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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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"Im genannten Jahre," sagt Kapp, "zählten die sieben ursprünglichen
Freistaaten 1,786.499, die sechs ursprünglichen Sklavenstaaten 1.852,504 Ein¬
wohner, die letztern hatten also ein Uebergewicht von 55,002 Einwohnern.
Im Jahre 1350 war die Volkszahl der erster" auf 7,729.562, die der letz¬
tern auf 4,539,058 gestiegen; die Freistaaten hatten also einen Vorsprung
von 3,189.604 Einwohnern gewonnen, trotzdem die Ausdehnung ihrer Ober¬
fläche nur 124.380, die der alten Sklnvenstaaten aber 212,685 Quadratmeilen
umfaßte. Die bis 1850 aufgenommenen neuen Freistaaten erstreckten sich über
488,217, die neuen Sklavenstaaten über 647,763 Quadratmeilen. Auf der
kleinern Fläche hatten sich aber 5,831,198. auf der gröfiern nur 5,072,711,
also 764.487 Menschen weniger als dort angesiedelt."

Noch vortheilhafter für den Norden spricht der noch nicht ganz vollendete
Census von 1860. Nach den bisherigen Berechnungen und Schätzungen be¬
trägt die Bevölkerung der Vereinigten Staaten jetzt etwa 31'/- Millionen.
Davon kommen auf die Sklavenstaaten ungefähr 12, auf die freien 19 Mil¬
lionen, der Nest vertheilt sich auf die Territorien im fernen Westen. Zählt
man zu den 4 Millionen Sklaven, die sich in der Gesammtzahl befinden, noch
die 500,000 freien Farbigen, so ergibt sich für die zehn Jahre seit 1850 ein
Zunahmeverhältniß für die Weißen von 37, für die Farbigen von nur 26
Prozent.

Dieses raschere Wachsthum der Bevölkerung in den freien Staaten ist
nicht ausschließlich Ergebniß der größern natürlichen Vermehrung, auch die
Einwanderung hat wesentlich dazu beigetragen.

"Von den 68 Prozent, die 1850 den Antheil der freien Staaten, an der
Gesammtzahl der freien Bewohner der Union ausmachten, waren 54 Prozent
innerhalb ihrer eignen Grenzen, 4 Prozent in den Sklnvenstaaten und 9 Pro¬
zent im Ausland geboren, während sich von ungefähr einem Prozent die
Herkunft nicht feststellen ließ. Unter den 31 Prozent der SNavenstaaten be¬
fanden sich dagegen nur IV" Prozent, die vom Ausland gekommen, und
1 Prozent, die in den freien Staaten geboren waren. Die Sklaverei stößt
nicht nur den Fremden ab, sie verdrängt selbst die Eingebornen der eignen
Staaten aus ihrer Mitte."

Anders gestaltet sich das Verhältniß in den nordwestlichen Grenzlanden
des Sklaventhums, wo die langsam vorrückende freie Arbeit auf dasselbe stößt.
Während der besitzlose, ungebildete, geringgeachtete Weiße in den innern Staa¬
ten des Südens jeden Willen zum Widerstand verloren hat. tritt der in jene
Grenzlande eindringende in beständiger Uebung geschulte sreie Arbeiter des
Nordens ebenso mächtig gegen die Sklavenhalter auf, wie diese im Süden
gegen die ärmere Klasse der Weißen auftreten. Beispiele sind Kansas, wo die


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„Im genannten Jahre," sagt Kapp, „zählten die sieben ursprünglichen
Freistaaten 1,786.499, die sechs ursprünglichen Sklavenstaaten 1.852,504 Ein¬
wohner, die letztern hatten also ein Uebergewicht von 55,002 Einwohnern.
Im Jahre 1350 war die Volkszahl der erster» auf 7,729.562, die der letz¬
tern auf 4,539,058 gestiegen; die Freistaaten hatten also einen Vorsprung
von 3,189.604 Einwohnern gewonnen, trotzdem die Ausdehnung ihrer Ober¬
fläche nur 124.380, die der alten Sklnvenstaaten aber 212,685 Quadratmeilen
umfaßte. Die bis 1850 aufgenommenen neuen Freistaaten erstreckten sich über
488,217, die neuen Sklavenstaaten über 647,763 Quadratmeilen. Auf der
kleinern Fläche hatten sich aber 5,831,198. auf der gröfiern nur 5,072,711,
also 764.487 Menschen weniger als dort angesiedelt."

Noch vortheilhafter für den Norden spricht der noch nicht ganz vollendete
Census von 1860. Nach den bisherigen Berechnungen und Schätzungen be¬
trägt die Bevölkerung der Vereinigten Staaten jetzt etwa 31'/- Millionen.
Davon kommen auf die Sklavenstaaten ungefähr 12, auf die freien 19 Mil¬
lionen, der Nest vertheilt sich auf die Territorien im fernen Westen. Zählt
man zu den 4 Millionen Sklaven, die sich in der Gesammtzahl befinden, noch
die 500,000 freien Farbigen, so ergibt sich für die zehn Jahre seit 1850 ein
Zunahmeverhältniß für die Weißen von 37, für die Farbigen von nur 26
Prozent.

Dieses raschere Wachsthum der Bevölkerung in den freien Staaten ist
nicht ausschließlich Ergebniß der größern natürlichen Vermehrung, auch die
Einwanderung hat wesentlich dazu beigetragen.

„Von den 68 Prozent, die 1850 den Antheil der freien Staaten, an der
Gesammtzahl der freien Bewohner der Union ausmachten, waren 54 Prozent
innerhalb ihrer eignen Grenzen, 4 Prozent in den Sklnvenstaaten und 9 Pro¬
zent im Ausland geboren, während sich von ungefähr einem Prozent die
Herkunft nicht feststellen ließ. Unter den 31 Prozent der SNavenstaaten be¬
fanden sich dagegen nur IV» Prozent, die vom Ausland gekommen, und
1 Prozent, die in den freien Staaten geboren waren. Die Sklaverei stößt
nicht nur den Fremden ab, sie verdrängt selbst die Eingebornen der eignen
Staaten aus ihrer Mitte."

Anders gestaltet sich das Verhältniß in den nordwestlichen Grenzlanden
des Sklaventhums, wo die langsam vorrückende freie Arbeit auf dasselbe stößt.
Während der besitzlose, ungebildete, geringgeachtete Weiße in den innern Staa¬
ten des Südens jeden Willen zum Widerstand verloren hat. tritt der in jene
Grenzlande eindringende in beständiger Uebung geschulte sreie Arbeiter des
Nordens ebenso mächtig gegen die Sklavenhalter auf, wie diese im Süden
gegen die ärmere Klasse der Weißen auftreten. Beispiele sind Kansas, wo die


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[0407] „Im genannten Jahre," sagt Kapp, „zählten die sieben ursprünglichen Freistaaten 1,786.499, die sechs ursprünglichen Sklavenstaaten 1.852,504 Ein¬ wohner, die letztern hatten also ein Uebergewicht von 55,002 Einwohnern. Im Jahre 1350 war die Volkszahl der erster» auf 7,729.562, die der letz¬ tern auf 4,539,058 gestiegen; die Freistaaten hatten also einen Vorsprung von 3,189.604 Einwohnern gewonnen, trotzdem die Ausdehnung ihrer Ober¬ fläche nur 124.380, die der alten Sklnvenstaaten aber 212,685 Quadratmeilen umfaßte. Die bis 1850 aufgenommenen neuen Freistaaten erstreckten sich über 488,217, die neuen Sklavenstaaten über 647,763 Quadratmeilen. Auf der kleinern Fläche hatten sich aber 5,831,198. auf der gröfiern nur 5,072,711, also 764.487 Menschen weniger als dort angesiedelt." Noch vortheilhafter für den Norden spricht der noch nicht ganz vollendete Census von 1860. Nach den bisherigen Berechnungen und Schätzungen be¬ trägt die Bevölkerung der Vereinigten Staaten jetzt etwa 31'/- Millionen. Davon kommen auf die Sklavenstaaten ungefähr 12, auf die freien 19 Mil¬ lionen, der Nest vertheilt sich auf die Territorien im fernen Westen. Zählt man zu den 4 Millionen Sklaven, die sich in der Gesammtzahl befinden, noch die 500,000 freien Farbigen, so ergibt sich für die zehn Jahre seit 1850 ein Zunahmeverhältniß für die Weißen von 37, für die Farbigen von nur 26 Prozent. Dieses raschere Wachsthum der Bevölkerung in den freien Staaten ist nicht ausschließlich Ergebniß der größern natürlichen Vermehrung, auch die Einwanderung hat wesentlich dazu beigetragen. „Von den 68 Prozent, die 1850 den Antheil der freien Staaten, an der Gesammtzahl der freien Bewohner der Union ausmachten, waren 54 Prozent innerhalb ihrer eignen Grenzen, 4 Prozent in den Sklnvenstaaten und 9 Pro¬ zent im Ausland geboren, während sich von ungefähr einem Prozent die Herkunft nicht feststellen ließ. Unter den 31 Prozent der SNavenstaaten be¬ fanden sich dagegen nur IV» Prozent, die vom Ausland gekommen, und 1 Prozent, die in den freien Staaten geboren waren. Die Sklaverei stößt nicht nur den Fremden ab, sie verdrängt selbst die Eingebornen der eignen Staaten aus ihrer Mitte." Anders gestaltet sich das Verhältniß in den nordwestlichen Grenzlanden des Sklaventhums, wo die langsam vorrückende freie Arbeit auf dasselbe stößt. Während der besitzlose, ungebildete, geringgeachtete Weiße in den innern Staa¬ ten des Südens jeden Willen zum Widerstand verloren hat. tritt der in jene Grenzlande eindringende in beständiger Uebung geschulte sreie Arbeiter des Nordens ebenso mächtig gegen die Sklavenhalter auf, wie diese im Süden gegen die ärmere Klasse der Weißen auftreten. Beispiele sind Kansas, wo die 50*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/407>, abgerufen am 16.01.2025.