Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Kirche ihnen zu Ehren eingesetzten Feste an die Umzüge seiner alten Götter Auch in Belgien waren die drei Weisen zu allen Zeiten hochgeehrt, und Zu Furnes, zu Upern und in andern von Vlämingen bewohnten Orten In England heißt der Tag bekanntlich "weitet ä-^". der zwölfte Tag. 64"
Kirche ihnen zu Ehren eingesetzten Feste an die Umzüge seiner alten Götter Auch in Belgien waren die drei Weisen zu allen Zeiten hochgeehrt, und Zu Furnes, zu Upern und in andern von Vlämingen bewohnten Orten In England heißt der Tag bekanntlich „weitet ä-^". der zwölfte Tag. 64"
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Kirche ihnen zu Ehren eingesetzten Feste an die Umzüge seiner alten Götter
und an das Erscheinen derselben an den Wiegen seiner Heroen erinnerte. Das
Fest findet sich schon in dem ersten noch, halb heidnischen Kalender des Jahres
448 verzeichnet. Später wurden die drei Könige häufig von Malern zum
Gegenstand der Darstellung gemacht und ihr Umzug bis auf die neueste Zeit
vom Landvolke bald in mehr andächtiger, bald in mehr burlesker Weise nach¬
geahmt. So namentlich in den verschiedensten Gegenden Deutschlands, von
den tiroler Alpen bis hinab an die Ost- und Nordsee.
Auch in Belgien waren die drei Weisen zu allen Zeiten hochgeehrt, und
zwar sowol unter Wallonen wie unter Vlämingen. Man nannte ihren Tag,
wie in Deutschland, das große Neujahr — Groot Nicujaer — trug Zettel
mit ihren Namen beschrieben als Amulete gegen die fallende Sucht bei sich,
glaubte sich durch Anrufung derselben vor Kopfweh, Fieber, bösem Zauber,
vor Unfällen auf Reisen und besonders auch vor dem Biß toller Hunde zu
sichern, und verwendete die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar sogar als
Zaubermittel, indem man sie auf Papier schrieb und um die Kugel wickelte,
mit der man einen unfehlbaren Schuß thun wollte.
Zu Furnes, zu Upern und in andern von Vlämingen bewohnten Orten
und Landstrichen wird das Epiphaniasfest in der Regel „Dertienday" oder
„Dertiennacht", d. h. der dreizehnte Tag, die dreizehnte Nacht genannt; denn
es ist der Tag, der auf die zwölf Nächte folgt. Aus demselben Grunde be¬
zeichnet man es auch als „Heilig-Licht-Nacht". Nachdem die zwölf Nächte
vorüber sind, die man sich im Heidenthum als dämmernde Übergangsperiode
gedacht haben mag, und in denen man später düstre Mächte geheimnißvoller
und gespenstiger Art umgehen sah, schließt sich die unterirdische Welt, das in
die Erde versunkene Heidenthum, und eine neue Sonne bescheint gleichsam die
Erde und die Menschen, ihnen zu dem gewöhnlichen Tagewerk zu leuchten.
So wurde der Tag der drei Könige zu einem besonders glücklichen, für den
er noch jetzt gilt. Namentlich für Donnerstags- und Sonntagskinder bringt
er in Belgien Segen, und sehr gern schließen solche an diesem Tage Verlo¬
bungen und Heirathen,
In England heißt der Tag bekanntlich „weitet ä-^". der zwölfte Tag.
aber auch dort bildete er den Schluß des Weihnachtsfestes, an dem man sich
zum letzten Mal den mit diesem verbundenen Freuden überließ. Die Gelage,
mit denen man ihn feierte, erhielten eine neue Berechtigung dadurch, daß die
Kirche auf ihn die Erinnerung an die Hochzeit von Cana verlegte, und dadurch
wird sich auch erklären, dckß das aus den römischen Saturnalien herüberge-
nommene, ursprünglich in Frankreich heimische Fest „Koi Koie" sich allmälig
über Belgien verbreitete. Es war eben entstanden aus dem altrömischen Ze¬
cherkönig, aus der Erinnerung an die Könige von Morgenland und aus der
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