Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Konservativer und zugleich eines großen Staats würdiger scheint uns eine Diese Erinnerung würde von entschiedenem Erfolg sein, sobald Preußen Wenn aber in Preußen die Disciplin soweit erstarkt, daß die rechte Hand Zwei Regierungen nehmen wir aus: Hannover und Mecklenburg; diese Oestreich dagegen ist nicht mehr in der alten Lage. Wenn es sich nicht Konservativer und zugleich eines großen Staats würdiger scheint uns eine Diese Erinnerung würde von entschiedenem Erfolg sein, sobald Preußen Wenn aber in Preußen die Disciplin soweit erstarkt, daß die rechte Hand Zwei Regierungen nehmen wir aus: Hannover und Mecklenburg; diese Oestreich dagegen ist nicht mehr in der alten Lage. Wenn es sich nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110874"/> <p xml:id="ID_1613"> Konservativer und zugleich eines großen Staats würdiger scheint uns eine<lb/> andere Haltung Preußens. Die Rechtsfrage ganz bei Seite gesetzt, kann<lb/> Preußen jetzt der kurfürstlichen Regierung, die Acten in der Hand, den schla¬<lb/> genden Beweis führen, daß der Friede nur auf Grundlage der Verfassung von<lb/> 1831 möglich ist. Preußen kann aber,, um seiner Selbsterhaltung willen, nicht<lb/> zugeben, daß unmittelbar an seiner Grenze die Anarchie ausbricht. Es kann<lb/> es um so weniger zugeben, da ein Krieg vor der Thür steht. Es hat also<lb/> der kurfürstlichen Negierung freundnachbarlich den Wunsch auszudrücken, die<lb/> Ordnung im Lande herzustellen, da der Krieg angemeldet ist-, im andern Fall<lb/> würde eine Intervention sich nicht vermeiden lassen. — Es würde nicht genü¬<lb/> gen, diese Bemerkungen an die kurfürstliche Regierung zu adressiren, die sie<lb/> wahrscheinlich als schätzbares Material zu den Acten legen würde; sondern<lb/> sie müßten zugleich den übrigen Bundesregierungen, sie müßten Dentschland und<lb/> Europa mitgetheilt werben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1614"> Diese Erinnerung würde von entschiedenem Erfolg sein, sobald Preußen<lb/> vorher im eignen Lande Ordnung gemacht hatte. Denn das freilich gehört<lb/> dazu. Wenn in Preußen, wie bisher, immer die rechte Hand nicht weiß, was<lb/> die linke thut, so kann es alle Tage ein Dutzend Noten schreiben — überreicht<lb/> von einem lächelnden Gentleman, der die Achseln zuckt und zu verstehen<lb/> gibt, es wäre nicht so schlimm gemeint; was die Herren Minister sagten,<lb/> sage noch lange nicht der Staat (im vertrauten Kreisen sollen statt des Aus¬<lb/> drucks „Herren" auch andere Ausdrücke gebraucht werden): — es kann alles<lb/> Papier, was in Deutschland fabricirt wird, vollschreiben, und man wird sich<lb/> noch nicht einmal die Mühe geben, es zu lesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1615"> Wenn aber in Preußen die Disciplin soweit erstarkt, daß die rechte Hand<lb/> mit der linken zusammenwirkt, so wäre jetzt große Aussicht, daß seine An¬<lb/> sichten bei den übrigen Bundesregierungen mehr Anklang finden-, oder besser<lb/> gesagt, daß man ihnen mit weniger Strenge gegenübertritt, als zur Zeit des<lb/> Bundesbeschlusses.</p><lb/> <p xml:id="ID_1616"> Zwei Regierungen nehmen wir aus: Hannover und Mecklenburg; diese<lb/> werden, so lange sie nicht die Nothwendigkeit mit Augen sehn, kein böses<lb/> Beispiel zulassen, das auch bei ihnen zu Hause bedacht werden könnte. So¬<lb/> bald sie die Nothwendigkeit sehn oder fühlen, ist es freilich ein Anderes.</p><lb/> <p xml:id="ID_1617" next="#ID_1618"> Oestreich dagegen ist nicht mehr in der alten Lage. Wenn es sich nicht<lb/> etwa entschließt, Venedig zu verkaufen, hat es den Krieg. Sobald der Krieg<lb/> erklärt ist, kann es sein sämmtliches Papiergeld zum Anzünden ungarischer<lb/> Pfeisen benutzen, denn sonst hätte es keinen Zweck. Der Krieg würde nicht<lb/> blos Venedig gelten, sondern Ungarn. Wie die Stimmung in Ungarn ist,<lb/> tritt , jetzt zu Tage; das Diplom hat Licht verschafft — und das ist ein unge¬<lb/> heurer Gewinn. Wenn man im Begriff ist, in einen Abgrund zu stürzen, so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
Konservativer und zugleich eines großen Staats würdiger scheint uns eine
andere Haltung Preußens. Die Rechtsfrage ganz bei Seite gesetzt, kann
Preußen jetzt der kurfürstlichen Regierung, die Acten in der Hand, den schla¬
genden Beweis führen, daß der Friede nur auf Grundlage der Verfassung von
1831 möglich ist. Preußen kann aber,, um seiner Selbsterhaltung willen, nicht
zugeben, daß unmittelbar an seiner Grenze die Anarchie ausbricht. Es kann
es um so weniger zugeben, da ein Krieg vor der Thür steht. Es hat also
der kurfürstlichen Negierung freundnachbarlich den Wunsch auszudrücken, die
Ordnung im Lande herzustellen, da der Krieg angemeldet ist-, im andern Fall
würde eine Intervention sich nicht vermeiden lassen. — Es würde nicht genü¬
gen, diese Bemerkungen an die kurfürstliche Regierung zu adressiren, die sie
wahrscheinlich als schätzbares Material zu den Acten legen würde; sondern
sie müßten zugleich den übrigen Bundesregierungen, sie müßten Dentschland und
Europa mitgetheilt werben.
Diese Erinnerung würde von entschiedenem Erfolg sein, sobald Preußen
vorher im eignen Lande Ordnung gemacht hatte. Denn das freilich gehört
dazu. Wenn in Preußen, wie bisher, immer die rechte Hand nicht weiß, was
die linke thut, so kann es alle Tage ein Dutzend Noten schreiben — überreicht
von einem lächelnden Gentleman, der die Achseln zuckt und zu verstehen
gibt, es wäre nicht so schlimm gemeint; was die Herren Minister sagten,
sage noch lange nicht der Staat (im vertrauten Kreisen sollen statt des Aus¬
drucks „Herren" auch andere Ausdrücke gebraucht werden): — es kann alles
Papier, was in Deutschland fabricirt wird, vollschreiben, und man wird sich
noch nicht einmal die Mühe geben, es zu lesen.
Wenn aber in Preußen die Disciplin soweit erstarkt, daß die rechte Hand
mit der linken zusammenwirkt, so wäre jetzt große Aussicht, daß seine An¬
sichten bei den übrigen Bundesregierungen mehr Anklang finden-, oder besser
gesagt, daß man ihnen mit weniger Strenge gegenübertritt, als zur Zeit des
Bundesbeschlusses.
Zwei Regierungen nehmen wir aus: Hannover und Mecklenburg; diese
werden, so lange sie nicht die Nothwendigkeit mit Augen sehn, kein böses
Beispiel zulassen, das auch bei ihnen zu Hause bedacht werden könnte. So¬
bald sie die Nothwendigkeit sehn oder fühlen, ist es freilich ein Anderes.
Oestreich dagegen ist nicht mehr in der alten Lage. Wenn es sich nicht
etwa entschließt, Venedig zu verkaufen, hat es den Krieg. Sobald der Krieg
erklärt ist, kann es sein sämmtliches Papiergeld zum Anzünden ungarischer
Pfeisen benutzen, denn sonst hätte es keinen Zweck. Der Krieg würde nicht
blos Venedig gelten, sondern Ungarn. Wie die Stimmung in Ungarn ist,
tritt , jetzt zu Tage; das Diplom hat Licht verschafft — und das ist ein unge¬
heurer Gewinn. Wenn man im Begriff ist, in einen Abgrund zu stürzen, so
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |