Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.Magen zu rathen! Hin, hin. Keller, mit den Flaschen, daß sie Lunge und Der erste spricht: Söllmcinn, Söllmann, mein lieber Sollmann! Dieß Der zweite: Gesellmann. Gesell, Gesellnurnn, den Hirsch fielst du heu Der dritte: Gesellmann, trauter Gcscllmann frisch, da kam daher der edle Der vierte: Söllmann, trauter Söllmann. mein trauter Hund, du bist In diesem Tone geht es weiter. So viel Leithunde, so viel Dankrede". Zum Schluß der Ceremonie läßt sich der Herr einen Pokal, der gewöhn¬ Magen zu rathen! Hin, hin. Keller, mit den Flaschen, daß sie Lunge und Der erste spricht: Söllmcinn, Söllmann, mein lieber Sollmann! Dieß Der zweite: Gesellmann. Gesell, Gesellnurnn, den Hirsch fielst du heu Der dritte: Gesellmann, trauter Gcscllmann frisch, da kam daher der edle Der vierte: Söllmann, trauter Söllmann. mein trauter Hund, du bist In diesem Tone geht es weiter. So viel Leithunde, so viel Dankrede». Zum Schluß der Ceremonie läßt sich der Herr einen Pokal, der gewöhn¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111248"/> <p xml:id="ID_1209" prev="#ID_1208"> Magen zu rathen! Hin, hin. Keller, mit den Flaschen, daß sie Lunge und<lb/> Leber waschen. Dann wird den Hunden „ihr Recht gegeben." Nachdem<lb/> man den gefällten Hirschen die Geweihe ciuSgcschlagen und dieselben dem<lb/> Herrn feierlich vorgetragen und gezeigt, werden sie in gleich ceremoniöser Weise<lb/> den Leithunden hingebracht und diesen das, was von Haut und Fleisch am<lb/> Gehörnhängcn geblieben, zum Fressen oder, um mit jügcrlichem Respect von<lb/> den vierbeinigen Waidgesellen zu reden, „zu genießen" gegeben. Ist der Ober¬<lb/> jägermeister v^n Adel, so hat in dessen Namen der älteste Jügerbursch das<lb/> Geweih, welches die meisten Enden hat, zuerst vorzutragen. Dann folgen<lb/> die andern: der Oberjäger, der Hvfjnger, die Besuchknechtc u. s. w. jeder mit<lb/> einer gereimten Dank- und Lobrede an den betreffenden Hund.</p><lb/> <p xml:id="ID_1210"> Der erste spricht: Söllmcinn, Söllmann, mein lieber Sollmann! Dieß<lb/> ist der edle Hirsch, so dir heut gangen an, da er zog her mit seiner prächti¬<lb/> gen Kron und gespaltenen Schal' (Huf); dem hast du. mein Gcscllmann, recht<lb/> gethan. Habe Dank überall, habe Dank, mein Söllmann^ Du hast Recht.t</p><lb/> <p xml:id="ID_1211"> Der zweite: Gesellmann. Gesell, Gesellnurnn, den Hirsch fielst du heu<lb/> recht tapfer an, da er zog her vom Feld und über die Straßen. Drum muß<lb/> er mir und dir das Iügerrecht hier lassen. Ho! ho! Gcscllmann, lieb' dich<lb/> recht und dank'. Ist das nicht ein guter Anfang?</p><lb/> <p xml:id="ID_1212"> Der dritte: Gesellmann, trauter Gcscllmann frisch, da kam daher der edle<lb/> Hirsch. Er zog über Berg und Thal, du hattest den rechten Anfall, daß wir<lb/> ihn dann bestätigt (aufgespürt und festgehalten) haben, unsern Herren wohl<lb/> damit zu laben, zum Vergnügen und zur Lust, zu ergötzen seine Brust. Drui»<lb/> trauter Gesellmann, habe Dank, recht, recht, liebe dich, hast Recht.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1213"> Der vierte: Söllmann, trauter Söllmann. mein trauter Hund, du bist<lb/> daran Schuld, daß der edle Hirsch verwundt. Du zeigtest ihn an mit deiner<lb/> feinen Nasen, da er zog hin gen Holz und über die Straßen. Der hat den<lb/> Herrn und uns erquicket, da wir ihn in seiner Pracht erblicket. So können<lb/> wir Waidleute fröhlich sein, dabei trinken Rhein- und Ncckarwein. Das ha^e<lb/> Dank, mein treuer Söllmann, recht, recht, habe Dank und Recht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1214"> In diesem Tone geht es weiter. So viel Leithunde, so viel Dankrede».<lb/> Die Rüden hören mit erhabnen Köpfen zu, wackeln dabei zum Zeichen des<lb/> Verständnisses mit den Schwänze», knurren und kläffen ein Weniges als Gegen¬<lb/> rede, die wir uns aus dem Hündischen mit: Schon gut — gern geschehe»,<lb/> lieber Waidmann — ho! ho! nichts zu bedanken dran — ho! hol'woll gut-<lb/> — aber nur her mit dem Fleisch und Blut! in die Jägersprache übersetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1215" next="#ID_1216"> Zum Schluß der Ceremonie läßt sich der Herr einen Pokal, der gewöhn¬<lb/> lich die Gestalt eines Hundes, eines Hirsches oder Wildschweins hat, vom<lb/> Kellermeister mit Wein füllen und trinkt mit demselben dem Oberjägermelstcr<lb/> auf aller rechtschaffnen Waidleute Gesundheit zu. Der Oberjägermeister be-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0354]
Magen zu rathen! Hin, hin. Keller, mit den Flaschen, daß sie Lunge und
Leber waschen. Dann wird den Hunden „ihr Recht gegeben." Nachdem
man den gefällten Hirschen die Geweihe ciuSgcschlagen und dieselben dem
Herrn feierlich vorgetragen und gezeigt, werden sie in gleich ceremoniöser Weise
den Leithunden hingebracht und diesen das, was von Haut und Fleisch am
Gehörnhängcn geblieben, zum Fressen oder, um mit jügcrlichem Respect von
den vierbeinigen Waidgesellen zu reden, „zu genießen" gegeben. Ist der Ober¬
jägermeister v^n Adel, so hat in dessen Namen der älteste Jügerbursch das
Geweih, welches die meisten Enden hat, zuerst vorzutragen. Dann folgen
die andern: der Oberjäger, der Hvfjnger, die Besuchknechtc u. s. w. jeder mit
einer gereimten Dank- und Lobrede an den betreffenden Hund.
Der erste spricht: Söllmcinn, Söllmann, mein lieber Sollmann! Dieß
ist der edle Hirsch, so dir heut gangen an, da er zog her mit seiner prächti¬
gen Kron und gespaltenen Schal' (Huf); dem hast du. mein Gcscllmann, recht
gethan. Habe Dank überall, habe Dank, mein Söllmann^ Du hast Recht.t
Der zweite: Gesellmann. Gesell, Gesellnurnn, den Hirsch fielst du heu
recht tapfer an, da er zog her vom Feld und über die Straßen. Drum muß
er mir und dir das Iügerrecht hier lassen. Ho! ho! Gcscllmann, lieb' dich
recht und dank'. Ist das nicht ein guter Anfang?
Der dritte: Gesellmann, trauter Gcscllmann frisch, da kam daher der edle
Hirsch. Er zog über Berg und Thal, du hattest den rechten Anfall, daß wir
ihn dann bestätigt (aufgespürt und festgehalten) haben, unsern Herren wohl
damit zu laben, zum Vergnügen und zur Lust, zu ergötzen seine Brust. Drui»
trauter Gesellmann, habe Dank, recht, recht, liebe dich, hast Recht.'
Der vierte: Söllmann, trauter Söllmann. mein trauter Hund, du bist
daran Schuld, daß der edle Hirsch verwundt. Du zeigtest ihn an mit deiner
feinen Nasen, da er zog hin gen Holz und über die Straßen. Der hat den
Herrn und uns erquicket, da wir ihn in seiner Pracht erblicket. So können
wir Waidleute fröhlich sein, dabei trinken Rhein- und Ncckarwein. Das ha^e
Dank, mein treuer Söllmann, recht, recht, habe Dank und Recht.
In diesem Tone geht es weiter. So viel Leithunde, so viel Dankrede».
Die Rüden hören mit erhabnen Köpfen zu, wackeln dabei zum Zeichen des
Verständnisses mit den Schwänze», knurren und kläffen ein Weniges als Gegen¬
rede, die wir uns aus dem Hündischen mit: Schon gut — gern geschehe»,
lieber Waidmann — ho! ho! nichts zu bedanken dran — ho! hol'woll gut-
— aber nur her mit dem Fleisch und Blut! in die Jägersprache übersetzen.
Zum Schluß der Ceremonie läßt sich der Herr einen Pokal, der gewöhn¬
lich die Gestalt eines Hundes, eines Hirsches oder Wildschweins hat, vom
Kellermeister mit Wein füllen und trinkt mit demselben dem Oberjägermelstcr
auf aller rechtschaffnen Waidleute Gesundheit zu. Der Oberjägermeister be-
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