Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.der Piemontesen. welche auf Entfernung von einer deutschen Meile in einem Heute wurde in der Stadt eine verschärfte Proclamation seitens des Gra¬ Er litt stark um der Gicht, war jedoch deshalb nicht minder disponirt. Grenjbotcn IV. 1860. 52
der Piemontesen. welche auf Entfernung von einer deutschen Meile in einem Heute wurde in der Stadt eine verschärfte Proclamation seitens des Gra¬ Er litt stark um der Gicht, war jedoch deshalb nicht minder disponirt. Grenjbotcn IV. 1860. 52
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0421" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110769"/> <p xml:id="ID_1270" prev="#ID_1269"> der Piemontesen. welche auf Entfernung von einer deutschen Meile in einem<lb/> riesigen Halbkreise die Stadt und Festung einschlossen, Die Jrländer und<lb/> ein Jägerbataillon machten Patrouillen, wie fast jeden Tag, und stießen oft<lb/> in geringer Entfernung auf Vedetten und Vorposten, welche sich jedoch stets<lb/> zurückzogen. Die Jrländer kamen nie heim, ohne eine Requisition von Ochsen<lb/> bewerkstelligt zu haben, was aber später untersagt wurde. Die Theuerung<lb/> begann fühlbarer zu werden und trotzdem sah man auf den Gassen stets eine<lb/> Menge Soldaten, welche dem Bachus zu stark den Hof gemacht hatten. Im<lb/> Kaufe des Tages ging eine Deputation der vornehmsten Bürger zum General,<lb/> um ihn zu bitten, das nutzlose Blutvergießen sowol im Interesse der Truppen<lb/> als auch der Stadt durch freiwillige Uebergabe zu verhüte», und um ihm in<lb/> diesem Falle eine Summe Geldes für jeden Soldaten anzutragen; der General<lb/> verwarf diese Zumuihung. Diesmal verging die Nacht ruhig. Am 16. früh<lb/> stand die Flotte noch auf derselben Stelle. Die Stadtthore waren heut den<lb/> ganzen Tag gesperrt; nur ein kleines Pförtchc» war für die Passage in und<lb/> aus der Stadt geöffnet. Die Landleute, deren nur einige kamen, brachten sehr<lb/> wenige Lebensmittel mit und entfernten sich bei Zeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1271"> Heute wurde in der Stadt eine verschärfte Proclamation seitens des Gra¬<lb/> fen de Quatre-Barbes, Civil-Gouverneur des Platzes, behufs Ablieferung der<lb/> Waffen und des Verhaltens der Bürgerschaft angeklebt, wodurch letztere be¬<lb/> wogen werden sollte, Cas6s und Nestaurativnslokale nicht zu schließe». Ein<lb/> Theil der Soldaten schien, nach ihren Reden zu urtheilen, einigermaßen ent-<lb/> muthigt. Sie behaupteten, vielleicht mit Recht, daß mit 4000 Mann ein<lb/> Widerstand gegen 40,000 Mann Landtruppen und t0 Kriegsschiffe nutzlos<lb/> sei und sie nur ins Verderben führen könnte; andere waren höchst kampfbe¬<lb/> gierig. Ich selbst wurde zum General Lamoricivre als permanente Ordonnanz<lb/> commandirt und mußte daher mich bei ihm im Dclegationspalastc melden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1272" next="#ID_1273"> Er litt stark um der Gicht, war jedoch deshalb nicht minder disponirt.<lb/> seine Geschäfte wie gewöhnlich zu verrichten. Sein Generalstab, mit dem er<lb/> grade zusammen speiste, bestand mit Ausnahme des Civil-Gouverneurs und<lb/> des Capitäns de Lorgerie aus lauter junge» Offizieren. Seine Fenster waren<lb/> so gelegen, daß man den ganzen Hafen, so wie eine jede Bewegung der<lb/> ankernden Flotte übersehen konnte. Im Palaste war ein sehr reges Leben;<lb/> außer dem General en chef, welcher mit seinem Generalstab, seinen Ordonnanzen,<lb/> den verschiedenen Bedienten und seiner Wache den dritten Stock einnahm, be¬<lb/> fanden sich im zweiten Stock die Wohnung des Brigadegcnerals de Courten<lb/> mit einer ähnlichen Suite, das Bureau des Civil-Gouverneurs, welcher<lb/> mit der polizeilichen Gewalt betraut und deshalb in solchem Momente unge¬<lb/> mein überlaufen war, endlich die Wohnung und das Bureau des Truppen-<lb/> commandanten von Anconamit den nothwendigen Individuen. Jo ersten</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenjbotcn IV. 1860. 52</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0421]
der Piemontesen. welche auf Entfernung von einer deutschen Meile in einem
riesigen Halbkreise die Stadt und Festung einschlossen, Die Jrländer und
ein Jägerbataillon machten Patrouillen, wie fast jeden Tag, und stießen oft
in geringer Entfernung auf Vedetten und Vorposten, welche sich jedoch stets
zurückzogen. Die Jrländer kamen nie heim, ohne eine Requisition von Ochsen
bewerkstelligt zu haben, was aber später untersagt wurde. Die Theuerung
begann fühlbarer zu werden und trotzdem sah man auf den Gassen stets eine
Menge Soldaten, welche dem Bachus zu stark den Hof gemacht hatten. Im
Kaufe des Tages ging eine Deputation der vornehmsten Bürger zum General,
um ihn zu bitten, das nutzlose Blutvergießen sowol im Interesse der Truppen
als auch der Stadt durch freiwillige Uebergabe zu verhüte», und um ihm in
diesem Falle eine Summe Geldes für jeden Soldaten anzutragen; der General
verwarf diese Zumuihung. Diesmal verging die Nacht ruhig. Am 16. früh
stand die Flotte noch auf derselben Stelle. Die Stadtthore waren heut den
ganzen Tag gesperrt; nur ein kleines Pförtchc» war für die Passage in und
aus der Stadt geöffnet. Die Landleute, deren nur einige kamen, brachten sehr
wenige Lebensmittel mit und entfernten sich bei Zeiten.
Heute wurde in der Stadt eine verschärfte Proclamation seitens des Gra¬
fen de Quatre-Barbes, Civil-Gouverneur des Platzes, behufs Ablieferung der
Waffen und des Verhaltens der Bürgerschaft angeklebt, wodurch letztere be¬
wogen werden sollte, Cas6s und Nestaurativnslokale nicht zu schließe». Ein
Theil der Soldaten schien, nach ihren Reden zu urtheilen, einigermaßen ent-
muthigt. Sie behaupteten, vielleicht mit Recht, daß mit 4000 Mann ein
Widerstand gegen 40,000 Mann Landtruppen und t0 Kriegsschiffe nutzlos
sei und sie nur ins Verderben führen könnte; andere waren höchst kampfbe¬
gierig. Ich selbst wurde zum General Lamoricivre als permanente Ordonnanz
commandirt und mußte daher mich bei ihm im Dclegationspalastc melden.
Er litt stark um der Gicht, war jedoch deshalb nicht minder disponirt.
seine Geschäfte wie gewöhnlich zu verrichten. Sein Generalstab, mit dem er
grade zusammen speiste, bestand mit Ausnahme des Civil-Gouverneurs und
des Capitäns de Lorgerie aus lauter junge» Offizieren. Seine Fenster waren
so gelegen, daß man den ganzen Hafen, so wie eine jede Bewegung der
ankernden Flotte übersehen konnte. Im Palaste war ein sehr reges Leben;
außer dem General en chef, welcher mit seinem Generalstab, seinen Ordonnanzen,
den verschiedenen Bedienten und seiner Wache den dritten Stock einnahm, be¬
fanden sich im zweiten Stock die Wohnung des Brigadegcnerals de Courten
mit einer ähnlichen Suite, das Bureau des Civil-Gouverneurs, welcher
mit der polizeilichen Gewalt betraut und deshalb in solchem Momente unge¬
mein überlaufen war, endlich die Wohnung und das Bureau des Truppen-
commandanten von Anconamit den nothwendigen Individuen. Jo ersten
Grenjbotcn IV. 1860. 52
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |