die unteren Regionen der militärischen Hie¬
rarchie zu Rathe ziehen müßte.

Um mich der Neubildung der preußischen Armee mit meinen Einrich¬
tungen möglichst eng anzuschließen, würde ich das erste Bataillon nur auf ein
^adre mit der vollen Puma-Plana. bestimmt, die Landwehrleute in sich auf¬
zunehmen, setzen. Die Reservezeit für die beiden anderen Bataillone müßte dann
etwa um zwei Jahre verlängert werden. Die große Ersparnis) aber, welche
einträte, wenn alle ersten Bataillone der 72 Regimenter auf Cadres gesetzt
würden, gäbe reichlich die Mittel, die Jügerbataillone zu vermehren. Von
der Kavallerie spreche ich nicht. Sie verlangt freilich eine andere Behandlung,
da sie ganz andere Anforderungen zu erfüllen hat. Sie ist aber durch den
Zustand der heutige« Armeen gar sehr in die Classe einer Nebenwaffe zurück¬
gedrängt, bei der es immer fraglicher wird, bis zu welchem Grade ihr Nutzen
den ungeheuern Aufwand rechtfertigt, welchen sie beansprucht. Nur eines steht
für mich fest: daß, wenn sie sich wieder zu der Bedeutung erheben soll, auf
der sie einst stand, dies nur durch eine ganz andere Art von Reiterei und Tak¬
tik geschehen kann, als in der sie jetzt geübt wird. Kein Wunder, daß die
Kavallerie so sehr an ihrer Bedeutung verloren hat. wenn wir sehen, daß sie
seit den Zeiten der Seidlitze und Zieten sast nur Rückschritte gemacht hat. wäh¬
rend die anderen Waffen Riesenschritte nach vorwärts gethan haben. Jene
andere Art des Reitens und der Taktik kann aber nur eine solche sein, welche es
zur Aufgabe stellt, weite Räume und schwieriges Terrain in größter
Schnelligkeit und in Massen zu durchschreiten, und diese Aufgabe wieder ver¬
engt vor allen Dingen gute Pferde und mehr Terrain-, als Bahnreiterei.
Die Cavallerie muß lernen, nach Art der Spahis in großen Haufen und in
loser Ordnung über weite Strecken mit nicht zu großen Hindernissen im Ma¬
rgen Jagdgange hinweureitcn, damit man sie am Tage der Schlacht und


Grenzboten II. 1861,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111659"/>
          <p xml:id="ID_694" prev="#ID_693"> Throns, des Volks und selbst des Heeres nicht zu bald der Abschied gegeben<lb/>
werden. Ich würde ferner darauf sinnen, eine Einrichtung der Frauzosen<lb/>
nachzubilden, welcher ein wesentlich richtiger militärischer Gedanke zu Grunde<lb/>
liegt, ich meine die Einrichtung, nach der jedes Bataillon aus einer Volti-<lb/>
geur-. einer Grenadier- und vier Compagnien an ventre besteht. Die<lb/>
Voltigeure sollen das bewegliche und intelligente Element, die Grenadiere<lb/>
die Elite in Führung und Tapferkeit bilden. das Centrum soll die Masse<lb/>
sein, welche dem Beispiele jener zu folgen hat. Es ist eine Auszeich¬<lb/>
nung, aus den Compagnien des Centrums in die Völligem- oder in die Gre¬<lb/>
nadier-Compagnie zu kommen, eine Einrichtung, welche den in militärischen<lb/>
Dingen so Vieles leistenden Antrieb des Ehrgeizes bis in die untersten Re¬<lb/>
gionen trägt. Ob es gut ist. diese Trennung schon in das Bataillon hinein<lb/>
zu tragen oder nur leichte und Grenadicrbataillone zu haben, bleibt für mich<lb/>
eine offene Frage, über die man die unteren Regionen der militärischen Hie¬<lb/>
rarchie zu Rathe ziehen müßte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_695" next="#ID_696"> Um mich der Neubildung der preußischen Armee mit meinen Einrich¬<lb/>
tungen möglichst eng anzuschließen, würde ich das erste Bataillon nur auf ein<lb/>
^adre mit der vollen Puma-Plana. bestimmt, die Landwehrleute in sich auf¬<lb/>
zunehmen, setzen. Die Reservezeit für die beiden anderen Bataillone müßte dann<lb/>
etwa um zwei Jahre verlängert werden. Die große Ersparnis) aber, welche<lb/>
einträte, wenn alle ersten Bataillone der 72 Regimenter auf Cadres gesetzt<lb/>
würden, gäbe reichlich die Mittel, die Jügerbataillone zu vermehren. Von<lb/>
der Kavallerie spreche ich nicht. Sie verlangt freilich eine andere Behandlung,<lb/>
da sie ganz andere Anforderungen zu erfüllen hat. Sie ist aber durch den<lb/>
Zustand der heutige« Armeen gar sehr in die Classe einer Nebenwaffe zurück¬<lb/>
gedrängt, bei der es immer fraglicher wird, bis zu welchem Grade ihr Nutzen<lb/>
den ungeheuern Aufwand rechtfertigt, welchen sie beansprucht. Nur eines steht<lb/>
für mich fest: daß, wenn sie sich wieder zu der Bedeutung erheben soll, auf<lb/>
der sie einst stand, dies nur durch eine ganz andere Art von Reiterei und Tak¬<lb/>
tik geschehen kann, als in der sie jetzt geübt wird. Kein Wunder, daß die<lb/>
Kavallerie so sehr an ihrer Bedeutung verloren hat. wenn wir sehen, daß sie<lb/>
seit den Zeiten der Seidlitze und Zieten sast nur Rückschritte gemacht hat. wäh¬<lb/>
rend die anderen Waffen Riesenschritte nach vorwärts gethan haben. Jene<lb/>
andere Art des Reitens und der Taktik kann aber nur eine solche sein, welche es<lb/>
zur Aufgabe stellt, weite Räume und schwieriges Terrain in größter<lb/>
Schnelligkeit und in Massen zu durchschreiten, und diese Aufgabe wieder ver¬<lb/>
engt vor allen Dingen gute Pferde und mehr Terrain-, als Bahnreiterei.<lb/>
Die Cavallerie muß lernen, nach Art der Spahis in großen Haufen und in<lb/>
loser Ordnung über weite Strecken mit nicht zu großen Hindernissen im Ma¬<lb/>
rgen Jagdgange hinweureitcn, damit man sie am Tage der Schlacht und</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1861,</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0227] Throns, des Volks und selbst des Heeres nicht zu bald der Abschied gegeben werden. Ich würde ferner darauf sinnen, eine Einrichtung der Frauzosen nachzubilden, welcher ein wesentlich richtiger militärischer Gedanke zu Grunde liegt, ich meine die Einrichtung, nach der jedes Bataillon aus einer Volti- geur-. einer Grenadier- und vier Compagnien an ventre besteht. Die Voltigeure sollen das bewegliche und intelligente Element, die Grenadiere die Elite in Führung und Tapferkeit bilden. das Centrum soll die Masse sein, welche dem Beispiele jener zu folgen hat. Es ist eine Auszeich¬ nung, aus den Compagnien des Centrums in die Völligem- oder in die Gre¬ nadier-Compagnie zu kommen, eine Einrichtung, welche den in militärischen Dingen so Vieles leistenden Antrieb des Ehrgeizes bis in die untersten Re¬ gionen trägt. Ob es gut ist. diese Trennung schon in das Bataillon hinein zu tragen oder nur leichte und Grenadicrbataillone zu haben, bleibt für mich eine offene Frage, über die man die unteren Regionen der militärischen Hie¬ rarchie zu Rathe ziehen müßte. Um mich der Neubildung der preußischen Armee mit meinen Einrich¬ tungen möglichst eng anzuschließen, würde ich das erste Bataillon nur auf ein ^adre mit der vollen Puma-Plana. bestimmt, die Landwehrleute in sich auf¬ zunehmen, setzen. Die Reservezeit für die beiden anderen Bataillone müßte dann etwa um zwei Jahre verlängert werden. Die große Ersparnis) aber, welche einträte, wenn alle ersten Bataillone der 72 Regimenter auf Cadres gesetzt würden, gäbe reichlich die Mittel, die Jügerbataillone zu vermehren. Von der Kavallerie spreche ich nicht. Sie verlangt freilich eine andere Behandlung, da sie ganz andere Anforderungen zu erfüllen hat. Sie ist aber durch den Zustand der heutige« Armeen gar sehr in die Classe einer Nebenwaffe zurück¬ gedrängt, bei der es immer fraglicher wird, bis zu welchem Grade ihr Nutzen den ungeheuern Aufwand rechtfertigt, welchen sie beansprucht. Nur eines steht für mich fest: daß, wenn sie sich wieder zu der Bedeutung erheben soll, auf der sie einst stand, dies nur durch eine ganz andere Art von Reiterei und Tak¬ tik geschehen kann, als in der sie jetzt geübt wird. Kein Wunder, daß die Kavallerie so sehr an ihrer Bedeutung verloren hat. wenn wir sehen, daß sie seit den Zeiten der Seidlitze und Zieten sast nur Rückschritte gemacht hat. wäh¬ rend die anderen Waffen Riesenschritte nach vorwärts gethan haben. Jene andere Art des Reitens und der Taktik kann aber nur eine solche sein, welche es zur Aufgabe stellt, weite Räume und schwieriges Terrain in größter Schnelligkeit und in Massen zu durchschreiten, und diese Aufgabe wieder ver¬ engt vor allen Dingen gute Pferde und mehr Terrain-, als Bahnreiterei. Die Cavallerie muß lernen, nach Art der Spahis in großen Haufen und in loser Ordnung über weite Strecken mit nicht zu großen Hindernissen im Ma¬ rgen Jagdgange hinweureitcn, damit man sie am Tage der Schlacht und Grenzboten II. 1861,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/227
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/227>, abgerufen am 02.07.2024.