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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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sten beitragen, wenn sie bei der bisherigen Methode verharren, die Interessen
der deutschen Nation mit dynastischen Hausinteressen zu verwechseln und der
preußischen Regierung bei solchen Wünschen Opposition zu machen, welche be¬
scheidener sind, als den Preußen und vielen Deutschen lieb ist,




So sprach ein Fürst.

Der Titel des Buches ist eine Parodie auf die Reden und Trinksprüche
Friedrich Wilhelm IV.. welche vor einigen Jahren -- wie verlautet, von
liberaler Seite -- unter dem Titel: "So sprach der König" gesammelt und
herausgegeben wurden. An solchen Titel des neuen Buches schließt sich ein kleiner
Versuch, das Publikum zu mystificiren. Geheimnißvoll wird von zwei Heraus¬
gebern, welche den Lesern nur die Anfangsbuchstaben ihrer Namen gönnen, an¬
gedeutet, daß sie durch Erbschaft in den Besitz der folgenden Memoiren gekommen
seien, worauf der Schreiber derselben, ein Dr. F>, wieder berichtet, wie er in den
Memoiren seine Unterhaltungen mit einem Fürsten, der durch Punkte bezeichnet
ist, niedergeschrieben habe. Diese Weise, für das Buch Interesse zu erregen, war
nicht glücklich gewählt. Die Zeit ist vorüber, wo man an solchen mysteriösen
Spielereien Freude hatte. Wer schon im Anfange eines Werkes Zweifel gegen
den Ernst und die Wahrhaftigkeit seines Berichtes erregt, der schadet auch
der Wirkung des Wahren und Schönen, das er vielleicht in dem Buche zu
sagen weiß. Offenbar hatten die Verfasser im vorliegenden Falle die Absicht,
einer Arbeit, welche kein genügendes Interesse beanspruchen darf, wenn sie
als Arbeit eines Privatmannes erscheint, dadurch ein größeres Ansehn zu
verschaffen, daß sie die Vermuthung erregten, dieselbe schildere die Seele eines
deutschen Souveräns aus der nächsten Vergangenheit, vielleicht aus der Ge¬
genwart.

Der Fürst des Buches bespricht Stimmungen und Zustande Deutschlands
wie sie vor dem Jahre 1848 waren; indeß klingt manches durch, was vor¬
zugsweise in der Gegenwart gilt. Er ist ein begeisterter Liberaler; er verachtet
die kleinen Verhältnisse, in denen er regiert, die elende Polizeiwirthschaft, die


sten beitragen, wenn sie bei der bisherigen Methode verharren, die Interessen
der deutschen Nation mit dynastischen Hausinteressen zu verwechseln und der
preußischen Regierung bei solchen Wünschen Opposition zu machen, welche be¬
scheidener sind, als den Preußen und vielen Deutschen lieb ist,




So sprach ein Fürst.

Der Titel des Buches ist eine Parodie auf die Reden und Trinksprüche
Friedrich Wilhelm IV.. welche vor einigen Jahren — wie verlautet, von
liberaler Seite — unter dem Titel: „So sprach der König" gesammelt und
herausgegeben wurden. An solchen Titel des neuen Buches schließt sich ein kleiner
Versuch, das Publikum zu mystificiren. Geheimnißvoll wird von zwei Heraus¬
gebern, welche den Lesern nur die Anfangsbuchstaben ihrer Namen gönnen, an¬
gedeutet, daß sie durch Erbschaft in den Besitz der folgenden Memoiren gekommen
seien, worauf der Schreiber derselben, ein Dr. F>, wieder berichtet, wie er in den
Memoiren seine Unterhaltungen mit einem Fürsten, der durch Punkte bezeichnet
ist, niedergeschrieben habe. Diese Weise, für das Buch Interesse zu erregen, war
nicht glücklich gewählt. Die Zeit ist vorüber, wo man an solchen mysteriösen
Spielereien Freude hatte. Wer schon im Anfange eines Werkes Zweifel gegen
den Ernst und die Wahrhaftigkeit seines Berichtes erregt, der schadet auch
der Wirkung des Wahren und Schönen, das er vielleicht in dem Buche zu
sagen weiß. Offenbar hatten die Verfasser im vorliegenden Falle die Absicht,
einer Arbeit, welche kein genügendes Interesse beanspruchen darf, wenn sie
als Arbeit eines Privatmannes erscheint, dadurch ein größeres Ansehn zu
verschaffen, daß sie die Vermuthung erregten, dieselbe schildere die Seele eines
deutschen Souveräns aus der nächsten Vergangenheit, vielleicht aus der Ge¬
genwart.

Der Fürst des Buches bespricht Stimmungen und Zustande Deutschlands
wie sie vor dem Jahre 1848 waren; indeß klingt manches durch, was vor¬
zugsweise in der Gegenwart gilt. Er ist ein begeisterter Liberaler; er verachtet
die kleinen Verhältnisse, in denen er regiert, die elende Polizeiwirthschaft, die


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[0398] sten beitragen, wenn sie bei der bisherigen Methode verharren, die Interessen der deutschen Nation mit dynastischen Hausinteressen zu verwechseln und der preußischen Regierung bei solchen Wünschen Opposition zu machen, welche be¬ scheidener sind, als den Preußen und vielen Deutschen lieb ist, So sprach ein Fürst. Der Titel des Buches ist eine Parodie auf die Reden und Trinksprüche Friedrich Wilhelm IV.. welche vor einigen Jahren — wie verlautet, von liberaler Seite — unter dem Titel: „So sprach der König" gesammelt und herausgegeben wurden. An solchen Titel des neuen Buches schließt sich ein kleiner Versuch, das Publikum zu mystificiren. Geheimnißvoll wird von zwei Heraus¬ gebern, welche den Lesern nur die Anfangsbuchstaben ihrer Namen gönnen, an¬ gedeutet, daß sie durch Erbschaft in den Besitz der folgenden Memoiren gekommen seien, worauf der Schreiber derselben, ein Dr. F>, wieder berichtet, wie er in den Memoiren seine Unterhaltungen mit einem Fürsten, der durch Punkte bezeichnet ist, niedergeschrieben habe. Diese Weise, für das Buch Interesse zu erregen, war nicht glücklich gewählt. Die Zeit ist vorüber, wo man an solchen mysteriösen Spielereien Freude hatte. Wer schon im Anfange eines Werkes Zweifel gegen den Ernst und die Wahrhaftigkeit seines Berichtes erregt, der schadet auch der Wirkung des Wahren und Schönen, das er vielleicht in dem Buche zu sagen weiß. Offenbar hatten die Verfasser im vorliegenden Falle die Absicht, einer Arbeit, welche kein genügendes Interesse beanspruchen darf, wenn sie als Arbeit eines Privatmannes erscheint, dadurch ein größeres Ansehn zu verschaffen, daß sie die Vermuthung erregten, dieselbe schildere die Seele eines deutschen Souveräns aus der nächsten Vergangenheit, vielleicht aus der Ge¬ genwart. Der Fürst des Buches bespricht Stimmungen und Zustande Deutschlands wie sie vor dem Jahre 1848 waren; indeß klingt manches durch, was vor¬ zugsweise in der Gegenwart gilt. Er ist ein begeisterter Liberaler; er verachtet die kleinen Verhältnisse, in denen er regiert, die elende Polizeiwirthschaft, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/398>, abgerufen am 15.01.2025.