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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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wie sie nun durch die so weit geführte Umbildung und Neubildung geworden
sind, so werden Sie nach dem Gesagten leicht errathen, worauf sie hinausgehen
würden, um die militärischen, bürgerlichen und die finanziellen Bedürfnisse die
alle gleich wichtig sind, auf gleiche Weise zu berücksichtigen. Ich würde zu¬
nächst die Dienstzeit bei der Infanterie in der Regel auf zwei Sommer- und
ein Wintersemester festsetzen, (wie es ja schon in vielen unserer deutschen klei¬
neren Heerabtheilungen geschehen ist), indem ich, wenn sonst alles Andere gleich
wäre, nicht glauben könnte, die Truppen würden deshalb weniger leisten, als
solche, wo die Mannschaften drei Jahre gedient haben. Ich würde so im
Winter einen sehr schwachen, im Sommer einen doppelt so starken und vier
Wochen im Herbst einen dreifach so starken Stand haben. Im Winter also
z. B. 200, im Sommer 400 und im Herbst 600 Gemeine. Mein Kriegsstand
würde 700 Gemeine per Bataillon nicht übersteigen, da ich die jetzt fast in allen
Armeen durchgeführte Stellung in zwei Gliedern gleichfalls annehmen würde.
Die P?ima-Plana aber würde ich beständig vollzählig halten: nur drei Offi¬
ziere per Compagnie, aber ebenso drei Feldwebel, um den bessern Unterofsizier-
stand mehr zur niedern Führung heranzuziehen. Ich würde ferner die größte
Anstrengung machen, mir ein tüchtig ausgebildetes Unterossiziercorps zu schaffen.
Preußen kann nicht die Stellvertretung einführen, das würde, wie nur scheint,
einen ungemein wichtigen Nerv seiner militärischen Kraft geradezu durchschneiden.
Aber man konnte jedem Unteroffizier, der länger dient, außer der Aussicht auf eine
Anstellung im Civildienst noch für jedes Jahr, welches er über 10 Jahre im
Heer verbleibt, eine kleine Summe jährlich bieten, die ihm beim Austreten,
ausgezahlt würde. Wären das jährlich 1,00 Thlr., so erwürbe einer mit 20
Jahren Dienstzeit ein für seine Verhältnisse sehr anlockendes Capital und das
würde eine große Menge Leute bewegen fortzndiencn.*) Man erhielte so alle
Bordseite des Cinsteherweftms ohne seine Nachtheile, und der höchste Aufwand
dafür, der überdem erst nach 10 Jahren einträte, würde bei der großen preu¬
ßischen Armee nicht eine halbe Million jährlich überschreiten, also etwa el"
und ein viertel Procent des jetzt verlangten Budgets.

Ich würde demnächst die Garde aus das zurückführen, was sie sein sollte,
auf eine Leibwache des Königs, obschon sie auch als solche in den heutigen
Verhältnissen keinen rechten Sinn haben würde. Jeder gute Bürger ist eine
Leibwache seines Königs und jede Truppe eine Garde. Aber jener exclusive
Geist, der die verderbliche Trennung zwischen Volk und Heer erzeugt und
nährt, hat seinen Hauptsitz in dem Gardewesen und dem kann zum Heile des



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*) Der Herr Verfasser scheint anzunehmen, daß ein Aufrücken von Unteroffizieren Z"
Offizieren in größerem Maßstab und unter günstigeren Bedingungen als bisher nicht praktisch
wäre rren,
D, Red. . In diesem Falle würden wir von ihm abweichen und, wenn wir nicht i dabei
eine militärische Autorität wie Willisen für uns haben.

wie sie nun durch die so weit geführte Umbildung und Neubildung geworden
sind, so werden Sie nach dem Gesagten leicht errathen, worauf sie hinausgehen
würden, um die militärischen, bürgerlichen und die finanziellen Bedürfnisse die
alle gleich wichtig sind, auf gleiche Weise zu berücksichtigen. Ich würde zu¬
nächst die Dienstzeit bei der Infanterie in der Regel auf zwei Sommer- und
ein Wintersemester festsetzen, (wie es ja schon in vielen unserer deutschen klei¬
neren Heerabtheilungen geschehen ist), indem ich, wenn sonst alles Andere gleich
wäre, nicht glauben könnte, die Truppen würden deshalb weniger leisten, als
solche, wo die Mannschaften drei Jahre gedient haben. Ich würde so im
Winter einen sehr schwachen, im Sommer einen doppelt so starken und vier
Wochen im Herbst einen dreifach so starken Stand haben. Im Winter also
z. B. 200, im Sommer 400 und im Herbst 600 Gemeine. Mein Kriegsstand
würde 700 Gemeine per Bataillon nicht übersteigen, da ich die jetzt fast in allen
Armeen durchgeführte Stellung in zwei Gliedern gleichfalls annehmen würde.
Die P?ima-Plana aber würde ich beständig vollzählig halten: nur drei Offi¬
ziere per Compagnie, aber ebenso drei Feldwebel, um den bessern Unterofsizier-
stand mehr zur niedern Führung heranzuziehen. Ich würde ferner die größte
Anstrengung machen, mir ein tüchtig ausgebildetes Unterossiziercorps zu schaffen.
Preußen kann nicht die Stellvertretung einführen, das würde, wie nur scheint,
einen ungemein wichtigen Nerv seiner militärischen Kraft geradezu durchschneiden.
Aber man konnte jedem Unteroffizier, der länger dient, außer der Aussicht auf eine
Anstellung im Civildienst noch für jedes Jahr, welches er über 10 Jahre im
Heer verbleibt, eine kleine Summe jährlich bieten, die ihm beim Austreten,
ausgezahlt würde. Wären das jährlich 1,00 Thlr., so erwürbe einer mit 20
Jahren Dienstzeit ein für seine Verhältnisse sehr anlockendes Capital und das
würde eine große Menge Leute bewegen fortzndiencn.*) Man erhielte so alle
Bordseite des Cinsteherweftms ohne seine Nachtheile, und der höchste Aufwand
dafür, der überdem erst nach 10 Jahren einträte, würde bei der großen preu¬
ßischen Armee nicht eine halbe Million jährlich überschreiten, also etwa el»
und ein viertel Procent des jetzt verlangten Budgets.

Ich würde demnächst die Garde aus das zurückführen, was sie sein sollte,
auf eine Leibwache des Königs, obschon sie auch als solche in den heutigen
Verhältnissen keinen rechten Sinn haben würde. Jeder gute Bürger ist eine
Leibwache seines Königs und jede Truppe eine Garde. Aber jener exclusive
Geist, der die verderbliche Trennung zwischen Volk und Heer erzeugt und
nährt, hat seinen Hauptsitz in dem Gardewesen und dem kann zum Heile des



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*) Der Herr Verfasser scheint anzunehmen, daß ein Aufrücken von Unteroffizieren Z"
Offizieren in größerem Maßstab und unter günstigeren Bedingungen als bisher nicht praktisch
wäre rren,
D, Red. . In diesem Falle würden wir von ihm abweichen und, wenn wir nicht i dabei
eine militärische Autorität wie Willisen für uns haben.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/226>, abgerufen am 24.08.2024.