Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Edelmuth hinter scheinbarem Menschenhaß versteckt; dazwischen die Frauenwelt,
bald von der einen, bald von der andern Seite angezogen; geheime Cnminal-
beziehungen; ein verloren gegangenes Kind, das Anfangs als furchtbare
Drohung austretend, endlich den versöhnenden Ausgang vermittelt; zum Schluß
Jeder nach Verdienst belohnt und bestraft. -- Die politischen Beziehungen
könnten etwas tiefer gegriffen sein. --

Deutsche Schaubühne, redigirt von Feodor West, Hamburg. -- Die
Redaction bemüht sich, ihre Zeitschrift durch angemessene belletristische Beiträge
zu heben. In besonderem Abdruck sind erschienen: "Neue Herzensgeschichten"
von Feodor West und "Salonbilder aus der vornehmen Welt" (d. h. aus
den Pharotischeu) von Friedrich Steinbach. --

Armand: Ralph Norwood. Roman in 5 Bdn. (Hannover, Rümplcr.) --
Man sollte denken, daß Cooper sür Jndianerbilder nicht mehr viel Spielraum
gelassen hätte. -- Und doch ist in unsern Tagen wieder eine, ganz neue, sehr
umfassende Jndiancrliteratur aufgetaucht, die das Publicum anspricht und
fesselt. Auch der Verfasser des gegenwärtigen Romans hat, soviel wir wissen,
schon Mehreres in diesem Fach geleistet, und scheint durch unmittelbare An¬
schauung dazu befähigt zu sein. An spannenden Verwickelungen fehlt es nicht,
der künstlerische Werth ist nicht erheblich. --

Gustav von Struensee: Zwei gnädige Frauen. Roman in 5 Bdn.
(Breslau, Trewendt). -- Die Figuren sind originell, und glücklich erdacht, so
paradox das Thema ist; namentlich die beiden gnädigen Frauen haben soviel
Plastik, daß sie sich dem Gedächtniß einprägen. -- Eine Baronin, die ihr Haus
mit männlicher Kraft regiert, will nicht, daß das Majorat an eine katholische
Seitenlinie falle; da sie selbst keine Hoffnung zu männlichen Erben mehr
hat, veranlaßt sie ihren schwachen Gemahl, sich von ihr scheiden zu lassen
und eine andere zu heirathen. -- Die Zumuthung ist stark, aber die dar¬
aus sich ergebenden Verwickelungen sind sehr ergötzlich geschildert. -- Schade,
daß das Costüm nicht beobachtet ist. Die Zeit des siebenjährigen Kriegs steht
uns noch zu nahe, als daß wir nicht den Gegensatz der damaligen Sprachweise
gegen die unsere empfinden sollten. Wenn ein Dichter seine Geschichte in jene
Zeit verlegt, darf er die Personen nicht in unserer Manier sich unterhalten
lassen. Eine zu ernstliche Nachahmung der alten Sprachweise würde sogar stören;
aber es darf nichts vorkommen, was gegen den Geist derselben verstößt. --

Max Ring: Rosenkreuzer und Illuminaten. Historischer Roman aus
dem 18. Jahrhundert. 4 Bd. (Berlin. Janke). Der Verfasser hat die in


Edelmuth hinter scheinbarem Menschenhaß versteckt; dazwischen die Frauenwelt,
bald von der einen, bald von der andern Seite angezogen; geheime Cnminal-
beziehungen; ein verloren gegangenes Kind, das Anfangs als furchtbare
Drohung austretend, endlich den versöhnenden Ausgang vermittelt; zum Schluß
Jeder nach Verdienst belohnt und bestraft. — Die politischen Beziehungen
könnten etwas tiefer gegriffen sein. —

Deutsche Schaubühne, redigirt von Feodor West, Hamburg. — Die
Redaction bemüht sich, ihre Zeitschrift durch angemessene belletristische Beiträge
zu heben. In besonderem Abdruck sind erschienen: „Neue Herzensgeschichten"
von Feodor West und „Salonbilder aus der vornehmen Welt" (d. h. aus
den Pharotischeu) von Friedrich Steinbach. —

Armand: Ralph Norwood. Roman in 5 Bdn. (Hannover, Rümplcr.) —
Man sollte denken, daß Cooper sür Jndianerbilder nicht mehr viel Spielraum
gelassen hätte. — Und doch ist in unsern Tagen wieder eine, ganz neue, sehr
umfassende Jndiancrliteratur aufgetaucht, die das Publicum anspricht und
fesselt. Auch der Verfasser des gegenwärtigen Romans hat, soviel wir wissen,
schon Mehreres in diesem Fach geleistet, und scheint durch unmittelbare An¬
schauung dazu befähigt zu sein. An spannenden Verwickelungen fehlt es nicht,
der künstlerische Werth ist nicht erheblich. —

Gustav von Struensee: Zwei gnädige Frauen. Roman in 5 Bdn.
(Breslau, Trewendt). — Die Figuren sind originell, und glücklich erdacht, so
paradox das Thema ist; namentlich die beiden gnädigen Frauen haben soviel
Plastik, daß sie sich dem Gedächtniß einprägen. — Eine Baronin, die ihr Haus
mit männlicher Kraft regiert, will nicht, daß das Majorat an eine katholische
Seitenlinie falle; da sie selbst keine Hoffnung zu männlichen Erben mehr
hat, veranlaßt sie ihren schwachen Gemahl, sich von ihr scheiden zu lassen
und eine andere zu heirathen. — Die Zumuthung ist stark, aber die dar¬
aus sich ergebenden Verwickelungen sind sehr ergötzlich geschildert. — Schade,
daß das Costüm nicht beobachtet ist. Die Zeit des siebenjährigen Kriegs steht
uns noch zu nahe, als daß wir nicht den Gegensatz der damaligen Sprachweise
gegen die unsere empfinden sollten. Wenn ein Dichter seine Geschichte in jene
Zeit verlegt, darf er die Personen nicht in unserer Manier sich unterhalten
lassen. Eine zu ernstliche Nachahmung der alten Sprachweise würde sogar stören;
aber es darf nichts vorkommen, was gegen den Geist derselben verstößt. —

Max Ring: Rosenkreuzer und Illuminaten. Historischer Roman aus
dem 18. Jahrhundert. 4 Bd. (Berlin. Janke). Der Verfasser hat die in


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110850"/>
          <p xml:id="ID_1507" prev="#ID_1506"> Edelmuth hinter scheinbarem Menschenhaß versteckt; dazwischen die Frauenwelt,<lb/>
bald von der einen, bald von der andern Seite angezogen; geheime Cnminal-<lb/>
beziehungen; ein verloren gegangenes Kind, das Anfangs als furchtbare<lb/>
Drohung austretend, endlich den versöhnenden Ausgang vermittelt; zum Schluß<lb/>
Jeder nach Verdienst belohnt und bestraft. &#x2014; Die politischen Beziehungen<lb/>
könnten etwas tiefer gegriffen sein. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1508"> Deutsche Schaubühne, redigirt von Feodor West, Hamburg. &#x2014; Die<lb/>
Redaction bemüht sich, ihre Zeitschrift durch angemessene belletristische Beiträge<lb/>
zu heben. In besonderem Abdruck sind erschienen: &#x201E;Neue Herzensgeschichten"<lb/>
von Feodor West und &#x201E;Salonbilder aus der vornehmen Welt" (d. h. aus<lb/>
den Pharotischeu) von Friedrich Steinbach. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1509"> Armand: Ralph Norwood. Roman in 5 Bdn. (Hannover, Rümplcr.) &#x2014;<lb/>
Man sollte denken, daß Cooper sür Jndianerbilder nicht mehr viel Spielraum<lb/>
gelassen hätte. &#x2014; Und doch ist in unsern Tagen wieder eine, ganz neue, sehr<lb/>
umfassende Jndiancrliteratur aufgetaucht, die das Publicum anspricht und<lb/>
fesselt. Auch der Verfasser des gegenwärtigen Romans hat, soviel wir wissen,<lb/>
schon Mehreres in diesem Fach geleistet, und scheint durch unmittelbare An¬<lb/>
schauung dazu befähigt zu sein. An spannenden Verwickelungen fehlt es nicht,<lb/>
der künstlerische Werth ist nicht erheblich. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1510"> Gustav von Struensee: Zwei gnädige Frauen. Roman in 5 Bdn.<lb/>
(Breslau, Trewendt). &#x2014; Die Figuren sind originell, und glücklich erdacht, so<lb/>
paradox das Thema ist; namentlich die beiden gnädigen Frauen haben soviel<lb/>
Plastik, daß sie sich dem Gedächtniß einprägen. &#x2014; Eine Baronin, die ihr Haus<lb/>
mit männlicher Kraft regiert, will nicht, daß das Majorat an eine katholische<lb/>
Seitenlinie falle; da sie selbst keine Hoffnung zu männlichen Erben mehr<lb/>
hat, veranlaßt sie ihren schwachen Gemahl, sich von ihr scheiden zu lassen<lb/>
und eine andere zu heirathen. &#x2014; Die Zumuthung ist stark, aber die dar¬<lb/>
aus sich ergebenden Verwickelungen sind sehr ergötzlich geschildert. &#x2014; Schade,<lb/>
daß das Costüm nicht beobachtet ist. Die Zeit des siebenjährigen Kriegs steht<lb/>
uns noch zu nahe, als daß wir nicht den Gegensatz der damaligen Sprachweise<lb/>
gegen die unsere empfinden sollten. Wenn ein Dichter seine Geschichte in jene<lb/>
Zeit verlegt, darf er die Personen nicht in unserer Manier sich unterhalten<lb/>
lassen. Eine zu ernstliche Nachahmung der alten Sprachweise würde sogar stören;<lb/>
aber es darf nichts vorkommen, was gegen den Geist derselben verstößt. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1511" next="#ID_1512"> Max Ring: Rosenkreuzer und Illuminaten. Historischer Roman aus<lb/>
dem 18. Jahrhundert. 4 Bd. (Berlin. Janke).  Der Verfasser hat die in</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0502] Edelmuth hinter scheinbarem Menschenhaß versteckt; dazwischen die Frauenwelt, bald von der einen, bald von der andern Seite angezogen; geheime Cnminal- beziehungen; ein verloren gegangenes Kind, das Anfangs als furchtbare Drohung austretend, endlich den versöhnenden Ausgang vermittelt; zum Schluß Jeder nach Verdienst belohnt und bestraft. — Die politischen Beziehungen könnten etwas tiefer gegriffen sein. — Deutsche Schaubühne, redigirt von Feodor West, Hamburg. — Die Redaction bemüht sich, ihre Zeitschrift durch angemessene belletristische Beiträge zu heben. In besonderem Abdruck sind erschienen: „Neue Herzensgeschichten" von Feodor West und „Salonbilder aus der vornehmen Welt" (d. h. aus den Pharotischeu) von Friedrich Steinbach. — Armand: Ralph Norwood. Roman in 5 Bdn. (Hannover, Rümplcr.) — Man sollte denken, daß Cooper sür Jndianerbilder nicht mehr viel Spielraum gelassen hätte. — Und doch ist in unsern Tagen wieder eine, ganz neue, sehr umfassende Jndiancrliteratur aufgetaucht, die das Publicum anspricht und fesselt. Auch der Verfasser des gegenwärtigen Romans hat, soviel wir wissen, schon Mehreres in diesem Fach geleistet, und scheint durch unmittelbare An¬ schauung dazu befähigt zu sein. An spannenden Verwickelungen fehlt es nicht, der künstlerische Werth ist nicht erheblich. — Gustav von Struensee: Zwei gnädige Frauen. Roman in 5 Bdn. (Breslau, Trewendt). — Die Figuren sind originell, und glücklich erdacht, so paradox das Thema ist; namentlich die beiden gnädigen Frauen haben soviel Plastik, daß sie sich dem Gedächtniß einprägen. — Eine Baronin, die ihr Haus mit männlicher Kraft regiert, will nicht, daß das Majorat an eine katholische Seitenlinie falle; da sie selbst keine Hoffnung zu männlichen Erben mehr hat, veranlaßt sie ihren schwachen Gemahl, sich von ihr scheiden zu lassen und eine andere zu heirathen. — Die Zumuthung ist stark, aber die dar¬ aus sich ergebenden Verwickelungen sind sehr ergötzlich geschildert. — Schade, daß das Costüm nicht beobachtet ist. Die Zeit des siebenjährigen Kriegs steht uns noch zu nahe, als daß wir nicht den Gegensatz der damaligen Sprachweise gegen die unsere empfinden sollten. Wenn ein Dichter seine Geschichte in jene Zeit verlegt, darf er die Personen nicht in unserer Manier sich unterhalten lassen. Eine zu ernstliche Nachahmung der alten Sprachweise würde sogar stören; aber es darf nichts vorkommen, was gegen den Geist derselben verstößt. — Max Ring: Rosenkreuzer und Illuminaten. Historischer Roman aus dem 18. Jahrhundert. 4 Bd. (Berlin. Janke). Der Verfasser hat die in

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/502
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/502>, abgerufen am 15.01.2025.