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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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den Ihr Sebae nach Aegypten. Dieser las. was an der Mauer der Moschee
des Hakim in Kahira geschrieben stand, und fand, daß Hakim die Trauben
Masrs abgeschnitten habe, um das Keltern derselben zu verhindern. Darauf
verbot der Emir den Weingenuß, und man gehorchte seinem Befehl, weil er
für die Wiedergeburt eines der Apostel Hamzas, des Nasr Ihr Fetuch galt
und in dieser Eigenschaft sich hohen Ansehens erfreute.

Man hat beobachtet, daß besonders fromme Drusen sich Jahre laug des
Essens vou Fleisch und frischem Obst enthielten und sich die ganze Zeit über mit
trocknem Brot und Rosinen begnügten. Der Bart wird niemals rasirt. da
seine Pflege zu den Gesetzen der Vollkommenheit gehört. Kein Wissender
trägt seidne oder bunte Kleider. Früher zeichneten sich die Wissenden dadurch
vor den andern aus, daß sie den Kopf mit einer Takije von rothem Tuch be¬
deckten und darum ein weißes Tuch korbartig wickelten, welches sie Tabije
nannten. Jetzt wird diese Kopfbedeckung nur noch von ihren Einsiedlern ge¬
tragen. Die Uebrigen bedienen sich des gewöhnlichen Tarbusch, um den sie
den weißbaumwollnen Turban winden. Nur die schwarz- oder blauseidne
Troddel, die am Tarbusch zu sein pflegt, wird abgeschnitten. Die Kleidung
der Drusen wird nur aus vaumwollnen oder leinenen Stoffen gemacht. Sie
besteht aus einem Hemd und Beinkleidern, einem Kuubaz (Kaftan), der ent¬
weder weiß oder schwarz ist und um die Hüften durch einen Gürtel von
weißer Baumwolle zusammengehalten wird, endlich einem kurzen engen Rock,
dessen Aermel schwarz und weiß gestreift sind. Bei feierlichen Gelegenheiten
zieht man darüber noch einen schwarzen Mantel und steckt die Füße in Schna-
belschuhe von rothem Saffian.

Die Frauen tragen Hemd, Beinkleider und Kunbaz wie die Männer.
Jedes einzelne Stück davon ist einfarbig, weiß, schwarz, grün, blau oder violett,
niemals roth oder gelb. Den Kopf bedecken sie mit einer Tusa, d. h. einer
Mütze, die, etwa einen Fuß hoch und mit Blech überzogen, Aehnlichkeit mit den
Mützen der Grenadiere Friedrichs des Großen hat. und über welche der laug
auf den Rücken herabhängende weißbaumwollene Schleier gezogen ist. Wenn
sie sich in die Versammlungen begeben, kleiden sie sich in Röcke von schwarzem
geglätteten Baumwollenstoff. Von Schmuck sieht man an ihnen nur grobe
Armspangen von Silber oder Messing und die aus drei violettseidnen Schnü¬
ren bestehende Flechte, in welche sie ihr Haar binden. Am Ende jeder Schnur
befindet sich ein Büschel dünner Fäden, die in einem silbernen Kügelchen ver¬
einigt sind.

Das Kloster- und Einsiedlerleben der Christen findet unter den Drusen
sein Seitenstück. Die Enthaltsamen unter den Wissenden, weiche sie die "Aus¬
gezeichnetsten" (arab. Edschauid) nennen, bauen sich in einiger Entfernung von
den Ortschaften, gewöhnlich auf Anhöhen Andachtsorte, wo sie die meiste Zeit


den Ihr Sebae nach Aegypten. Dieser las. was an der Mauer der Moschee
des Hakim in Kahira geschrieben stand, und fand, daß Hakim die Trauben
Masrs abgeschnitten habe, um das Keltern derselben zu verhindern. Darauf
verbot der Emir den Weingenuß, und man gehorchte seinem Befehl, weil er
für die Wiedergeburt eines der Apostel Hamzas, des Nasr Ihr Fetuch galt
und in dieser Eigenschaft sich hohen Ansehens erfreute.

Man hat beobachtet, daß besonders fromme Drusen sich Jahre laug des
Essens vou Fleisch und frischem Obst enthielten und sich die ganze Zeit über mit
trocknem Brot und Rosinen begnügten. Der Bart wird niemals rasirt. da
seine Pflege zu den Gesetzen der Vollkommenheit gehört. Kein Wissender
trägt seidne oder bunte Kleider. Früher zeichneten sich die Wissenden dadurch
vor den andern aus, daß sie den Kopf mit einer Takije von rothem Tuch be¬
deckten und darum ein weißes Tuch korbartig wickelten, welches sie Tabije
nannten. Jetzt wird diese Kopfbedeckung nur noch von ihren Einsiedlern ge¬
tragen. Die Uebrigen bedienen sich des gewöhnlichen Tarbusch, um den sie
den weißbaumwollnen Turban winden. Nur die schwarz- oder blauseidne
Troddel, die am Tarbusch zu sein pflegt, wird abgeschnitten. Die Kleidung
der Drusen wird nur aus vaumwollnen oder leinenen Stoffen gemacht. Sie
besteht aus einem Hemd und Beinkleidern, einem Kuubaz (Kaftan), der ent¬
weder weiß oder schwarz ist und um die Hüften durch einen Gürtel von
weißer Baumwolle zusammengehalten wird, endlich einem kurzen engen Rock,
dessen Aermel schwarz und weiß gestreift sind. Bei feierlichen Gelegenheiten
zieht man darüber noch einen schwarzen Mantel und steckt die Füße in Schna-
belschuhe von rothem Saffian.

Die Frauen tragen Hemd, Beinkleider und Kunbaz wie die Männer.
Jedes einzelne Stück davon ist einfarbig, weiß, schwarz, grün, blau oder violett,
niemals roth oder gelb. Den Kopf bedecken sie mit einer Tusa, d. h. einer
Mütze, die, etwa einen Fuß hoch und mit Blech überzogen, Aehnlichkeit mit den
Mützen der Grenadiere Friedrichs des Großen hat. und über welche der laug
auf den Rücken herabhängende weißbaumwollene Schleier gezogen ist. Wenn
sie sich in die Versammlungen begeben, kleiden sie sich in Röcke von schwarzem
geglätteten Baumwollenstoff. Von Schmuck sieht man an ihnen nur grobe
Armspangen von Silber oder Messing und die aus drei violettseidnen Schnü¬
ren bestehende Flechte, in welche sie ihr Haar binden. Am Ende jeder Schnur
befindet sich ein Büschel dünner Fäden, die in einem silbernen Kügelchen ver¬
einigt sind.

Das Kloster- und Einsiedlerleben der Christen findet unter den Drusen
sein Seitenstück. Die Enthaltsamen unter den Wissenden, weiche sie die „Aus¬
gezeichnetsten" (arab. Edschauid) nennen, bauen sich in einiger Entfernung von
den Ortschaften, gewöhnlich auf Anhöhen Andachtsorte, wo sie die meiste Zeit


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[0160] den Ihr Sebae nach Aegypten. Dieser las. was an der Mauer der Moschee des Hakim in Kahira geschrieben stand, und fand, daß Hakim die Trauben Masrs abgeschnitten habe, um das Keltern derselben zu verhindern. Darauf verbot der Emir den Weingenuß, und man gehorchte seinem Befehl, weil er für die Wiedergeburt eines der Apostel Hamzas, des Nasr Ihr Fetuch galt und in dieser Eigenschaft sich hohen Ansehens erfreute. Man hat beobachtet, daß besonders fromme Drusen sich Jahre laug des Essens vou Fleisch und frischem Obst enthielten und sich die ganze Zeit über mit trocknem Brot und Rosinen begnügten. Der Bart wird niemals rasirt. da seine Pflege zu den Gesetzen der Vollkommenheit gehört. Kein Wissender trägt seidne oder bunte Kleider. Früher zeichneten sich die Wissenden dadurch vor den andern aus, daß sie den Kopf mit einer Takije von rothem Tuch be¬ deckten und darum ein weißes Tuch korbartig wickelten, welches sie Tabije nannten. Jetzt wird diese Kopfbedeckung nur noch von ihren Einsiedlern ge¬ tragen. Die Uebrigen bedienen sich des gewöhnlichen Tarbusch, um den sie den weißbaumwollnen Turban winden. Nur die schwarz- oder blauseidne Troddel, die am Tarbusch zu sein pflegt, wird abgeschnitten. Die Kleidung der Drusen wird nur aus vaumwollnen oder leinenen Stoffen gemacht. Sie besteht aus einem Hemd und Beinkleidern, einem Kuubaz (Kaftan), der ent¬ weder weiß oder schwarz ist und um die Hüften durch einen Gürtel von weißer Baumwolle zusammengehalten wird, endlich einem kurzen engen Rock, dessen Aermel schwarz und weiß gestreift sind. Bei feierlichen Gelegenheiten zieht man darüber noch einen schwarzen Mantel und steckt die Füße in Schna- belschuhe von rothem Saffian. Die Frauen tragen Hemd, Beinkleider und Kunbaz wie die Männer. Jedes einzelne Stück davon ist einfarbig, weiß, schwarz, grün, blau oder violett, niemals roth oder gelb. Den Kopf bedecken sie mit einer Tusa, d. h. einer Mütze, die, etwa einen Fuß hoch und mit Blech überzogen, Aehnlichkeit mit den Mützen der Grenadiere Friedrichs des Großen hat. und über welche der laug auf den Rücken herabhängende weißbaumwollene Schleier gezogen ist. Wenn sie sich in die Versammlungen begeben, kleiden sie sich in Röcke von schwarzem geglätteten Baumwollenstoff. Von Schmuck sieht man an ihnen nur grobe Armspangen von Silber oder Messing und die aus drei violettseidnen Schnü¬ ren bestehende Flechte, in welche sie ihr Haar binden. Am Ende jeder Schnur befindet sich ein Büschel dünner Fäden, die in einem silbernen Kügelchen ver¬ einigt sind. Das Kloster- und Einsiedlerleben der Christen findet unter den Drusen sein Seitenstück. Die Enthaltsamen unter den Wissenden, weiche sie die „Aus¬ gezeichnetsten" (arab. Edschauid) nennen, bauen sich in einiger Entfernung von den Ortschaften, gewöhnlich auf Anhöhen Andachtsorte, wo sie die meiste Zeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/160>, abgerufen am 27.08.2024.