Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Engherzigkeit seiner Beamten, die hohlen Ansprüche des Hofadels, den Druck des Der novellistische Theil der Memoiren ist nicht bedeutend, man ist ver¬ 49*
Engherzigkeit seiner Beamten, die hohlen Ansprüche des Hofadels, den Druck des Der novellistische Theil der Memoiren ist nicht bedeutend, man ist ver¬ 49*
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Engherzigkeit seiner Beamten, die hohlen Ansprüche des Hofadels, den Druck des
alten Systems; er beklagt die Verkümmerung seiner Unterthanen, die schlechte
Erziehung deutscher Prinzen; er schwärmt für ein großes einiges Reich, dem
er gern sein Stückchen Souveränetüt zum Opfer bringen will;' er haßt tödtlich
die Frömmler und Jesuiten und beugt sich andachtsvoll vor dem göttlichen
Geiste, der im Leben des Menschengeschlechts zur Erscheinung kommt. Er hat
eine kleine Tochter, die Frucht eines Jugendverhältnisses, welche er ganz in
der Stille von einem charaktervoller Mädchen auferziehen läßt, grade hat er
den Entschluß gefaßt, dieser Erzieherin seine Hand anzubieten. da erlebt er den
Schmerz, daß die junge Dame durch einen französischen Lehrer des Kindes,
den er selbst berufen, und der sich als heimlicher Jesuit ausweist, zu über¬
spannter Frömmigkeit verführt wird; er enthüllt ihr die Intrigue, welche mit
ihr und ihm durch die Jesuiten gespielt worden ist. die junge Dame zerbricht
das Crucifix, welches ihr der geheime Jesuit geschenkt hat. wirft es demselben
an den Kopf, fällt in ein Nervenfieber und stirbt. Der Fürst erzählt eine
Vision, welche er in seinem Schmerze gehabt hat: Todtengerippe in Königs¬
ornat und Priesterkleid, ein Henker, ein Jude mit einem Beutel Geld, welcher
der Königslarve zuletzt den Purpur abreißt unter dem Rufe: Es lebe die Re¬
publik! Nach dieser Vision beschließt der Fürst eine Reise nach Italien, er
will sich in der Kunst Trost suchen. ,
Der novellistische Theil der Memoiren ist nicht bedeutend, man ist ver¬
sucht, ihn für die Arbeit einer entschlossenen literarischen Dame zu halten.
In dem, was der Fürst von Maximen ausspricht, ist Vieles vortrefflich ge¬
dacht. Mehreres auch recht gut gesagt, der erlauchte Herr blitzt von edlem
Freisinn, wie em Brillant. Aber der unbefangene Leser erkennt ohne langes
Nachdenken, daß dieses fürstliche Wesen weder einer verstorbenen, noch einer
lebenden Generation angehört. Und ehrlich gesagt, es ist kein Unglück,
daß solche Persönlichkeit unter uns Deutschen, die doch viele originelle
Gestalten auf den Fürstenstühlen erlebt haben, niemals versucht hat, ein
Volk zu beglücken. Denn, wie edel und groß der Fürst empfindet, und
wie schön er das zu sagen weiß, er ist doch für das politische Leben un¬
brauchbar — offenbar wider den Willen des Verfassers; denn es wird ihm weit
leichter, mit souveräner Verachtung von dem bestehenden Unglück des Vater¬
landes zu reden, als dasselbe durch männliche Arbeit zu bessern. Er erscheint
als eine weiche Natur, welche je nach der Stimmung souveränen Spott oder
Weltschmerz dusdrückt; er empfindet einen vornehmen Genuß darin, seine
Minister, Geheimen Räthe und seine getreuen Bürger durch glänzende frei¬
sinnige Schlagwörter zu überraschen und zu verwirren und er lächelt dann
über die kleinen Menschen, unter denen er leben muß. Er spricht mit Ehr¬
furcht von der Volkskraft der Deutschen, die jetzt die höchste Souveränetät
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