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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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den Worten her: "Wenn sich der Glaubte mit seiner gläubigen Schwester
vermählt." Die äußere Stellung der Gatten soll gleich sein, eines soll eine
Wissende keinen Nichtwissenden heirathen; wo eine Ausnahme vorkommt, spricht
die Frau nie mit ihrem Manne über religiöse Angelegenheiten und verbirgt
ihre Bücher vor ihm in' einer verschlossenen Kiste. Die drusischen Frauen ge¬
hören größtentheils zu den Wissenden und haben überhaupt eine weit bessere
Stellung als die der übrigen Orientalen. Sie können fast alle lesen und
schreiben. Nie zeigen sie, einem Fremden begegnend, von ihrem Gesicht mehr
als das eine Auge und die Wange darunter, und ihre Rede wie ihr Betrage"
ist im hohen Grade liebenswürdig, sittsam und züchtig. In den Versamm¬
lungen der Männer ziemt es sich nicht, der Frauen zu gedenken; muß es ge¬
schehen, so hat der Sprechende solche Worte vorauszuschicken, welche bei den
Arabern gebraucht werden, wenn sie genöthigt sind, Dinge in den Mund zu
nehmen, deren Erwähnung für unschicklich gilt. z. B. Kloaken und Leichname.
Will ein Druse gegen einen Andern von einer Fron reden, so sagt er: "Gott
zeichne Euch aus, die N. N."; doch sind davon die Mutter, die Großmutter
und die Schwester des Baders oder der Mutter ausgenommen, von denen man
zu denen, die gleichen Ranges sind: "Die für Dich betet, meine Mutter"
u. s. w., zu Höherstehenden aber: "Deine Magd, meine Mutter" u. f. w.
sagt. Die Drusen gestatten keine Vielweiberei, und die Scheidung ist zwar
erlaubt, doch darf eine Geschiedene nicht wieder zu ihrem Manne zurückkehren.
Beide Gatten haben gleiche Rechte. Erfolgt eine Trennung, weil der
Mann sich gegen die Iran vergangen hat, so hat sie die Hälfte seines Ver¬
mögens zu beanspruchen; hat sie Veranlassung zur Scheidung gegeben, so
darf er die Hälfte ihrer Habe nehmen. In der Ehe hat der Mann Alles mit
Kiner Gattin zu theilen, er darf ihr keine zu schwere Arbeit aufbürden und
">uß ihr Ruhe und Muße zum Gottesdienst lassen. Ein Druse soll ferner
mit seiner Frau nur einmal im Monat geschlechtlichen Verkehr haben.
Während der Schwangerschaft und der darauf folgenden zwei Jahre des
Stillens darf er sie gar nicht berühren. Hat ein Reicher schon vier, ein Ar¬
mer zwei Söhne, so muß er sich von dieser Zeit an für sein ganzes übriges
Leben von seiner Frau fern halten, "auf daß sie nicht in Noth gerathen und
Muße haben zum Gottesdienst." Halten sich manche nicht an diese Bestimmungen
idie einem Commentar des Emirs Sejd Abdullah Et Tenuchi zu Hamzas
Schrift über die Ehe der Einheitsbekenner entnommen sind) so liegt darin kein
Tadel, sondern eine Uebertretung ihres Gesetzes.

Der Druse lebt überhaupt in Speise, Trank und Kleidung sehr mäßig
u"d einfach. Der Wissende raucht niemals, schnupft sehr selten und trinkt
weder Wein noch andere berauschende Getränke. Das Weintunken war ihnen
bis aus jenen Emir Sejd erlaubt. Da aber sandte dieser einen seiner Schüler,


den Worten her: „Wenn sich der Glaubte mit seiner gläubigen Schwester
vermählt." Die äußere Stellung der Gatten soll gleich sein, eines soll eine
Wissende keinen Nichtwissenden heirathen; wo eine Ausnahme vorkommt, spricht
die Frau nie mit ihrem Manne über religiöse Angelegenheiten und verbirgt
ihre Bücher vor ihm in' einer verschlossenen Kiste. Die drusischen Frauen ge¬
hören größtentheils zu den Wissenden und haben überhaupt eine weit bessere
Stellung als die der übrigen Orientalen. Sie können fast alle lesen und
schreiben. Nie zeigen sie, einem Fremden begegnend, von ihrem Gesicht mehr
als das eine Auge und die Wange darunter, und ihre Rede wie ihr Betrage»
ist im hohen Grade liebenswürdig, sittsam und züchtig. In den Versamm¬
lungen der Männer ziemt es sich nicht, der Frauen zu gedenken; muß es ge¬
schehen, so hat der Sprechende solche Worte vorauszuschicken, welche bei den
Arabern gebraucht werden, wenn sie genöthigt sind, Dinge in den Mund zu
nehmen, deren Erwähnung für unschicklich gilt. z. B. Kloaken und Leichname.
Will ein Druse gegen einen Andern von einer Fron reden, so sagt er: „Gott
zeichne Euch aus, die N. N."; doch sind davon die Mutter, die Großmutter
und die Schwester des Baders oder der Mutter ausgenommen, von denen man
zu denen, die gleichen Ranges sind: „Die für Dich betet, meine Mutter"
u. s. w., zu Höherstehenden aber: „Deine Magd, meine Mutter" u. f. w.
sagt. Die Drusen gestatten keine Vielweiberei, und die Scheidung ist zwar
erlaubt, doch darf eine Geschiedene nicht wieder zu ihrem Manne zurückkehren.
Beide Gatten haben gleiche Rechte. Erfolgt eine Trennung, weil der
Mann sich gegen die Iran vergangen hat, so hat sie die Hälfte seines Ver¬
mögens zu beanspruchen; hat sie Veranlassung zur Scheidung gegeben, so
darf er die Hälfte ihrer Habe nehmen. In der Ehe hat der Mann Alles mit
Kiner Gattin zu theilen, er darf ihr keine zu schwere Arbeit aufbürden und
">uß ihr Ruhe und Muße zum Gottesdienst lassen. Ein Druse soll ferner
mit seiner Frau nur einmal im Monat geschlechtlichen Verkehr haben.
Während der Schwangerschaft und der darauf folgenden zwei Jahre des
Stillens darf er sie gar nicht berühren. Hat ein Reicher schon vier, ein Ar¬
mer zwei Söhne, so muß er sich von dieser Zeit an für sein ganzes übriges
Leben von seiner Frau fern halten, „auf daß sie nicht in Noth gerathen und
Muße haben zum Gottesdienst." Halten sich manche nicht an diese Bestimmungen
idie einem Commentar des Emirs Sejd Abdullah Et Tenuchi zu Hamzas
Schrift über die Ehe der Einheitsbekenner entnommen sind) so liegt darin kein
Tadel, sondern eine Uebertretung ihres Gesetzes.

Der Druse lebt überhaupt in Speise, Trank und Kleidung sehr mäßig
u»d einfach. Der Wissende raucht niemals, schnupft sehr selten und trinkt
weder Wein noch andere berauschende Getränke. Das Weintunken war ihnen
bis aus jenen Emir Sejd erlaubt. Da aber sandte dieser einen seiner Schüler,


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[0159] den Worten her: „Wenn sich der Glaubte mit seiner gläubigen Schwester vermählt." Die äußere Stellung der Gatten soll gleich sein, eines soll eine Wissende keinen Nichtwissenden heirathen; wo eine Ausnahme vorkommt, spricht die Frau nie mit ihrem Manne über religiöse Angelegenheiten und verbirgt ihre Bücher vor ihm in' einer verschlossenen Kiste. Die drusischen Frauen ge¬ hören größtentheils zu den Wissenden und haben überhaupt eine weit bessere Stellung als die der übrigen Orientalen. Sie können fast alle lesen und schreiben. Nie zeigen sie, einem Fremden begegnend, von ihrem Gesicht mehr als das eine Auge und die Wange darunter, und ihre Rede wie ihr Betrage» ist im hohen Grade liebenswürdig, sittsam und züchtig. In den Versamm¬ lungen der Männer ziemt es sich nicht, der Frauen zu gedenken; muß es ge¬ schehen, so hat der Sprechende solche Worte vorauszuschicken, welche bei den Arabern gebraucht werden, wenn sie genöthigt sind, Dinge in den Mund zu nehmen, deren Erwähnung für unschicklich gilt. z. B. Kloaken und Leichname. Will ein Druse gegen einen Andern von einer Fron reden, so sagt er: „Gott zeichne Euch aus, die N. N."; doch sind davon die Mutter, die Großmutter und die Schwester des Baders oder der Mutter ausgenommen, von denen man zu denen, die gleichen Ranges sind: „Die für Dich betet, meine Mutter" u. s. w., zu Höherstehenden aber: „Deine Magd, meine Mutter" u. f. w. sagt. Die Drusen gestatten keine Vielweiberei, und die Scheidung ist zwar erlaubt, doch darf eine Geschiedene nicht wieder zu ihrem Manne zurückkehren. Beide Gatten haben gleiche Rechte. Erfolgt eine Trennung, weil der Mann sich gegen die Iran vergangen hat, so hat sie die Hälfte seines Ver¬ mögens zu beanspruchen; hat sie Veranlassung zur Scheidung gegeben, so darf er die Hälfte ihrer Habe nehmen. In der Ehe hat der Mann Alles mit Kiner Gattin zu theilen, er darf ihr keine zu schwere Arbeit aufbürden und ">uß ihr Ruhe und Muße zum Gottesdienst lassen. Ein Druse soll ferner mit seiner Frau nur einmal im Monat geschlechtlichen Verkehr haben. Während der Schwangerschaft und der darauf folgenden zwei Jahre des Stillens darf er sie gar nicht berühren. Hat ein Reicher schon vier, ein Ar¬ mer zwei Söhne, so muß er sich von dieser Zeit an für sein ganzes übriges Leben von seiner Frau fern halten, „auf daß sie nicht in Noth gerathen und Muße haben zum Gottesdienst." Halten sich manche nicht an diese Bestimmungen idie einem Commentar des Emirs Sejd Abdullah Et Tenuchi zu Hamzas Schrift über die Ehe der Einheitsbekenner entnommen sind) so liegt darin kein Tadel, sondern eine Uebertretung ihres Gesetzes. Der Druse lebt überhaupt in Speise, Trank und Kleidung sehr mäßig u»d einfach. Der Wissende raucht niemals, schnupft sehr selten und trinkt weder Wein noch andere berauschende Getränke. Das Weintunken war ihnen bis aus jenen Emir Sejd erlaubt. Da aber sandte dieser einen seiner Schüler,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/159>, abgerufen am 27.08.2024.