Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Sklaverei trotz aller Gegenanstrengungen der beiden letzten Präsidenten ver¬
drängt wurde, und Missouri, wo sie mit jedem Jahr mehr Boden verliert.
Die weiter östlich gelegnen Sklavenstaaten des Nordens haben, da der Strom
der freien Einwanderung sich bisher vorzüglich dem Westen zuwendete, noch
wenig von diesem Einfluß erfahren. Aber dasselbe Schicksal wie dem Sklaven-
thurn in Missouri steht auch dem von Maryland, Kentucky und Virginien be¬
vor, sobald die weiten Ebenen des Nordwestens dichter bevölkert sein werden,
und daß dazu kein übermäßig langer Zeitraum erforderlich, zeigt das schnelle
Wachsthum aller nordwestlichen Staaten.

Mit der größern Einwohnerzahl fällt dem freien Norden auch ein größerer
Antheil an der Repräsentation und an der Gesetzgebung zu, und es hängt
nur von ihm ah, dieses Verhältniß in seinem Interesse, welches dem Süden
gegenüber zugleich ein Interesse der Civilisation ist, besser als es bisher ge¬
schah zu benutzen. Im Jahre 1800 betrug der Antheil des Südens an der
Repräsentation ungefähr 48 Prozent. 1340 belief er sich nur noch auf 41,
und 1859 sank er bis aus 38 Prozent.

"In Uebereinstimmung mit den obigen Zahlen muß die neue Vertheilung
den Süden wenigstens aus 32 Prozent Herabdrücken", sagt Kapp, und wenn
die Bezeichnung nördlicher Abgeordneter gleichbedeutend mit Anhänger der
Plattform der republikanischen Partei wäre, so könnte von einem Widerstand
des Südens gegen dieses Parteiprogramm fürderhin nicht mehr die Rede sein.

> "Eine nicht minder bedeutende Veränderung erfährt das Repräsentations¬
verhältniß, in welchem der Nordwesten zu den übrigen Staaten der Union
steht"). Im Census von 1800 begegnen wir ihm noch gar nicht, und erst im
Lause des folgenden Decenniums klopft er bescheiden mit Einer Stimme --
Ohio -- an die Thore der Union. 1810 hat er bereits 8 Stimmen, 1820:
19, 1830: 32, 1840: 52 und 1850: 57 Stimmen gewonnen. Die Schützun¬
gen für den diesjährigen Census weisen ihm nicht weniger als 73 Stimmen
oder 32 Prozent der gesammten Vertretung, d. i. also genau so viele wie
dem Süden zu. Für die alten Staaten des Nordostens bleiben demnach nur
noch 36 Prozent."

Wir schließen unsre Mittheilungen aus Kapp's Buch mit dem sehr ver¬
ständigen Urtheil, welches er über die Frage der Emancipation der Sklaven
fällt. Er sagt: "Wenn ich die Resultate meiner geschichtlichen Ansicht sowie
meine persönlichen Beobachtungen in den Sklaven- und freien Staaten und
Cuba in einen Satz zusammenfassen soll, so glaube ich, daß, so ehrlich und
gut auch die Bestrebungen für sofortige Sklavenbefreiung sein mögen, die



*) Wir verstehen unter dem Nordwesten die Staaten: Ohio, Indianer, Illinois, Michi-
gan, Missouri, Iowa, Wisconsin und Minnesota; später werden Kansas und Nebraska dazu
gehören.

Sklaverei trotz aller Gegenanstrengungen der beiden letzten Präsidenten ver¬
drängt wurde, und Missouri, wo sie mit jedem Jahr mehr Boden verliert.
Die weiter östlich gelegnen Sklavenstaaten des Nordens haben, da der Strom
der freien Einwanderung sich bisher vorzüglich dem Westen zuwendete, noch
wenig von diesem Einfluß erfahren. Aber dasselbe Schicksal wie dem Sklaven-
thurn in Missouri steht auch dem von Maryland, Kentucky und Virginien be¬
vor, sobald die weiten Ebenen des Nordwestens dichter bevölkert sein werden,
und daß dazu kein übermäßig langer Zeitraum erforderlich, zeigt das schnelle
Wachsthum aller nordwestlichen Staaten.

Mit der größern Einwohnerzahl fällt dem freien Norden auch ein größerer
Antheil an der Repräsentation und an der Gesetzgebung zu, und es hängt
nur von ihm ah, dieses Verhältniß in seinem Interesse, welches dem Süden
gegenüber zugleich ein Interesse der Civilisation ist, besser als es bisher ge¬
schah zu benutzen. Im Jahre 1800 betrug der Antheil des Südens an der
Repräsentation ungefähr 48 Prozent. 1340 belief er sich nur noch auf 41,
und 1859 sank er bis aus 38 Prozent.

„In Uebereinstimmung mit den obigen Zahlen muß die neue Vertheilung
den Süden wenigstens aus 32 Prozent Herabdrücken", sagt Kapp, und wenn
die Bezeichnung nördlicher Abgeordneter gleichbedeutend mit Anhänger der
Plattform der republikanischen Partei wäre, so könnte von einem Widerstand
des Südens gegen dieses Parteiprogramm fürderhin nicht mehr die Rede sein.

> „Eine nicht minder bedeutende Veränderung erfährt das Repräsentations¬
verhältniß, in welchem der Nordwesten zu den übrigen Staaten der Union
steht"). Im Census von 1800 begegnen wir ihm noch gar nicht, und erst im
Lause des folgenden Decenniums klopft er bescheiden mit Einer Stimme —
Ohio — an die Thore der Union. 1810 hat er bereits 8 Stimmen, 1820:
19, 1830: 32, 1840: 52 und 1850: 57 Stimmen gewonnen. Die Schützun¬
gen für den diesjährigen Census weisen ihm nicht weniger als 73 Stimmen
oder 32 Prozent der gesammten Vertretung, d. i. also genau so viele wie
dem Süden zu. Für die alten Staaten des Nordostens bleiben demnach nur
noch 36 Prozent."

Wir schließen unsre Mittheilungen aus Kapp's Buch mit dem sehr ver¬
ständigen Urtheil, welches er über die Frage der Emancipation der Sklaven
fällt. Er sagt: „Wenn ich die Resultate meiner geschichtlichen Ansicht sowie
meine persönlichen Beobachtungen in den Sklaven- und freien Staaten und
Cuba in einen Satz zusammenfassen soll, so glaube ich, daß, so ehrlich und
gut auch die Bestrebungen für sofortige Sklavenbefreiung sein mögen, die



*) Wir verstehen unter dem Nordwesten die Staaten: Ohio, Indianer, Illinois, Michi-
gan, Missouri, Iowa, Wisconsin und Minnesota; später werden Kansas und Nebraska dazu
gehören.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0408" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110756"/>
          <p xml:id="ID_1219" prev="#ID_1218"> Sklaverei trotz aller Gegenanstrengungen der beiden letzten Präsidenten ver¬<lb/>
drängt wurde, und Missouri, wo sie mit jedem Jahr mehr Boden verliert.<lb/>
Die weiter östlich gelegnen Sklavenstaaten des Nordens haben, da der Strom<lb/>
der freien Einwanderung sich bisher vorzüglich dem Westen zuwendete, noch<lb/>
wenig von diesem Einfluß erfahren. Aber dasselbe Schicksal wie dem Sklaven-<lb/>
thurn in Missouri steht auch dem von Maryland, Kentucky und Virginien be¬<lb/>
vor, sobald die weiten Ebenen des Nordwestens dichter bevölkert sein werden,<lb/>
und daß dazu kein übermäßig langer Zeitraum erforderlich, zeigt das schnelle<lb/>
Wachsthum aller nordwestlichen Staaten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1220"> Mit der größern Einwohnerzahl fällt dem freien Norden auch ein größerer<lb/>
Antheil an der Repräsentation und an der Gesetzgebung zu, und es hängt<lb/>
nur von ihm ah, dieses Verhältniß in seinem Interesse, welches dem Süden<lb/>
gegenüber zugleich ein Interesse der Civilisation ist, besser als es bisher ge¬<lb/>
schah zu benutzen. Im Jahre 1800 betrug der Antheil des Südens an der<lb/>
Repräsentation ungefähr 48 Prozent. 1340 belief er sich nur noch auf 41,<lb/>
und 1859 sank er bis aus 38 Prozent.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1221"> &#x201E;In Uebereinstimmung mit den obigen Zahlen muß die neue Vertheilung<lb/>
den Süden wenigstens aus 32 Prozent Herabdrücken", sagt Kapp, und wenn<lb/>
die Bezeichnung nördlicher Abgeordneter gleichbedeutend mit Anhänger der<lb/>
Plattform der republikanischen Partei wäre, so könnte von einem Widerstand<lb/>
des Südens gegen dieses Parteiprogramm fürderhin nicht mehr die Rede sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1222"> &gt; &#x201E;Eine nicht minder bedeutende Veränderung erfährt das Repräsentations¬<lb/>
verhältniß, in welchem der Nordwesten zu den übrigen Staaten der Union<lb/>
steht"). Im Census von 1800 begegnen wir ihm noch gar nicht, und erst im<lb/>
Lause des folgenden Decenniums klopft er bescheiden mit Einer Stimme &#x2014;<lb/>
Ohio &#x2014; an die Thore der Union. 1810 hat er bereits 8 Stimmen, 1820:<lb/>
19, 1830: 32, 1840: 52 und 1850: 57 Stimmen gewonnen. Die Schützun¬<lb/>
gen für den diesjährigen Census weisen ihm nicht weniger als 73 Stimmen<lb/>
oder 32 Prozent der gesammten Vertretung, d. i. also genau so viele wie<lb/>
dem Süden zu. Für die alten Staaten des Nordostens bleiben demnach nur<lb/>
noch 36 Prozent."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1223" next="#ID_1224"> Wir schließen unsre Mittheilungen aus Kapp's Buch mit dem sehr ver¬<lb/>
ständigen Urtheil, welches er über die Frage der Emancipation der Sklaven<lb/>
fällt. Er sagt: &#x201E;Wenn ich die Resultate meiner geschichtlichen Ansicht sowie<lb/>
meine persönlichen Beobachtungen in den Sklaven- und freien Staaten und<lb/>
Cuba in einen Satz zusammenfassen soll, so glaube ich, daß, so ehrlich und<lb/>
gut auch die Bestrebungen für sofortige Sklavenbefreiung sein mögen, die</p><lb/>
          <note xml:id="FID_34" place="foot"> *) Wir verstehen unter dem Nordwesten die Staaten: Ohio, Indianer, Illinois, Michi-<lb/>
gan, Missouri, Iowa, Wisconsin und Minnesota; später werden Kansas und Nebraska dazu<lb/>
gehören.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0408] Sklaverei trotz aller Gegenanstrengungen der beiden letzten Präsidenten ver¬ drängt wurde, und Missouri, wo sie mit jedem Jahr mehr Boden verliert. Die weiter östlich gelegnen Sklavenstaaten des Nordens haben, da der Strom der freien Einwanderung sich bisher vorzüglich dem Westen zuwendete, noch wenig von diesem Einfluß erfahren. Aber dasselbe Schicksal wie dem Sklaven- thurn in Missouri steht auch dem von Maryland, Kentucky und Virginien be¬ vor, sobald die weiten Ebenen des Nordwestens dichter bevölkert sein werden, und daß dazu kein übermäßig langer Zeitraum erforderlich, zeigt das schnelle Wachsthum aller nordwestlichen Staaten. Mit der größern Einwohnerzahl fällt dem freien Norden auch ein größerer Antheil an der Repräsentation und an der Gesetzgebung zu, und es hängt nur von ihm ah, dieses Verhältniß in seinem Interesse, welches dem Süden gegenüber zugleich ein Interesse der Civilisation ist, besser als es bisher ge¬ schah zu benutzen. Im Jahre 1800 betrug der Antheil des Südens an der Repräsentation ungefähr 48 Prozent. 1340 belief er sich nur noch auf 41, und 1859 sank er bis aus 38 Prozent. „In Uebereinstimmung mit den obigen Zahlen muß die neue Vertheilung den Süden wenigstens aus 32 Prozent Herabdrücken", sagt Kapp, und wenn die Bezeichnung nördlicher Abgeordneter gleichbedeutend mit Anhänger der Plattform der republikanischen Partei wäre, so könnte von einem Widerstand des Südens gegen dieses Parteiprogramm fürderhin nicht mehr die Rede sein. > „Eine nicht minder bedeutende Veränderung erfährt das Repräsentations¬ verhältniß, in welchem der Nordwesten zu den übrigen Staaten der Union steht"). Im Census von 1800 begegnen wir ihm noch gar nicht, und erst im Lause des folgenden Decenniums klopft er bescheiden mit Einer Stimme — Ohio — an die Thore der Union. 1810 hat er bereits 8 Stimmen, 1820: 19, 1830: 32, 1840: 52 und 1850: 57 Stimmen gewonnen. Die Schützun¬ gen für den diesjährigen Census weisen ihm nicht weniger als 73 Stimmen oder 32 Prozent der gesammten Vertretung, d. i. also genau so viele wie dem Süden zu. Für die alten Staaten des Nordostens bleiben demnach nur noch 36 Prozent." Wir schließen unsre Mittheilungen aus Kapp's Buch mit dem sehr ver¬ ständigen Urtheil, welches er über die Frage der Emancipation der Sklaven fällt. Er sagt: „Wenn ich die Resultate meiner geschichtlichen Ansicht sowie meine persönlichen Beobachtungen in den Sklaven- und freien Staaten und Cuba in einen Satz zusammenfassen soll, so glaube ich, daß, so ehrlich und gut auch die Bestrebungen für sofortige Sklavenbefreiung sein mögen, die *) Wir verstehen unter dem Nordwesten die Staaten: Ohio, Indianer, Illinois, Michi- gan, Missouri, Iowa, Wisconsin und Minnesota; später werden Kansas und Nebraska dazu gehören.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/408
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/408>, abgerufen am 15.01.2025.