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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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55 nicht vielmehr in ihrer ungeschickten Führung von Anfang bis zu Ende
in ihrer ungeschickten, angedrilltcn Massentaktik. in den ungebildeten Offizier-
nnd Unteroffizier-Corps zu suchen und zum Theil auch, wie an der Alma. in
der numerischen Überlegenheit und in der bessern Bewaffnung der Gegner?
Bei Magenta und Solferino aber, ist es da etwa die Überlegenheit der Ein¬
zelnen gewesen, welche den Franzosen und Italienern den Sieg gegeben, over
war es nicht vielmehr das klägliche Ungeschick der östreichischen Führung,
welche es verstanden hat, bei Magenta mit drei und einem halben Armeecorps zu
schlagen, statt mit sieben, wie sie konnte', bei Solferino aber sich überraschen und
ohne Führung (die nicht einmal zur Stelle war), einzeln schlagen ließ, statt, wie e>>
die Einleitung sehr gut möglich machte, und wie es im ganzen Plan und in der
plötzlichen Rückkehr über den Mincio zu liegen schien, den Feind zu überrasche"
und einzeln niederzuwerfen? Beide Schlachten haben nicht die östreichischen
Truppen. so bedenkliche und schwache Elemente sie auch enthielten, verloren,
sondern die östreichischen Generale, die es nicht verstanden, die Kräfte, die sie
besaßen, auf das Schlachtfeld zu bringen, wie Giulay bei Magenta, oder tue
sie auf dem Schlachtfelde hatten, nicht zu gebrauchen wußten, wie Wimpfen
bei Solferino, der den ganzen Morgen mit drei Corps den einzigen Niet nicht
zu erdrücken wußte. Sichere man die deutschen und preußische" Truppen gegen
ähnliche Fehler, führe man sie nicht vereinzelt gegen einen überlegenen Feind,
sorge man dafür, daß die Führer zweiter und dritter Ordnung ihre Truppen
mit dem eigenen Beispiele muthig an den Feind bringen, daß sie, wo es darauf
ankommt, an ihrer Spitze fest und unerschütterlich Stand halten; schaffe man
une reichliche, gute Verpflegung, einen gut organisirten Nachschub, was beides
durch die Eisenbahnen jetzt so unermeßlich erleichtert ist, und der Sieg wird
^'sichert sein. Der Soldat wird es dann an sich nicht fehlen lassen. Der
deutsche Muth ist unter sonst gleichen Verhältnissen dem wälschen immer über¬
legen gewesen. Unsere Fäuste und Arme sind starker, unsere Ausdauer, be¬
sonders in schlimmen Tagen, ist größer, der Sinn für die unerläßliche Noth¬
wendigkeit strenger Mannszucht lebendiger als drüben. Die Leute mit ein und el"
bald- und zweijähriger Dienstzeit, die zu Männern geworden sind, was die Haupt¬
sache ist. werden nun in der Fülle ihrer Kraft das Beste leisten, was man
fordern kann, mehr wie die unreifen und halbreifen Burschen, aus denen nach
der neuen Einrichtung unsere Regimenter zum größten Theile bestehen werden.

Nach allem Diesen scheint nur vor Allem nöthig, an eine Einrichtung zu
denken, die älteren Leute wieder für den Felddienst zu gewinnen, entweder
dadurch, daß man die sogenannten Reservejahre,bis zum 28. mindesten? aus-
d°but, oder daß man der' Landwehr die Mittel gebe, eine tüchtige Feldtruppe
6" bilden, was freilich nur geschehen kann, wenn sie mit guter Führung ver-
wird. Hätte ich Vorschläge für die preußischen Zustände zu machen,


55 nicht vielmehr in ihrer ungeschickten Führung von Anfang bis zu Ende
in ihrer ungeschickten, angedrilltcn Massentaktik. in den ungebildeten Offizier-
nnd Unteroffizier-Corps zu suchen und zum Theil auch, wie an der Alma. in
der numerischen Überlegenheit und in der bessern Bewaffnung der Gegner?
Bei Magenta und Solferino aber, ist es da etwa die Überlegenheit der Ein¬
zelnen gewesen, welche den Franzosen und Italienern den Sieg gegeben, over
war es nicht vielmehr das klägliche Ungeschick der östreichischen Führung,
welche es verstanden hat, bei Magenta mit drei und einem halben Armeecorps zu
schlagen, statt mit sieben, wie sie konnte', bei Solferino aber sich überraschen und
ohne Führung (die nicht einmal zur Stelle war), einzeln schlagen ließ, statt, wie e>>
die Einleitung sehr gut möglich machte, und wie es im ganzen Plan und in der
plötzlichen Rückkehr über den Mincio zu liegen schien, den Feind zu überrasche»
und einzeln niederzuwerfen? Beide Schlachten haben nicht die östreichischen
Truppen. so bedenkliche und schwache Elemente sie auch enthielten, verloren,
sondern die östreichischen Generale, die es nicht verstanden, die Kräfte, die sie
besaßen, auf das Schlachtfeld zu bringen, wie Giulay bei Magenta, oder tue
sie auf dem Schlachtfelde hatten, nicht zu gebrauchen wußten, wie Wimpfen
bei Solferino, der den ganzen Morgen mit drei Corps den einzigen Niet nicht
zu erdrücken wußte. Sichere man die deutschen und preußische» Truppen gegen
ähnliche Fehler, führe man sie nicht vereinzelt gegen einen überlegenen Feind,
sorge man dafür, daß die Führer zweiter und dritter Ordnung ihre Truppen
mit dem eigenen Beispiele muthig an den Feind bringen, daß sie, wo es darauf
ankommt, an ihrer Spitze fest und unerschütterlich Stand halten; schaffe man
une reichliche, gute Verpflegung, einen gut organisirten Nachschub, was beides
durch die Eisenbahnen jetzt so unermeßlich erleichtert ist, und der Sieg wird
^'sichert sein. Der Soldat wird es dann an sich nicht fehlen lassen. Der
deutsche Muth ist unter sonst gleichen Verhältnissen dem wälschen immer über¬
legen gewesen. Unsere Fäuste und Arme sind starker, unsere Ausdauer, be¬
sonders in schlimmen Tagen, ist größer, der Sinn für die unerläßliche Noth¬
wendigkeit strenger Mannszucht lebendiger als drüben. Die Leute mit ein und el»
bald- und zweijähriger Dienstzeit, die zu Männern geworden sind, was die Haupt¬
sache ist. werden nun in der Fülle ihrer Kraft das Beste leisten, was man
fordern kann, mehr wie die unreifen und halbreifen Burschen, aus denen nach
der neuen Einrichtung unsere Regimenter zum größten Theile bestehen werden.

Nach allem Diesen scheint nur vor Allem nöthig, an eine Einrichtung zu
denken, die älteren Leute wieder für den Felddienst zu gewinnen, entweder
dadurch, daß man die sogenannten Reservejahre,bis zum 28. mindesten? aus-
d°but, oder daß man der' Landwehr die Mittel gebe, eine tüchtige Feldtruppe
6" bilden, was freilich nur geschehen kann, wenn sie mit guter Führung ver-
wird. Hätte ich Vorschläge für die preußischen Zustände zu machen,


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[0225] 55 nicht vielmehr in ihrer ungeschickten Führung von Anfang bis zu Ende in ihrer ungeschickten, angedrilltcn Massentaktik. in den ungebildeten Offizier- nnd Unteroffizier-Corps zu suchen und zum Theil auch, wie an der Alma. in der numerischen Überlegenheit und in der bessern Bewaffnung der Gegner? Bei Magenta und Solferino aber, ist es da etwa die Überlegenheit der Ein¬ zelnen gewesen, welche den Franzosen und Italienern den Sieg gegeben, over war es nicht vielmehr das klägliche Ungeschick der östreichischen Führung, welche es verstanden hat, bei Magenta mit drei und einem halben Armeecorps zu schlagen, statt mit sieben, wie sie konnte', bei Solferino aber sich überraschen und ohne Führung (die nicht einmal zur Stelle war), einzeln schlagen ließ, statt, wie e>> die Einleitung sehr gut möglich machte, und wie es im ganzen Plan und in der plötzlichen Rückkehr über den Mincio zu liegen schien, den Feind zu überrasche» und einzeln niederzuwerfen? Beide Schlachten haben nicht die östreichischen Truppen. so bedenkliche und schwache Elemente sie auch enthielten, verloren, sondern die östreichischen Generale, die es nicht verstanden, die Kräfte, die sie besaßen, auf das Schlachtfeld zu bringen, wie Giulay bei Magenta, oder tue sie auf dem Schlachtfelde hatten, nicht zu gebrauchen wußten, wie Wimpfen bei Solferino, der den ganzen Morgen mit drei Corps den einzigen Niet nicht zu erdrücken wußte. Sichere man die deutschen und preußische» Truppen gegen ähnliche Fehler, führe man sie nicht vereinzelt gegen einen überlegenen Feind, sorge man dafür, daß die Führer zweiter und dritter Ordnung ihre Truppen mit dem eigenen Beispiele muthig an den Feind bringen, daß sie, wo es darauf ankommt, an ihrer Spitze fest und unerschütterlich Stand halten; schaffe man une reichliche, gute Verpflegung, einen gut organisirten Nachschub, was beides durch die Eisenbahnen jetzt so unermeßlich erleichtert ist, und der Sieg wird ^'sichert sein. Der Soldat wird es dann an sich nicht fehlen lassen. Der deutsche Muth ist unter sonst gleichen Verhältnissen dem wälschen immer über¬ legen gewesen. Unsere Fäuste und Arme sind starker, unsere Ausdauer, be¬ sonders in schlimmen Tagen, ist größer, der Sinn für die unerläßliche Noth¬ wendigkeit strenger Mannszucht lebendiger als drüben. Die Leute mit ein und el» bald- und zweijähriger Dienstzeit, die zu Männern geworden sind, was die Haupt¬ sache ist. werden nun in der Fülle ihrer Kraft das Beste leisten, was man fordern kann, mehr wie die unreifen und halbreifen Burschen, aus denen nach der neuen Einrichtung unsere Regimenter zum größten Theile bestehen werden. Nach allem Diesen scheint nur vor Allem nöthig, an eine Einrichtung zu denken, die älteren Leute wieder für den Felddienst zu gewinnen, entweder dadurch, daß man die sogenannten Reservejahre,bis zum 28. mindesten? aus- d°but, oder daß man der' Landwehr die Mittel gebe, eine tüchtige Feldtruppe 6" bilden, was freilich nur geschehen kann, wenn sie mit guter Führung ver- wird. Hätte ich Vorschläge für die preußischen Zustände zu machen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/225>, abgerufen am 22.07.2024.