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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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wendig getroffen werden müssen, um nur die lästigen Uebergangsabgaben zu
beseitigen, -- Flußschiffahrt, Wasserzölle, Weggelder auf Land- und
Wasserstraßen. Einheit in Münze, Maß- und Gewicht; Leitung, beziehungs¬
weise Oberaufsicht über Post- und Telegraphenwesen, Eisenbahnen und
Kanüle. Bank- und Papicrgeldwesen. Dies sind die Zweige und die Einrich¬
tungen in dem wirthschaftlichen Verkehr, in Handel, Credit und der gewerblichen
Thätigkeit, welche einer einheitlichen Gesetzgebung und Leitung bedürfen, und die¬
selbe von der Ausbildung des Zollvereins erwarten. Dann erst kann im deutschen
Körper der Blutumlauf ein normaler werden, und die Mittel schaffen, welche
Ansehn und Macht unter den Nationen verleihen. Die Seeschiffahrt wird zur
Vereinsangelegenheit erhoben werden müssen, und so wird der Verein eine Flagge
und eine schützende Flotte nicht lange mehr entbehren können. Es fehlt
nicht an Fähigkeit und an Kräften, um diese Arbeiten zu bewältigen, und viel
schätzbares Material ist vorhanden, um aus dem Gewirre der Particulargesetz-
gcbungen heraus zu gemeinsamen deutschen Institutionen zu gelangen. Die
Gegenwart endlich bringt in der Nation eine Fülle von gutem Willen zur
Einigung hervor, welchem sich die Kanzleien nicht hinter den Bollwerken ihrer
mit Bedenklichkeiten vollgepfropften Actenstöße werden verschließen dürfen, sobald
von maßgebender Seite der ernste Wille sich zeigt, mit Verstand und Nach¬
druck die Einigung zu erzielen. Mit der Herstellung einer Centralverwaltung
und eines Vcreinstags sind die Mittel und Wege für zeitgemäße Fortbildung
der Verfassung und Gesetzgebung wie der Einrichtungen zur Förderung der
gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen gegeben. Dann wird es sich wol
nicht mehr um eine zwölfjährige Dauer der Verträge handeln, sondern es
wird zu bestimmen sein, daß der Verein so lange besteht, bis ein deutscher
Bundesstaat ihn aufnimmt.

Im Allgemeinen wird, wenn von dem Zollverein die Rede ist, zunächst,
ja fast ausschließlich, an den Tarif gedacht; allerdings ein wichtiger Bestand¬
theil der Zollgesetzgebung, aber doch nicht der einzige. Uns ist stets die
Ansicht als die richtige erschienen, welche die Lichtseite des Zollvereins nicht
in den Abgaben erblickte, die von ein-, aus- und durchgehenden Waaren an
der Grenze gegen das Ausland erhoben werden, sondern in der Aufs ebüng
dieser Abgaben an den Grenzen der Vereinsstaaten gegen einander. Der Tarif
enthält Sätze, die als Finanzzölle (Lerbrauchsteuern) gelten, und den größern
Theil der Einnahmen liefern (Kaffe, Zucker -- einschließlich Rübenzucker --
geistige Getränke, Tabak u. d. gi.), andere, auf Fabricate und Halbfabricate,
die einen mäßigen Schutz mancher Industriezweige, besonders der Spinnerei
und Weberei, bezwecken. Wir würden es nicht für zweckmäßig halten, wenn
die Erneuerung der Verträge dazu benutzt werden sollte, den Streit zwischen
Zollschutz und Freihandel auszufechten, und eine Umgestaltung des Tarifs in


wendig getroffen werden müssen, um nur die lästigen Uebergangsabgaben zu
beseitigen, — Flußschiffahrt, Wasserzölle, Weggelder auf Land- und
Wasserstraßen. Einheit in Münze, Maß- und Gewicht; Leitung, beziehungs¬
weise Oberaufsicht über Post- und Telegraphenwesen, Eisenbahnen und
Kanüle. Bank- und Papicrgeldwesen. Dies sind die Zweige und die Einrich¬
tungen in dem wirthschaftlichen Verkehr, in Handel, Credit und der gewerblichen
Thätigkeit, welche einer einheitlichen Gesetzgebung und Leitung bedürfen, und die¬
selbe von der Ausbildung des Zollvereins erwarten. Dann erst kann im deutschen
Körper der Blutumlauf ein normaler werden, und die Mittel schaffen, welche
Ansehn und Macht unter den Nationen verleihen. Die Seeschiffahrt wird zur
Vereinsangelegenheit erhoben werden müssen, und so wird der Verein eine Flagge
und eine schützende Flotte nicht lange mehr entbehren können. Es fehlt
nicht an Fähigkeit und an Kräften, um diese Arbeiten zu bewältigen, und viel
schätzbares Material ist vorhanden, um aus dem Gewirre der Particulargesetz-
gcbungen heraus zu gemeinsamen deutschen Institutionen zu gelangen. Die
Gegenwart endlich bringt in der Nation eine Fülle von gutem Willen zur
Einigung hervor, welchem sich die Kanzleien nicht hinter den Bollwerken ihrer
mit Bedenklichkeiten vollgepfropften Actenstöße werden verschließen dürfen, sobald
von maßgebender Seite der ernste Wille sich zeigt, mit Verstand und Nach¬
druck die Einigung zu erzielen. Mit der Herstellung einer Centralverwaltung
und eines Vcreinstags sind die Mittel und Wege für zeitgemäße Fortbildung
der Verfassung und Gesetzgebung wie der Einrichtungen zur Förderung der
gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen gegeben. Dann wird es sich wol
nicht mehr um eine zwölfjährige Dauer der Verträge handeln, sondern es
wird zu bestimmen sein, daß der Verein so lange besteht, bis ein deutscher
Bundesstaat ihn aufnimmt.

Im Allgemeinen wird, wenn von dem Zollverein die Rede ist, zunächst,
ja fast ausschließlich, an den Tarif gedacht; allerdings ein wichtiger Bestand¬
theil der Zollgesetzgebung, aber doch nicht der einzige. Uns ist stets die
Ansicht als die richtige erschienen, welche die Lichtseite des Zollvereins nicht
in den Abgaben erblickte, die von ein-, aus- und durchgehenden Waaren an
der Grenze gegen das Ausland erhoben werden, sondern in der Aufs ebüng
dieser Abgaben an den Grenzen der Vereinsstaaten gegen einander. Der Tarif
enthält Sätze, die als Finanzzölle (Lerbrauchsteuern) gelten, und den größern
Theil der Einnahmen liefern (Kaffe, Zucker — einschließlich Rübenzucker —
geistige Getränke, Tabak u. d. gi.), andere, auf Fabricate und Halbfabricate,
die einen mäßigen Schutz mancher Industriezweige, besonders der Spinnerei
und Weberei, bezwecken. Wir würden es nicht für zweckmäßig halten, wenn
die Erneuerung der Verträge dazu benutzt werden sollte, den Streit zwischen
Zollschutz und Freihandel auszufechten, und eine Umgestaltung des Tarifs in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/60>, abgerufen am 15.01.2025.