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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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hotes würde die Umgehung des Nachdruckverbotcs befördern. Mehreres haben
wir an andern Orten gegen dieses Verbietungsrecht vorgebracht.

Wie der Bundesbeschluß und die neuere deutsche Gesetzgebung überhaupt
macht sich der Entwurf, jedoch in noch weit nachdrücklicherer Weise, von den
engen Schranken eines Verbotes gegen Nachdruck los und tritt auf den posi¬
tiven Standpunkt des Urheberrechts. Der Urheber ist die Quelle, das Ver¬
hältniß desselben zu seinem Geisteserzeugniß der Inhalt des Gesetzes. Nicht
minder hält der Entwurf an den Schranken der Bundcsbeschlüsse sest. Die
mechanische Vervielfältigung ist die eigentliche Verletzung des Urheberrechts
und neben ihr gestattet er Analogien nur da, wo die selbständige Thätigkeit
zur Dienerin der Mechanik wird (Copiren von Kunstwerken zum Zwecke me¬
chanischer Vervielfältigung, theatralische oder musikalische Aufführung). Das
Urheberrecht ist auch hier kein in Ewigkeit vererbliches; es hat seine Grenzen
in einem bestimmten Zeiträume, wahrend dessen das Gesetz seinen Schutz
verheißt.

Beide Schranken dürften von der Rechtswissenschaft, wenn sie einmal all¬
gemein sich von den romanistischen Fesseln los gemacht haben wird, dereinst
erniedrigt, wenn nicht niedergerissen werden. Denn die mechanische Verviel¬
fältigung verliert, sobald die civilisirte Welt das Urheberrecht allgemein als
nothwendigen Bestandtheil der Gesetzgebung anerkannt, fast alle Möglichkeit,
verübt zu werden. Dagegen hebt das Plagiat unter dem Schutze dieser
Schranke sein ebenso schmutziges Haupt nur um so frecher empor und verletzt
das Urheberrecht dann so empfindlich, ja nachhaltiger als der mechanische Nach¬
druck. Denn die Wirkung der Verletzung ist meist materiell und moralisch
zugleich schädlich. Und die Beschränkung des Schutzes des Urheberrechts ans
eine bestimmte Frist ruht ja nicht auf dem Rechtsgrunde, sondern auf einem
eingebildeten Zweckmäßigkcitsprincip. Sie ist nichts als eine offene Concession
an die Vertheidiger des Nachdrucks.

Hat der Entwurf die materiellen Rechtsbcstimmungcu der Bundesbeschlüsse
festgehalten, so weicht er auch bei den Sätzen des formellen Rechts nicht von
dem Wesen derselben ab. Er bildet das Verfahren ganz im Sinne des Bun-
desbeschlusfes sowol in Betreff der Strafen der Rechtsverletzungen, als in Be¬
treff der Bemessung der Entschädigung und, der' Verweisung des Urtheils über
Thatbestand und Entschädigungsanspruch an Sachverständige weiter aus.
Sehr wohlthätig würde die Verwirklichung des § 21 sein. Darin ist an¬
geordnet, daß das Sachverständigengutachten unbedingt bindend für den Richter
sein soll. Sobald die Sachverständigenvereine vollständig freie, und mit in¬
telligenten Mitgliedern besetzte Kollegien find, kann man nur von ihnen die
Rettung des Rechtes vor dem Unverstande romanistischer Richter erhoffen.

Der Versuch, das Verhältniß des Entwurfes zu den einzelnen Landes-


hotes würde die Umgehung des Nachdruckverbotcs befördern. Mehreres haben
wir an andern Orten gegen dieses Verbietungsrecht vorgebracht.

Wie der Bundesbeschluß und die neuere deutsche Gesetzgebung überhaupt
macht sich der Entwurf, jedoch in noch weit nachdrücklicherer Weise, von den
engen Schranken eines Verbotes gegen Nachdruck los und tritt auf den posi¬
tiven Standpunkt des Urheberrechts. Der Urheber ist die Quelle, das Ver¬
hältniß desselben zu seinem Geisteserzeugniß der Inhalt des Gesetzes. Nicht
minder hält der Entwurf an den Schranken der Bundcsbeschlüsse sest. Die
mechanische Vervielfältigung ist die eigentliche Verletzung des Urheberrechts
und neben ihr gestattet er Analogien nur da, wo die selbständige Thätigkeit
zur Dienerin der Mechanik wird (Copiren von Kunstwerken zum Zwecke me¬
chanischer Vervielfältigung, theatralische oder musikalische Aufführung). Das
Urheberrecht ist auch hier kein in Ewigkeit vererbliches; es hat seine Grenzen
in einem bestimmten Zeiträume, wahrend dessen das Gesetz seinen Schutz
verheißt.

Beide Schranken dürften von der Rechtswissenschaft, wenn sie einmal all¬
gemein sich von den romanistischen Fesseln los gemacht haben wird, dereinst
erniedrigt, wenn nicht niedergerissen werden. Denn die mechanische Verviel¬
fältigung verliert, sobald die civilisirte Welt das Urheberrecht allgemein als
nothwendigen Bestandtheil der Gesetzgebung anerkannt, fast alle Möglichkeit,
verübt zu werden. Dagegen hebt das Plagiat unter dem Schutze dieser
Schranke sein ebenso schmutziges Haupt nur um so frecher empor und verletzt
das Urheberrecht dann so empfindlich, ja nachhaltiger als der mechanische Nach¬
druck. Denn die Wirkung der Verletzung ist meist materiell und moralisch
zugleich schädlich. Und die Beschränkung des Schutzes des Urheberrechts ans
eine bestimmte Frist ruht ja nicht auf dem Rechtsgrunde, sondern auf einem
eingebildeten Zweckmäßigkcitsprincip. Sie ist nichts als eine offene Concession
an die Vertheidiger des Nachdrucks.

Hat der Entwurf die materiellen Rechtsbcstimmungcu der Bundesbeschlüsse
festgehalten, so weicht er auch bei den Sätzen des formellen Rechts nicht von
dem Wesen derselben ab. Er bildet das Verfahren ganz im Sinne des Bun-
desbeschlusfes sowol in Betreff der Strafen der Rechtsverletzungen, als in Be¬
treff der Bemessung der Entschädigung und, der' Verweisung des Urtheils über
Thatbestand und Entschädigungsanspruch an Sachverständige weiter aus.
Sehr wohlthätig würde die Verwirklichung des § 21 sein. Darin ist an¬
geordnet, daß das Sachverständigengutachten unbedingt bindend für den Richter
sein soll. Sobald die Sachverständigenvereine vollständig freie, und mit in¬
telligenten Mitgliedern besetzte Kollegien find, kann man nur von ihnen die
Rettung des Rechtes vor dem Unverstande romanistischer Richter erhoffen.

Der Versuch, das Verhältniß des Entwurfes zu den einzelnen Landes-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/66>, abgerufen am 26.08.2024.