Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

an Lord Palmerston vom 19. Mai), daß er auch in Oestreichs Interesse keinen
andern Weg einer befriedigenden Lösung sehe als in der Räumung Italiens.
"Wenn Oestreich sich entschließen könnte ehrlich zu unterhandeln (rucks up
der zumal to negoeiaw IronWtl^) über die Räumung dieser Provinzen und
die Anerkennung des neuen oberitalienischen konstitutionellen Königreichs gegen
ein vortheilhaftes pecuniäres Arrangement, so würde es gewiß, sowohl in die¬
sem Lande wie in den damit verbundenen Provinzen die beste Stimmung fin¬
den." Nach der Niederlage der Piemontesen und dem Waffenstillstande vom
9. August, wonach dieselben Venedig räumen mußten, wendete sich Mamin
(18. August) an Lord Palmerston mit der Bitte, dafür zu sorgen, daß während
der Vermittlungsunterhandlnngen Oestreich die Feindseligkeiten gegen Venedig
einstellen müsse, und glaubte dieser Bitte durch den Wink Nachdruck geben zu
können, daß Venedig nach seinen wirthschaftlichen Verhältnissen sich zur Han¬
delsfreiheit neigen müsse, welcher Oestreich im Interesse seiner deutschen Fab¬
riken stets widerstrebt habe. Später (9. October) richtete der Bevollmächtigte
Pasini an Lord Palmerston eine Denkschrift, dahin gehend, daß England bei
seiner Vermittlung die Unabhängigkeit Venetiens als Grundlage festhalte.
Die Antwort des Ministers wiegt die Venetianer nicht in trügerische Hoffnungen.
Präsident Mamin wird kurz bedeutet (16. October), daß unter den Vorschlägen
Englands an Oestreich wegen der Pacisication Italiens keiner sich befinde,
welcher die Trennung Venedigs von der kaiserlichen Krone enthalte, und daß
daher die Venetianer wohl daran thun würden, mit der östreichischen Negie¬
rung in Unterhandlung zu treten. -- Das Nämliche schreibt Lord Palmerston
an Pasini (18. October) und bemerkt außerdem noch, daß die Unabhängig¬
keit nur dann als Basis der Unterhandlungen hätte festgehalten werden
können, wenn die Italiener gesiegt hätten; daß dies aber nach ihrer Nieder¬
lage, und nachdem die Oestreicher das Land besetzt hätten, nicht mehr an¬
gehe. Während Lord Palmerston die Italiener durchaus nicht in Zweifel
ließ, daß sie die gewünschte Unterstützung von England nicht erhalten würden,
richtete er nach Wien die ernste Mahnung, doch ja zu überlegen, ob es nicht
für Oestreich am besten wäre, Italien zu räumen. Seine Depesche vom
9- October 1848 an Lord Ponsonby für Herrn v. Wessenberg in Wien ist
zwar durch das Blaubuch bekannt, allein sie hat durch die Ereignisse von
'859 und 1860 eine Höhere Bedeutung gewonnen, und wir dürfen ihr da¬
her wol einige Stellen entnehmen. "Es wäre verständiger von Seiten der
östreichischen Regierung und vortheilhafter für die wirkliche eigene Kraft dieses
Reiches, jene Bevölkerungen von einer Herrschaft zu befreien, welche sie ewig
als ein Joch betrachten werden, und die günstige Gelegenheit zu benutzen,
welche sich darbietet, um sie die Trennung" von der kaiserlichen Krone mittelst
eines gerechten und billigen pecuniären Arrangements bezahlen zu lassen.


Grcnzbote" I, iggi. 2

an Lord Palmerston vom 19. Mai), daß er auch in Oestreichs Interesse keinen
andern Weg einer befriedigenden Lösung sehe als in der Räumung Italiens.
„Wenn Oestreich sich entschließen könnte ehrlich zu unterhandeln (rucks up
der zumal to negoeiaw IronWtl^) über die Räumung dieser Provinzen und
die Anerkennung des neuen oberitalienischen konstitutionellen Königreichs gegen
ein vortheilhaftes pecuniäres Arrangement, so würde es gewiß, sowohl in die¬
sem Lande wie in den damit verbundenen Provinzen die beste Stimmung fin¬
den." Nach der Niederlage der Piemontesen und dem Waffenstillstande vom
9. August, wonach dieselben Venedig räumen mußten, wendete sich Mamin
(18. August) an Lord Palmerston mit der Bitte, dafür zu sorgen, daß während
der Vermittlungsunterhandlnngen Oestreich die Feindseligkeiten gegen Venedig
einstellen müsse, und glaubte dieser Bitte durch den Wink Nachdruck geben zu
können, daß Venedig nach seinen wirthschaftlichen Verhältnissen sich zur Han¬
delsfreiheit neigen müsse, welcher Oestreich im Interesse seiner deutschen Fab¬
riken stets widerstrebt habe. Später (9. October) richtete der Bevollmächtigte
Pasini an Lord Palmerston eine Denkschrift, dahin gehend, daß England bei
seiner Vermittlung die Unabhängigkeit Venetiens als Grundlage festhalte.
Die Antwort des Ministers wiegt die Venetianer nicht in trügerische Hoffnungen.
Präsident Mamin wird kurz bedeutet (16. October), daß unter den Vorschlägen
Englands an Oestreich wegen der Pacisication Italiens keiner sich befinde,
welcher die Trennung Venedigs von der kaiserlichen Krone enthalte, und daß
daher die Venetianer wohl daran thun würden, mit der östreichischen Negie¬
rung in Unterhandlung zu treten. — Das Nämliche schreibt Lord Palmerston
an Pasini (18. October) und bemerkt außerdem noch, daß die Unabhängig¬
keit nur dann als Basis der Unterhandlungen hätte festgehalten werden
können, wenn die Italiener gesiegt hätten; daß dies aber nach ihrer Nieder¬
lage, und nachdem die Oestreicher das Land besetzt hätten, nicht mehr an¬
gehe. Während Lord Palmerston die Italiener durchaus nicht in Zweifel
ließ, daß sie die gewünschte Unterstützung von England nicht erhalten würden,
richtete er nach Wien die ernste Mahnung, doch ja zu überlegen, ob es nicht
für Oestreich am besten wäre, Italien zu räumen. Seine Depesche vom
9- October 1848 an Lord Ponsonby für Herrn v. Wessenberg in Wien ist
zwar durch das Blaubuch bekannt, allein sie hat durch die Ereignisse von
'859 und 1860 eine Höhere Bedeutung gewonnen, und wir dürfen ihr da¬
her wol einige Stellen entnehmen. „Es wäre verständiger von Seiten der
östreichischen Regierung und vortheilhafter für die wirkliche eigene Kraft dieses
Reiches, jene Bevölkerungen von einer Herrschaft zu befreien, welche sie ewig
als ein Joch betrachten werden, und die günstige Gelegenheit zu benutzen,
welche sich darbietet, um sie die Trennung" von der kaiserlichen Krone mittelst
eines gerechten und billigen pecuniären Arrangements bezahlen zu lassen.


Grcnzbote» I, iggi. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110913"/>
          <p xml:id="ID_16" prev="#ID_15" next="#ID_17"> an Lord Palmerston vom 19. Mai), daß er auch in Oestreichs Interesse keinen<lb/>
andern Weg einer befriedigenden Lösung sehe als in der Räumung Italiens.<lb/>
&#x201E;Wenn Oestreich sich entschließen könnte ehrlich zu unterhandeln (rucks up<lb/>
der zumal to negoeiaw IronWtl^) über die Räumung dieser Provinzen und<lb/>
die Anerkennung des neuen oberitalienischen konstitutionellen Königreichs gegen<lb/>
ein vortheilhaftes pecuniäres Arrangement, so würde es gewiß, sowohl in die¬<lb/>
sem Lande wie in den damit verbundenen Provinzen die beste Stimmung fin¬<lb/>
den." Nach der Niederlage der Piemontesen und dem Waffenstillstande vom<lb/>
9. August, wonach dieselben Venedig räumen mußten, wendete sich Mamin<lb/>
(18. August) an Lord Palmerston mit der Bitte, dafür zu sorgen, daß während<lb/>
der Vermittlungsunterhandlnngen Oestreich die Feindseligkeiten gegen Venedig<lb/>
einstellen müsse, und glaubte dieser Bitte durch den Wink Nachdruck geben zu<lb/>
können, daß Venedig nach seinen wirthschaftlichen Verhältnissen sich zur Han¬<lb/>
delsfreiheit neigen müsse, welcher Oestreich im Interesse seiner deutschen Fab¬<lb/>
riken stets widerstrebt habe. Später (9. October) richtete der Bevollmächtigte<lb/>
Pasini an Lord Palmerston eine Denkschrift, dahin gehend, daß England bei<lb/>
seiner Vermittlung die Unabhängigkeit Venetiens als Grundlage festhalte.<lb/>
Die Antwort des Ministers wiegt die Venetianer nicht in trügerische Hoffnungen.<lb/>
Präsident Mamin wird kurz bedeutet (16. October), daß unter den Vorschlägen<lb/>
Englands an Oestreich wegen der Pacisication Italiens keiner sich befinde,<lb/>
welcher die Trennung Venedigs von der kaiserlichen Krone enthalte, und daß<lb/>
daher die Venetianer wohl daran thun würden, mit der östreichischen Negie¬<lb/>
rung in Unterhandlung zu treten. &#x2014; Das Nämliche schreibt Lord Palmerston<lb/>
an Pasini (18. October) und bemerkt außerdem noch, daß die Unabhängig¬<lb/>
keit nur dann als Basis der Unterhandlungen hätte festgehalten werden<lb/>
können, wenn die Italiener gesiegt hätten; daß dies aber nach ihrer Nieder¬<lb/>
lage, und nachdem die Oestreicher das Land besetzt hätten, nicht mehr an¬<lb/>
gehe. Während Lord Palmerston die Italiener durchaus nicht in Zweifel<lb/>
ließ, daß sie die gewünschte Unterstützung von England nicht erhalten würden,<lb/>
richtete er nach Wien die ernste Mahnung, doch ja zu überlegen, ob es nicht<lb/>
für Oestreich am besten wäre, Italien zu räumen. Seine Depesche vom<lb/>
9- October 1848 an Lord Ponsonby für Herrn v. Wessenberg in Wien ist<lb/>
zwar durch das Blaubuch bekannt, allein sie hat durch die Ereignisse von<lb/>
'859 und 1860 eine Höhere Bedeutung gewonnen, und wir dürfen ihr da¬<lb/>
her wol einige Stellen entnehmen. &#x201E;Es wäre verständiger von Seiten der<lb/>
östreichischen Regierung und vortheilhafter für die wirkliche eigene Kraft dieses<lb/>
Reiches, jene Bevölkerungen von einer Herrschaft zu befreien, welche sie ewig<lb/>
als ein Joch betrachten werden, und die günstige Gelegenheit zu benutzen,<lb/>
welche sich darbietet, um sie die Trennung" von der kaiserlichen Krone mittelst<lb/>
eines gerechten und billigen pecuniären Arrangements bezahlen zu lassen.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grcnzbote» I, iggi. 2</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0019] an Lord Palmerston vom 19. Mai), daß er auch in Oestreichs Interesse keinen andern Weg einer befriedigenden Lösung sehe als in der Räumung Italiens. „Wenn Oestreich sich entschließen könnte ehrlich zu unterhandeln (rucks up der zumal to negoeiaw IronWtl^) über die Räumung dieser Provinzen und die Anerkennung des neuen oberitalienischen konstitutionellen Königreichs gegen ein vortheilhaftes pecuniäres Arrangement, so würde es gewiß, sowohl in die¬ sem Lande wie in den damit verbundenen Provinzen die beste Stimmung fin¬ den." Nach der Niederlage der Piemontesen und dem Waffenstillstande vom 9. August, wonach dieselben Venedig räumen mußten, wendete sich Mamin (18. August) an Lord Palmerston mit der Bitte, dafür zu sorgen, daß während der Vermittlungsunterhandlnngen Oestreich die Feindseligkeiten gegen Venedig einstellen müsse, und glaubte dieser Bitte durch den Wink Nachdruck geben zu können, daß Venedig nach seinen wirthschaftlichen Verhältnissen sich zur Han¬ delsfreiheit neigen müsse, welcher Oestreich im Interesse seiner deutschen Fab¬ riken stets widerstrebt habe. Später (9. October) richtete der Bevollmächtigte Pasini an Lord Palmerston eine Denkschrift, dahin gehend, daß England bei seiner Vermittlung die Unabhängigkeit Venetiens als Grundlage festhalte. Die Antwort des Ministers wiegt die Venetianer nicht in trügerische Hoffnungen. Präsident Mamin wird kurz bedeutet (16. October), daß unter den Vorschlägen Englands an Oestreich wegen der Pacisication Italiens keiner sich befinde, welcher die Trennung Venedigs von der kaiserlichen Krone enthalte, und daß daher die Venetianer wohl daran thun würden, mit der östreichischen Negie¬ rung in Unterhandlung zu treten. — Das Nämliche schreibt Lord Palmerston an Pasini (18. October) und bemerkt außerdem noch, daß die Unabhängig¬ keit nur dann als Basis der Unterhandlungen hätte festgehalten werden können, wenn die Italiener gesiegt hätten; daß dies aber nach ihrer Nieder¬ lage, und nachdem die Oestreicher das Land besetzt hätten, nicht mehr an¬ gehe. Während Lord Palmerston die Italiener durchaus nicht in Zweifel ließ, daß sie die gewünschte Unterstützung von England nicht erhalten würden, richtete er nach Wien die ernste Mahnung, doch ja zu überlegen, ob es nicht für Oestreich am besten wäre, Italien zu räumen. Seine Depesche vom 9- October 1848 an Lord Ponsonby für Herrn v. Wessenberg in Wien ist zwar durch das Blaubuch bekannt, allein sie hat durch die Ereignisse von '859 und 1860 eine Höhere Bedeutung gewonnen, und wir dürfen ihr da¬ her wol einige Stellen entnehmen. „Es wäre verständiger von Seiten der östreichischen Regierung und vortheilhafter für die wirkliche eigene Kraft dieses Reiches, jene Bevölkerungen von einer Herrschaft zu befreien, welche sie ewig als ein Joch betrachten werden, und die günstige Gelegenheit zu benutzen, welche sich darbietet, um sie die Trennung" von der kaiserlichen Krone mittelst eines gerechten und billigen pecuniären Arrangements bezahlen zu lassen. Grcnzbote» I, iggi. 2

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/19
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/19>, abgerufen am 23.07.2024.