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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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dankt sich und trinkt das Wohl des ihm im Range zunächst Folgenden, und
so geht der Becher bis zum letzten Besuchsknecht und Pirschjungen fort. Bei
jeder Gesundheit blasen die Hist-, Jagd- und Flügelhörner einen Tusch, und
zum Finale läßt die Gesellschaft dem Echo des Waldes ein fröhliches Waid¬
geschrei zuschallen.

Bisweilen schloß die Jagd noch mit einer andern Ceremonie des Jäger¬
rituals; wir meinen den vermuthlich sehr alten Gebrauch des Waidmesser-
scblagens. Halte sich im Verlauf des Schauspiels ein Unerfahrner einen Ver¬
stoß gegen die Etiquette oder das Wörterbuch der Jägerei zu Schulden kom¬
men lassen, etwa einem Hirsch Augen statt der Lichter eingesetzt, ihn fressen
statt äsen lassen, ihn so und so viel Schritte statt Gänge von sich gesehen
und dergleichen mehr, so war er dafür zu bestrafen. Man führte ihn vor,
klagte ihn mit ähnlichen Wendungen, wie sie das hochwohllöbliche Biergericht
des Studentencommcnts gebraucht, an und legte ihn, nachdem er verurtheilt
worden,' ans den größten von den gefällten Hirschen, der zu diesem Zweck vor
die Herrschaft gebracht wurde. Darauf hob die versammelte Jägerei in langer
Reihe stehend zu blasen an. ihr Führer zog sein Waidmesser und gab dem
Verbrecher damit drei Schläge, wobei er im Tone des Waldschreis zum ersten
ausholend sagte: Das ist für die gnädigste Herrschaft. Beim zweiten rief er:
Und das ist für Ritter. Reuter und Knecht. Beim dritten hieß es: Und das
ist das edle Jägerrecht. Daun folgte ein lautes : Hoch da! Hoch da! und
darauf ein allgemeines Juchhe, wornach die Versammlung ausbrach und sich
Mit ihrer Beute nach Hause begab.




Preußens auswärtige Politik.

Die Ordre an den Grasen Perporcher, sich nach Gaeta zu begeben,
wurde so bald nach der Annahme des Amendement Vincke bekannt, daß man
leicht versucht fühlen konnte, zwischen beiden ein Causalverhältniß anzu¬
nehmen. Wenn König Franz nicht durch seine Kapitulation dem edlen Grasen
die weitere Reise erspart hätte, so würde Europa glauben, daß die preußische


Grenzboten I. 1L61. 44

dankt sich und trinkt das Wohl des ihm im Range zunächst Folgenden, und
so geht der Becher bis zum letzten Besuchsknecht und Pirschjungen fort. Bei
jeder Gesundheit blasen die Hist-, Jagd- und Flügelhörner einen Tusch, und
zum Finale läßt die Gesellschaft dem Echo des Waldes ein fröhliches Waid¬
geschrei zuschallen.

Bisweilen schloß die Jagd noch mit einer andern Ceremonie des Jäger¬
rituals; wir meinen den vermuthlich sehr alten Gebrauch des Waidmesser-
scblagens. Halte sich im Verlauf des Schauspiels ein Unerfahrner einen Ver¬
stoß gegen die Etiquette oder das Wörterbuch der Jägerei zu Schulden kom¬
men lassen, etwa einem Hirsch Augen statt der Lichter eingesetzt, ihn fressen
statt äsen lassen, ihn so und so viel Schritte statt Gänge von sich gesehen
und dergleichen mehr, so war er dafür zu bestrafen. Man führte ihn vor,
klagte ihn mit ähnlichen Wendungen, wie sie das hochwohllöbliche Biergericht
des Studentencommcnts gebraucht, an und legte ihn, nachdem er verurtheilt
worden,' ans den größten von den gefällten Hirschen, der zu diesem Zweck vor
die Herrschaft gebracht wurde. Darauf hob die versammelte Jägerei in langer
Reihe stehend zu blasen an. ihr Führer zog sein Waidmesser und gab dem
Verbrecher damit drei Schläge, wobei er im Tone des Waldschreis zum ersten
ausholend sagte: Das ist für die gnädigste Herrschaft. Beim zweiten rief er:
Und das ist für Ritter. Reuter und Knecht. Beim dritten hieß es: Und das
ist das edle Jägerrecht. Daun folgte ein lautes : Hoch da! Hoch da! und
darauf ein allgemeines Juchhe, wornach die Versammlung ausbrach und sich
Mit ihrer Beute nach Hause begab.




Preußens auswärtige Politik.

Die Ordre an den Grasen Perporcher, sich nach Gaeta zu begeben,
wurde so bald nach der Annahme des Amendement Vincke bekannt, daß man
leicht versucht fühlen konnte, zwischen beiden ein Causalverhältniß anzu¬
nehmen. Wenn König Franz nicht durch seine Kapitulation dem edlen Grasen
die weitere Reise erspart hätte, so würde Europa glauben, daß die preußische


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[0355] dankt sich und trinkt das Wohl des ihm im Range zunächst Folgenden, und so geht der Becher bis zum letzten Besuchsknecht und Pirschjungen fort. Bei jeder Gesundheit blasen die Hist-, Jagd- und Flügelhörner einen Tusch, und zum Finale läßt die Gesellschaft dem Echo des Waldes ein fröhliches Waid¬ geschrei zuschallen. Bisweilen schloß die Jagd noch mit einer andern Ceremonie des Jäger¬ rituals; wir meinen den vermuthlich sehr alten Gebrauch des Waidmesser- scblagens. Halte sich im Verlauf des Schauspiels ein Unerfahrner einen Ver¬ stoß gegen die Etiquette oder das Wörterbuch der Jägerei zu Schulden kom¬ men lassen, etwa einem Hirsch Augen statt der Lichter eingesetzt, ihn fressen statt äsen lassen, ihn so und so viel Schritte statt Gänge von sich gesehen und dergleichen mehr, so war er dafür zu bestrafen. Man führte ihn vor, klagte ihn mit ähnlichen Wendungen, wie sie das hochwohllöbliche Biergericht des Studentencommcnts gebraucht, an und legte ihn, nachdem er verurtheilt worden,' ans den größten von den gefällten Hirschen, der zu diesem Zweck vor die Herrschaft gebracht wurde. Darauf hob die versammelte Jägerei in langer Reihe stehend zu blasen an. ihr Führer zog sein Waidmesser und gab dem Verbrecher damit drei Schläge, wobei er im Tone des Waldschreis zum ersten ausholend sagte: Das ist für die gnädigste Herrschaft. Beim zweiten rief er: Und das ist für Ritter. Reuter und Knecht. Beim dritten hieß es: Und das ist das edle Jägerrecht. Daun folgte ein lautes : Hoch da! Hoch da! und darauf ein allgemeines Juchhe, wornach die Versammlung ausbrach und sich Mit ihrer Beute nach Hause begab. Preußens auswärtige Politik. Die Ordre an den Grasen Perporcher, sich nach Gaeta zu begeben, wurde so bald nach der Annahme des Amendement Vincke bekannt, daß man leicht versucht fühlen konnte, zwischen beiden ein Causalverhältniß anzu¬ nehmen. Wenn König Franz nicht durch seine Kapitulation dem edlen Grasen die weitere Reise erspart hätte, so würde Europa glauben, daß die preußische Grenzboten I. 1L61. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/355>, abgerufen am 22.07.2024.