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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Länder werden, und dieses Einzige alle andern bereits bestehenden aus¬
schließen und vor dem Entstehen neuer Einzelgesetze behüten.

Ueberschauen wir nun die einzelnen'Gaben des Entwurfes, welche er dem
deutschen Volke bieten möchte, so drängt sich uns noch die Frage auf: in wel¬
chem Verhältnisse er als ein Gesetz betrachtet, zu dem Rechte in Tschi stehe?
Schon, unser oben erhobener Widerspruch gegen das Uebersetzungsrecht oder
deutlicher gegen das Verbot des freien Uebersetzungsrechtes und gegen die Be¬
schränkung des Schutzes auf eim bestimmte Dauer veranlaßt zu dem Beden¬
ken, ob er eines Theils Alles aufgenommen habe, was man verlangt und an¬
dern Theils nicht Sätze aufstelle, welche ähnlicher Weise angefochten werden
können, als die zwei genannten. Letzteres müssen wir von unserm Gesichts¬
punkt aus allerdings verneinen.

Was dagegen die Frage nach denjenigen Bestimmungen, deren Aufnahme
in die Gesetze von vielen Seiten gewünscht worden ist, ja welche nach dem
gegenwärtigen Standpunkt der Wissenschaft und Rechtsüberzeugung nicht seh- ,
im durften, anlangt, so dürfen wir anerkennend hervorheben, daß wesentliche
Zugeständnisse gemacht worden sind. Daß nach dem Entwürfe den Sachver"
ständigen eine den Richter bindende Macht für ihr Gutachten zugetheilt wurde,
ist oben bereits berichtet und als nothwendig bezeichnet worden. Man hat
aber auch noch mehr gethan, indem man einestheils wenigstens für die Mu-
sikalien das s. g. getheilte Eigenthum anerkannte; andern Theils den Nachdruck
von Abbildungen und Abzeichnuugen verbot, welcher in der Piloty-Löhleschen
Streitsache von allen Gerichtshöfen Sachsens autorisire worden ist Nach
der Auslegung, welche das sächsische Gesetz nunmehr erhalten hat, kann jeder
eine Lithographie oder einen Kupferstich nachdrucken, welchen der Künstler nach
einem Kunstwerke, dessen Urheber die Erlaubniß zum Vervielfältigen oder Nach¬
bilden nicht mehr geben kann, also folgerichtig auch, welchen der Künstler nach
der Natur aufgenommen hat, weil eine Gegend auch kein ausschließliches Ver¬
vielfältigungsrecht ertheilen kann. Das preußische Gesetz spricht sich klar und
buchstäblich gegen solchen Nachdruck aus und die Ausnahme dieses Verbotes
ist eine Wohlthat, da man sie bei der Verblendung unserer Richter gar nicht
entbehren kann. Ueber diesen Gegenstand ist bereits zuviel geschrieben, um
eine weitere Erwähnung zu gestatte", als vielleicht für Solche, die die Sache
nicht kennen, das Verweisen auf die Broschüre des Schreibers dieser Zeilen").




") Rühmend anzuerkennen ist, daß die sämmtlichen Instanzen der Verwaltungsbehörden
und der Sachverständigen-Vereine in aper Entscheidungen und Gutachten die gute Sache
vertheidigt haben. Wie nothwendig also, daß die Sachverständigen-Gutachten für den Richter
Maßgebend seien!
") A. W, Volkmann, die Werke der Kunst in den deutschen Gesetzgebungen zum Schutze
des Urheberrechts. München, Piloty und Löste 185".

Länder werden, und dieses Einzige alle andern bereits bestehenden aus¬
schließen und vor dem Entstehen neuer Einzelgesetze behüten.

Ueberschauen wir nun die einzelnen'Gaben des Entwurfes, welche er dem
deutschen Volke bieten möchte, so drängt sich uns noch die Frage auf: in wel¬
chem Verhältnisse er als ein Gesetz betrachtet, zu dem Rechte in Tschi stehe?
Schon, unser oben erhobener Widerspruch gegen das Uebersetzungsrecht oder
deutlicher gegen das Verbot des freien Uebersetzungsrechtes und gegen die Be¬
schränkung des Schutzes auf eim bestimmte Dauer veranlaßt zu dem Beden¬
ken, ob er eines Theils Alles aufgenommen habe, was man verlangt und an¬
dern Theils nicht Sätze aufstelle, welche ähnlicher Weise angefochten werden
können, als die zwei genannten. Letzteres müssen wir von unserm Gesichts¬
punkt aus allerdings verneinen.

Was dagegen die Frage nach denjenigen Bestimmungen, deren Aufnahme
in die Gesetze von vielen Seiten gewünscht worden ist, ja welche nach dem
gegenwärtigen Standpunkt der Wissenschaft und Rechtsüberzeugung nicht seh- ,
im durften, anlangt, so dürfen wir anerkennend hervorheben, daß wesentliche
Zugeständnisse gemacht worden sind. Daß nach dem Entwürfe den Sachver»
ständigen eine den Richter bindende Macht für ihr Gutachten zugetheilt wurde,
ist oben bereits berichtet und als nothwendig bezeichnet worden. Man hat
aber auch noch mehr gethan, indem man einestheils wenigstens für die Mu-
sikalien das s. g. getheilte Eigenthum anerkannte; andern Theils den Nachdruck
von Abbildungen und Abzeichnuugen verbot, welcher in der Piloty-Löhleschen
Streitsache von allen Gerichtshöfen Sachsens autorisire worden ist Nach
der Auslegung, welche das sächsische Gesetz nunmehr erhalten hat, kann jeder
eine Lithographie oder einen Kupferstich nachdrucken, welchen der Künstler nach
einem Kunstwerke, dessen Urheber die Erlaubniß zum Vervielfältigen oder Nach¬
bilden nicht mehr geben kann, also folgerichtig auch, welchen der Künstler nach
der Natur aufgenommen hat, weil eine Gegend auch kein ausschließliches Ver¬
vielfältigungsrecht ertheilen kann. Das preußische Gesetz spricht sich klar und
buchstäblich gegen solchen Nachdruck aus und die Ausnahme dieses Verbotes
ist eine Wohlthat, da man sie bei der Verblendung unserer Richter gar nicht
entbehren kann. Ueber diesen Gegenstand ist bereits zuviel geschrieben, um
eine weitere Erwähnung zu gestatte», als vielleicht für Solche, die die Sache
nicht kennen, das Verweisen auf die Broschüre des Schreibers dieser Zeilen").




") Rühmend anzuerkennen ist, daß die sämmtlichen Instanzen der Verwaltungsbehörden
und der Sachverständigen-Vereine in aper Entscheidungen und Gutachten die gute Sache
vertheidigt haben. Wie nothwendig also, daß die Sachverständigen-Gutachten für den Richter
Maßgebend seien!
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[0071] Länder werden, und dieses Einzige alle andern bereits bestehenden aus¬ schließen und vor dem Entstehen neuer Einzelgesetze behüten. Ueberschauen wir nun die einzelnen'Gaben des Entwurfes, welche er dem deutschen Volke bieten möchte, so drängt sich uns noch die Frage auf: in wel¬ chem Verhältnisse er als ein Gesetz betrachtet, zu dem Rechte in Tschi stehe? Schon, unser oben erhobener Widerspruch gegen das Uebersetzungsrecht oder deutlicher gegen das Verbot des freien Uebersetzungsrechtes und gegen die Be¬ schränkung des Schutzes auf eim bestimmte Dauer veranlaßt zu dem Beden¬ ken, ob er eines Theils Alles aufgenommen habe, was man verlangt und an¬ dern Theils nicht Sätze aufstelle, welche ähnlicher Weise angefochten werden können, als die zwei genannten. Letzteres müssen wir von unserm Gesichts¬ punkt aus allerdings verneinen. Was dagegen die Frage nach denjenigen Bestimmungen, deren Aufnahme in die Gesetze von vielen Seiten gewünscht worden ist, ja welche nach dem gegenwärtigen Standpunkt der Wissenschaft und Rechtsüberzeugung nicht seh- , im durften, anlangt, so dürfen wir anerkennend hervorheben, daß wesentliche Zugeständnisse gemacht worden sind. Daß nach dem Entwürfe den Sachver» ständigen eine den Richter bindende Macht für ihr Gutachten zugetheilt wurde, ist oben bereits berichtet und als nothwendig bezeichnet worden. Man hat aber auch noch mehr gethan, indem man einestheils wenigstens für die Mu- sikalien das s. g. getheilte Eigenthum anerkannte; andern Theils den Nachdruck von Abbildungen und Abzeichnuugen verbot, welcher in der Piloty-Löhleschen Streitsache von allen Gerichtshöfen Sachsens autorisire worden ist Nach der Auslegung, welche das sächsische Gesetz nunmehr erhalten hat, kann jeder eine Lithographie oder einen Kupferstich nachdrucken, welchen der Künstler nach einem Kunstwerke, dessen Urheber die Erlaubniß zum Vervielfältigen oder Nach¬ bilden nicht mehr geben kann, also folgerichtig auch, welchen der Künstler nach der Natur aufgenommen hat, weil eine Gegend auch kein ausschließliches Ver¬ vielfältigungsrecht ertheilen kann. Das preußische Gesetz spricht sich klar und buchstäblich gegen solchen Nachdruck aus und die Ausnahme dieses Verbotes ist eine Wohlthat, da man sie bei der Verblendung unserer Richter gar nicht entbehren kann. Ueber diesen Gegenstand ist bereits zuviel geschrieben, um eine weitere Erwähnung zu gestatte», als vielleicht für Solche, die die Sache nicht kennen, das Verweisen auf die Broschüre des Schreibers dieser Zeilen"). ") Rühmend anzuerkennen ist, daß die sämmtlichen Instanzen der Verwaltungsbehörden und der Sachverständigen-Vereine in aper Entscheidungen und Gutachten die gute Sache vertheidigt haben. Wie nothwendig also, daß die Sachverständigen-Gutachten für den Richter Maßgebend seien! ") A. W, Volkmann, die Werke der Kunst in den deutschen Gesetzgebungen zum Schutze des Urheberrechts. München, Piloty und Löste 185».

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/71>, abgerufen am 26.08.2024.