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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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ßentheils auf Leute aus dem Norden angewiesen, die er wegen ihrer der
Sklaverei feindlichen Ideen zu bewachen hat.

Der Süden hängt durchaus vom Norden ab. Er kauft von dort, weil
er dort am wohlfeilsten kauft. Alle seine Versuche, direkt von Europa zu
kaufen, sind gescheitert. Neuyork ist die Handelsmetropole der Union, es hat
in den letzten Jahren mehr Waaren nach dem Süden geliefert als je vorher.
Einst war Charleston ein bedeutenderer Importhafen der Union als die Man-
hattanstaot, jetzt ist es gleich den meisten südlichen Häfen zur Unbedeutendheit
herabgesunken. Allerdings liefert der Süden zur Ausfuhr der vereinigten
Staaten das größte Quantum, aber wenn er sich deshalb rühmt, daß er für
den Norden die Einfuhr bezahle und daß seine Lostrennung von jenem dessen
Bankerott zur Folge haben müsse, so bedarf solche Thorheit keiner Wider¬
legung. Noch lächerlicher klingt es, wenn ein Senator meinte, der Süden
halte mit seiner Baumwolle das Geschick der ganzen Welt in der Hand und
könne sie, wenn er ein paar Jahre keine Baumwolle liefere, ins Verderben
stürzen. Möglich, daß sich die brasilischen Kaffeepflnnzer. die Theeproducenten
Chinas und die Weizenbaucr Osteuropas ähnlichen Einbildungen hingeben.
Aber jener Senator hätte wissen sollen, daß die Handelswelt von solchen
Bauern, so groß auch das Quantum ihrer Erzeugnisse sein mag, nicht regiert
wird. England, Deutschland, Frankreich und die nördlichen Staaten der
amerikanischen Union sind die commerziellen, industriellen und finanziellen Mit¬
tel- und Angelpunkte der Welt. Jene Kaffee-, Thee- und Weizenbauer und ganz
ebenso die Baumwollenpflcmzer sind einfach die Agenten dieser Centren, und
letztere vollbringen ihre Aufgaben ebenso, wie die schwarzen Sklaven des
Südens die ihnen von ihren Herrn zugetheilten Aufgaben vollbringen. Wenn
der Norden die Baumwolle des Südens nicht entbehren kam,, so kann der
letztere noch viel weniger den Markt des Nordens für dieses Product, die
Schiffe desselben für dessen Transport, das Kapital desselben zu dessen Über¬
tragung aus der Hand des Producenten in die des Konsumenten und den
nördlichen Credit zum Ankauf seiner Bedürfnisse im In- und Auslande ent¬
behren. Es ist im Großen ganz dasselbe Verhältniß, welches dem kleinen
Dänemark entgegenstand, als es sich vor zehn Jahren vermaß, sich von der
commerziellen Obmacht Hamburgs zu emancipiren.

Statt der eingebildeten Überlegenheit des Südens über den Norden
finden wir also genauer nachsehend das Gegentheil, und dieses Ueberwiegen
5es Nordens über den Süden macht sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr
geltend. Im Jahre 1790 übertrafen die sechs Staaten, die von den ursprüng¬
lichen dreizehn die Sklaverei beibehalten hatten, die sieben andern, in denen
die freie Arbeit die Grundlage der Production bildete, an Zahl der Bevöl¬
kerung, aber sehr bald kehrte sich das Verhältniß um.


ßentheils auf Leute aus dem Norden angewiesen, die er wegen ihrer der
Sklaverei feindlichen Ideen zu bewachen hat.

Der Süden hängt durchaus vom Norden ab. Er kauft von dort, weil
er dort am wohlfeilsten kauft. Alle seine Versuche, direkt von Europa zu
kaufen, sind gescheitert. Neuyork ist die Handelsmetropole der Union, es hat
in den letzten Jahren mehr Waaren nach dem Süden geliefert als je vorher.
Einst war Charleston ein bedeutenderer Importhafen der Union als die Man-
hattanstaot, jetzt ist es gleich den meisten südlichen Häfen zur Unbedeutendheit
herabgesunken. Allerdings liefert der Süden zur Ausfuhr der vereinigten
Staaten das größte Quantum, aber wenn er sich deshalb rühmt, daß er für
den Norden die Einfuhr bezahle und daß seine Lostrennung von jenem dessen
Bankerott zur Folge haben müsse, so bedarf solche Thorheit keiner Wider¬
legung. Noch lächerlicher klingt es, wenn ein Senator meinte, der Süden
halte mit seiner Baumwolle das Geschick der ganzen Welt in der Hand und
könne sie, wenn er ein paar Jahre keine Baumwolle liefere, ins Verderben
stürzen. Möglich, daß sich die brasilischen Kaffeepflnnzer. die Theeproducenten
Chinas und die Weizenbaucr Osteuropas ähnlichen Einbildungen hingeben.
Aber jener Senator hätte wissen sollen, daß die Handelswelt von solchen
Bauern, so groß auch das Quantum ihrer Erzeugnisse sein mag, nicht regiert
wird. England, Deutschland, Frankreich und die nördlichen Staaten der
amerikanischen Union sind die commerziellen, industriellen und finanziellen Mit¬
tel- und Angelpunkte der Welt. Jene Kaffee-, Thee- und Weizenbauer und ganz
ebenso die Baumwollenpflcmzer sind einfach die Agenten dieser Centren, und
letztere vollbringen ihre Aufgaben ebenso, wie die schwarzen Sklaven des
Südens die ihnen von ihren Herrn zugetheilten Aufgaben vollbringen. Wenn
der Norden die Baumwolle des Südens nicht entbehren kam,, so kann der
letztere noch viel weniger den Markt des Nordens für dieses Product, die
Schiffe desselben für dessen Transport, das Kapital desselben zu dessen Über¬
tragung aus der Hand des Producenten in die des Konsumenten und den
nördlichen Credit zum Ankauf seiner Bedürfnisse im In- und Auslande ent¬
behren. Es ist im Großen ganz dasselbe Verhältniß, welches dem kleinen
Dänemark entgegenstand, als es sich vor zehn Jahren vermaß, sich von der
commerziellen Obmacht Hamburgs zu emancipiren.

Statt der eingebildeten Überlegenheit des Südens über den Norden
finden wir also genauer nachsehend das Gegentheil, und dieses Ueberwiegen
5es Nordens über den Süden macht sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr
geltend. Im Jahre 1790 übertrafen die sechs Staaten, die von den ursprüng¬
lichen dreizehn die Sklaverei beibehalten hatten, die sieben andern, in denen
die freie Arbeit die Grundlage der Production bildete, an Zahl der Bevöl¬
kerung, aber sehr bald kehrte sich das Verhältniß um.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/406>, abgerufen am 15.01.2025.