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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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lung nothwendig. Es kann nun nicht unsere Absicht sein, eine ausführliche
Darstellung des Inhaltes des Entwurfs oder eine lange Polemik gegen die
zum Theil meisterhaft ausgearbeiteten Motive zu schreiben. Theils würden
wir dadurch genöthigt, in rein juristische Deductionen nicht selten zu verfallen,
theils die Aufgabe dieser unzulässig zu überschreiten. Wir beabsichtigen viel¬
mehr nur eine kurze Darstellung des Verhältnisses des Entwurfs zu den Bun¬
desbeschlüssen, zu den Bundcsgesetzgebungen und zum Recht in tlrssi zu geben,
woraus sich von selbst ergeben wird, was mit diesem EntWurfe gewonnen ist.

Wir erwähnten bereits, daß der Entwurf auf den Grundsätzen der deut¬
schen Gesetze gegen den Nachdruck ruhe. Vor Allem hatte man im Auge, die
Bundesbeschlüsse fortzubilden, und man fand dabei allerdings die allgemeinen
in dem Bundesbcschlusse vom 19. Juni 1845 niedergelegten Grundsätze für
angemessen, jedoch der Fortbildung und namentlich der Ausbildung in den einzel¬
nen Bestimmungen außerordentlich bedürftig. Man baute daher über den¬
selben ein ausführliches System aus, welches das Urheberrecht an literarischen
Erzeugnissen, an Musik- und anderen Kunstwerken und an geographischen,
topographischen, architektonischen und andern Zeichnungen nach allen Richtungen
umfaßte, nach denen es Schutz gegen Nachdruck,. Nachbildung und unbefugte
Aufführung bedarf. Indem man bei diesem Ausbaue sich von dem preußi¬
schen Gesetze leiten ließ und den neueren internationalen Verträgen zu starke
Rechnung trug, ging man in dem Entwürfe so weit, das den Bundesbeschlüssen
fremde Verbietungsrecht gegen Uebersetzungen wenigstens theüwcis zu adopti-
ren. Es würde zu weit führen, wenn wir hier gegen diese mißbräuchliche
Ausdehnung des Urheberrechts polemifircn wollten. Bereits hat sich die
Wissenschaft der Frage bemächtigt und auf deren Boden ist der Kampf aus-
zufechten.

Nur soviel scheint uns nothwendig zu bemerken, daß wir in dem Ver¬
bietungsrecht gegen Uebersetzungen einen bedauerlichen Rückschritt nach dem
überwundenen Standpunkte des geistigen Eigenthums. Gedankeneigenthums,
erblicken und es eine unstatthafte Herabsetzung einer sehr anerkennenswerther
und sür die Literatur und den Fortschritt der Geistesbildung ganz unentbehr¬
lichen geistigen Thätigkeit enthält.

Wir können nur Einen Fall anerkennen, in welchem die Nothwendigkeit
den gewährten Schutz des Gesetzes praktisch ausführbar zu machen, und gegen
Umgehung desselben zu bewahre", ein Verbietungsrecht gegen Übersetzungen
ohne Bewilligung des Urhebers billig erscheinen läßt: dann nämlich, wenn
ein Urheber sein Werk in der That zu gleicher Zeit in verschiedenen Sprachen
erscheinen läßt. Hier darf es Niemandem gestattet sein, dieses Werk aus der
einen Sprache, in welcher das Original geschrieben ist, in die andere, in der
eS auch erschien, unbefugt zu übertragen. Der Mangel eines derartigen Ver-


lung nothwendig. Es kann nun nicht unsere Absicht sein, eine ausführliche
Darstellung des Inhaltes des Entwurfs oder eine lange Polemik gegen die
zum Theil meisterhaft ausgearbeiteten Motive zu schreiben. Theils würden
wir dadurch genöthigt, in rein juristische Deductionen nicht selten zu verfallen,
theils die Aufgabe dieser unzulässig zu überschreiten. Wir beabsichtigen viel¬
mehr nur eine kurze Darstellung des Verhältnisses des Entwurfs zu den Bun¬
desbeschlüssen, zu den Bundcsgesetzgebungen und zum Recht in tlrssi zu geben,
woraus sich von selbst ergeben wird, was mit diesem EntWurfe gewonnen ist.

Wir erwähnten bereits, daß der Entwurf auf den Grundsätzen der deut¬
schen Gesetze gegen den Nachdruck ruhe. Vor Allem hatte man im Auge, die
Bundesbeschlüsse fortzubilden, und man fand dabei allerdings die allgemeinen
in dem Bundesbcschlusse vom 19. Juni 1845 niedergelegten Grundsätze für
angemessen, jedoch der Fortbildung und namentlich der Ausbildung in den einzel¬
nen Bestimmungen außerordentlich bedürftig. Man baute daher über den¬
selben ein ausführliches System aus, welches das Urheberrecht an literarischen
Erzeugnissen, an Musik- und anderen Kunstwerken und an geographischen,
topographischen, architektonischen und andern Zeichnungen nach allen Richtungen
umfaßte, nach denen es Schutz gegen Nachdruck,. Nachbildung und unbefugte
Aufführung bedarf. Indem man bei diesem Ausbaue sich von dem preußi¬
schen Gesetze leiten ließ und den neueren internationalen Verträgen zu starke
Rechnung trug, ging man in dem Entwürfe so weit, das den Bundesbeschlüssen
fremde Verbietungsrecht gegen Uebersetzungen wenigstens theüwcis zu adopti-
ren. Es würde zu weit führen, wenn wir hier gegen diese mißbräuchliche
Ausdehnung des Urheberrechts polemifircn wollten. Bereits hat sich die
Wissenschaft der Frage bemächtigt und auf deren Boden ist der Kampf aus-
zufechten.

Nur soviel scheint uns nothwendig zu bemerken, daß wir in dem Ver¬
bietungsrecht gegen Uebersetzungen einen bedauerlichen Rückschritt nach dem
überwundenen Standpunkte des geistigen Eigenthums. Gedankeneigenthums,
erblicken und es eine unstatthafte Herabsetzung einer sehr anerkennenswerther
und sür die Literatur und den Fortschritt der Geistesbildung ganz unentbehr¬
lichen geistigen Thätigkeit enthält.

Wir können nur Einen Fall anerkennen, in welchem die Nothwendigkeit
den gewährten Schutz des Gesetzes praktisch ausführbar zu machen, und gegen
Umgehung desselben zu bewahre», ein Verbietungsrecht gegen Übersetzungen
ohne Bewilligung des Urhebers billig erscheinen läßt: dann nämlich, wenn
ein Urheber sein Werk in der That zu gleicher Zeit in verschiedenen Sprachen
erscheinen läßt. Hier darf es Niemandem gestattet sein, dieses Werk aus der
einen Sprache, in welcher das Original geschrieben ist, in die andere, in der
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/65>, abgerufen am 26.08.2024.