Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.es erlaubt zu fragen, woher die Ströme Goldes geflossen sind, welche diese König Ludwig soll gesagt haben: "Ich sorge für das Schöne; mögen es erlaubt zu fragen, woher die Ströme Goldes geflossen sind, welche diese König Ludwig soll gesagt haben: „Ich sorge für das Schöne; mögen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0313" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110661"/> <p xml:id="ID_903" prev="#ID_902"> es erlaubt zu fragen, woher die Ströme Goldes geflossen sind, welche diese<lb/> Bauten und Bildwerke möglich gemacht haben, und ob die ungeheuern Opfer,<lb/> welche gebracht werden mühten, sich rechtfertigen lassen. Der Aufwand wurde theils<lb/> aus der Privatkasse des Königs, theils aus den Mitteln der betreffenden Städte,<lb/> Gemeinden, Genossenschaften u. s. w., theils auch, und wahrscheinlich zumeist,<lb/> . aus den Einnahmen des Staats bestritten. Daß Ludwig dem verschwenderischen<lb/> Hofhalte, wie er unter seinem Vater eingerissen war, ein Ziel feste und seine<lb/> sehr beträchtlichen Privatmittel lieber für Werke des künstlerischen Geistes,<lb/> als für Schmarotzer ausgab, kann ihm nur zum Lob gereichen; daß er aber<lb/> in der brennenden Begier, recht viel Schönes unter seinem Zepter entstehen<lb/> zu sehen, seine Unterthanen zu Ausgaben drängte, die sehr oft über ihre<lb/> Kräfte gingen, läßt sich nicht vertheidigen. So sollte z. B. die Ludwigs¬<lb/> straße, nachdem einmal der Plan zu derselben entworfen war, in möglichst<lb/> kurzer Zeit vollendet und mit möglichst stattlichen Häusern geschmückt werden.<lb/> Der König verlangte zu diesem Ende von der Universität, sie solle aus eig¬<lb/> nen Mitteln einen Palast an dem Ende der genannten Straße, wo eine Lücke<lb/> auszufüllen war. errichten, weil das bisherige Universitätsgebäude (das ehe¬<lb/> malige Jesuiten-Collegium. jetzt Akademie) den Bedürfnissen nicht mehr ent¬<lb/> spreche. Der Prorektor und der Senat widersetzten sich diesem Ansinnen aus<lb/> sehr triftigen Gründen. Sie machten geltend, daß das Jesuiten-Collegium<lb/> vollkommen genüge, daß es durch seine Lage im Herzen der Stadt den Stu¬<lb/> denten zur Hand sei, während der Besuch des beabsichtigten Universitätsge-<lb/> bäudes am Ende der Ludwigsstrnße, d. h. am Stadtausgang, leicht eine<lb/> Stunde Wegs kosten und auch schon deshalb große Zeitvergeudung herbei¬<lb/> führen würde, weil es nicht zugleich die chemischen, anatomischen und andere<lb/> Anstalten der Hochschule in sich schließen sollte. Waruni. fügten sie hinzu,<lb/> eine Ausgabe machen, welche das Vermögen der Universität und mehr als<lb/> das verschlingen wird, um ein Lokal einzutauschen, welches viel weniger zweck¬<lb/> entsprechend ist, als das, in dessen Besitz wir uns befinden? Allein der Kö¬<lb/> nig, der vor allen Dingen eine schöne Universität wollte, beharrte auf seinem<lb/> Willen, und drängte die Herrn und besonders den Prorektor so lange, bis sie<lb/> ihren Widerstand aufgaben. Aehnlichen Widerstand fand er bei den Kloster¬<lb/> frauen des Maxirmlians-Erziehungsinstitutes, denen er, der neuen Universität<lb/> gegenüber, neben dem Priesterseminnr, eine Baustelle anwies; aber auch diese<lb/> mußten, wie sehr sie sich sträubten, nachgeben, damit die Ludwigsstraße ein<lb/> großes Gebäude mehr erhielte.</p><lb/> <p xml:id="ID_904" next="#ID_905"> König Ludwig soll gesagt haben: „Ich sorge für das Schöne; mögen<lb/> meine Nachfolger das Nützliche betreiben." Ein bedenkliches Wort in eines<lb/> Fürsten Munde. Auch ist es bekannt, daß unter der Negierung dieses Königs<lb/> für die dringendsten Staalsbedürfnisse nur sehr unzulänglich gesorgt wurde,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0313]
es erlaubt zu fragen, woher die Ströme Goldes geflossen sind, welche diese
Bauten und Bildwerke möglich gemacht haben, und ob die ungeheuern Opfer,
welche gebracht werden mühten, sich rechtfertigen lassen. Der Aufwand wurde theils
aus der Privatkasse des Königs, theils aus den Mitteln der betreffenden Städte,
Gemeinden, Genossenschaften u. s. w., theils auch, und wahrscheinlich zumeist,
. aus den Einnahmen des Staats bestritten. Daß Ludwig dem verschwenderischen
Hofhalte, wie er unter seinem Vater eingerissen war, ein Ziel feste und seine
sehr beträchtlichen Privatmittel lieber für Werke des künstlerischen Geistes,
als für Schmarotzer ausgab, kann ihm nur zum Lob gereichen; daß er aber
in der brennenden Begier, recht viel Schönes unter seinem Zepter entstehen
zu sehen, seine Unterthanen zu Ausgaben drängte, die sehr oft über ihre
Kräfte gingen, läßt sich nicht vertheidigen. So sollte z. B. die Ludwigs¬
straße, nachdem einmal der Plan zu derselben entworfen war, in möglichst
kurzer Zeit vollendet und mit möglichst stattlichen Häusern geschmückt werden.
Der König verlangte zu diesem Ende von der Universität, sie solle aus eig¬
nen Mitteln einen Palast an dem Ende der genannten Straße, wo eine Lücke
auszufüllen war. errichten, weil das bisherige Universitätsgebäude (das ehe¬
malige Jesuiten-Collegium. jetzt Akademie) den Bedürfnissen nicht mehr ent¬
spreche. Der Prorektor und der Senat widersetzten sich diesem Ansinnen aus
sehr triftigen Gründen. Sie machten geltend, daß das Jesuiten-Collegium
vollkommen genüge, daß es durch seine Lage im Herzen der Stadt den Stu¬
denten zur Hand sei, während der Besuch des beabsichtigten Universitätsge-
bäudes am Ende der Ludwigsstrnße, d. h. am Stadtausgang, leicht eine
Stunde Wegs kosten und auch schon deshalb große Zeitvergeudung herbei¬
führen würde, weil es nicht zugleich die chemischen, anatomischen und andere
Anstalten der Hochschule in sich schließen sollte. Waruni. fügten sie hinzu,
eine Ausgabe machen, welche das Vermögen der Universität und mehr als
das verschlingen wird, um ein Lokal einzutauschen, welches viel weniger zweck¬
entsprechend ist, als das, in dessen Besitz wir uns befinden? Allein der Kö¬
nig, der vor allen Dingen eine schöne Universität wollte, beharrte auf seinem
Willen, und drängte die Herrn und besonders den Prorektor so lange, bis sie
ihren Widerstand aufgaben. Aehnlichen Widerstand fand er bei den Kloster¬
frauen des Maxirmlians-Erziehungsinstitutes, denen er, der neuen Universität
gegenüber, neben dem Priesterseminnr, eine Baustelle anwies; aber auch diese
mußten, wie sehr sie sich sträubten, nachgeben, damit die Ludwigsstraße ein
großes Gebäude mehr erhielte.
König Ludwig soll gesagt haben: „Ich sorge für das Schöne; mögen
meine Nachfolger das Nützliche betreiben." Ein bedenkliches Wort in eines
Fürsten Munde. Auch ist es bekannt, daß unter der Negierung dieses Königs
für die dringendsten Staalsbedürfnisse nur sehr unzulänglich gesorgt wurde,
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