Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Denn es wäre eine unsinnige Zumuthung. er solle angeben, durch welche Ein andrer Punkt. Seit dem vorigen Jahr hat sich, ursprünglich im Denn es wäre eine unsinnige Zumuthung. er solle angeben, durch welche Ein andrer Punkt. Seit dem vorigen Jahr hat sich, ursprünglich im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0288" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110636"/> <p xml:id="ID_827" prev="#ID_826"> Denn es wäre eine unsinnige Zumuthung. er solle angeben, durch welche<lb/> Mittel er seinem Protest Geltung zu verschaffen gedenke. Jenes Wort wäre<lb/> völlig genügend gewesen, wenn Preußen in dem Credit stände, daß dem Wort<lb/> die That folgt. Aber unter dem vorigen Ministerium war der einzig leitende<lb/> Gesichtspunft der preußischen Politik, bei allen Conflicten durchzuschlüpfen, um<lb/> keine Soldaten und kein Geld zu verlieren, und das neue Ministerium hat nicht<lb/> nur noch keine Gelegenheit gehabt, den Eindruck dieser Politik zu verwischen,<lb/> es hat nicht nur. grade in der kmhcssischen Sache, durch überlanges Schweigen<lb/> vor dem Publicum die Wirkung seiner übrigens gut geschriebenen Note an den<lb/> Bundestag abgestumpft, sondern es hat auch die Besorgniß erregt, als ob die<lb/> Note und der Protest nicht Mittel, sondern Zweck wären. Eigentlich schreibt<lb/> man eine Note doch nicht, um seinem Herzen Lust zu machen und damit einen<lb/> lustigen Gedanken von feiner Seele abzuschütteln, sondern man schreibt sie.<lb/> um . etwas damit zu erreichen. Nun hat aber die preußische Regierung so<lb/> häusig und so angelegentlich betheuert, sie wolle sich unter allen Umständen,<lb/> es möge kommen was da wolle, streng in den Schranken der Bundes¬<lb/> praxis halten, daß es ihr wirklich gelungen ist, nach allen Seiten hin die<lb/> Ueberzeugung von ihrer Aufrichtigkeit zu verbreiten. Nach allen Seiten<lb/> hin! Alle Welt sagt sich, — nicht blos das Publicum, sondern auch die Re¬<lb/> gierungen — Preußen wird sich streng an die bundesgcsetzlichen Schranken halten;<lb/> nun gibt es aber keinen bundesrechtlichen Weg, dem Kurfürsten von Hessen<lb/> gegen einen Bundesbeschluß zur Wiederherstellung der Verfassung von 1831<lb/> zu veranlassen; es gibt keinen bundesrechtlichen Weg, gegen den Bundesbeschluß<lb/> eine neue Bundeskriegsordnung durchzusetzen. — Es gehört keine übertriebene<lb/> Einsicht dazu, zu begreifen, daß diese allgemeine Ueberzeugung von der bundes¬<lb/> rechtlichen Gesinnung Preußens nicht sehr geeignet ist, die Wirkung seiner<lb/> Noten und Proteste zu verstärken, und daß es für den Zweck viel besser ge¬<lb/> wesen wäre, auch bei der loyalsten bundesrechtlichen Gesinnung, diese Gesin¬<lb/> nung wenigstens nicht an die große Glocke zu hängen.</p><lb/> <p xml:id="ID_828" next="#ID_829"> Ein andrer Punkt. Seit dem vorigen Jahr hat sich, ursprünglich im<lb/> östreichischen Interesse, im Publicum die Ansicht verbreitet, der italienische<lb/> Feldzug sei nur das Borspiel zu einem Rheinfeldzug. Diese Ansicht des Publi-<lb/> cums hat sich dann der preußischen Regierung bemächtigt, und sie ist es noch<lb/> heute, welche ihre Politik bestimmt. Wir wollen nicht etwa den Glauben<lb/> aussprechen, diese Besorgniß sei ungegründet; wir finden es vielmehr ganz in<lb/> der Ordnung, daß Preußen die Gefahr scharf ins Auge faßt und auf die<lb/> Mittel bedacht ist, sie abzuwenden. Aber wir glauben nur. daß es kein sicher¬<lb/> eres Mittel gibt, das Eintreten dieser Gefahr und zwar unter den ungünstig¬<lb/> sten Umständen zu beschleunigen als die gegenwärtige Haltung Preußens.<lb/> Deal so laut, daß es fast wie Ostentation aussieht, drückt die Negierung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0288]
Denn es wäre eine unsinnige Zumuthung. er solle angeben, durch welche
Mittel er seinem Protest Geltung zu verschaffen gedenke. Jenes Wort wäre
völlig genügend gewesen, wenn Preußen in dem Credit stände, daß dem Wort
die That folgt. Aber unter dem vorigen Ministerium war der einzig leitende
Gesichtspunft der preußischen Politik, bei allen Conflicten durchzuschlüpfen, um
keine Soldaten und kein Geld zu verlieren, und das neue Ministerium hat nicht
nur noch keine Gelegenheit gehabt, den Eindruck dieser Politik zu verwischen,
es hat nicht nur. grade in der kmhcssischen Sache, durch überlanges Schweigen
vor dem Publicum die Wirkung seiner übrigens gut geschriebenen Note an den
Bundestag abgestumpft, sondern es hat auch die Besorgniß erregt, als ob die
Note und der Protest nicht Mittel, sondern Zweck wären. Eigentlich schreibt
man eine Note doch nicht, um seinem Herzen Lust zu machen und damit einen
lustigen Gedanken von feiner Seele abzuschütteln, sondern man schreibt sie.
um . etwas damit zu erreichen. Nun hat aber die preußische Regierung so
häusig und so angelegentlich betheuert, sie wolle sich unter allen Umständen,
es möge kommen was da wolle, streng in den Schranken der Bundes¬
praxis halten, daß es ihr wirklich gelungen ist, nach allen Seiten hin die
Ueberzeugung von ihrer Aufrichtigkeit zu verbreiten. Nach allen Seiten
hin! Alle Welt sagt sich, — nicht blos das Publicum, sondern auch die Re¬
gierungen — Preußen wird sich streng an die bundesgcsetzlichen Schranken halten;
nun gibt es aber keinen bundesrechtlichen Weg, dem Kurfürsten von Hessen
gegen einen Bundesbeschluß zur Wiederherstellung der Verfassung von 1831
zu veranlassen; es gibt keinen bundesrechtlichen Weg, gegen den Bundesbeschluß
eine neue Bundeskriegsordnung durchzusetzen. — Es gehört keine übertriebene
Einsicht dazu, zu begreifen, daß diese allgemeine Ueberzeugung von der bundes¬
rechtlichen Gesinnung Preußens nicht sehr geeignet ist, die Wirkung seiner
Noten und Proteste zu verstärken, und daß es für den Zweck viel besser ge¬
wesen wäre, auch bei der loyalsten bundesrechtlichen Gesinnung, diese Gesin¬
nung wenigstens nicht an die große Glocke zu hängen.
Ein andrer Punkt. Seit dem vorigen Jahr hat sich, ursprünglich im
östreichischen Interesse, im Publicum die Ansicht verbreitet, der italienische
Feldzug sei nur das Borspiel zu einem Rheinfeldzug. Diese Ansicht des Publi-
cums hat sich dann der preußischen Regierung bemächtigt, und sie ist es noch
heute, welche ihre Politik bestimmt. Wir wollen nicht etwa den Glauben
aussprechen, diese Besorgniß sei ungegründet; wir finden es vielmehr ganz in
der Ordnung, daß Preußen die Gefahr scharf ins Auge faßt und auf die
Mittel bedacht ist, sie abzuwenden. Aber wir glauben nur. daß es kein sicher¬
eres Mittel gibt, das Eintreten dieser Gefahr und zwar unter den ungünstig¬
sten Umständen zu beschleunigen als die gegenwärtige Haltung Preußens.
Deal so laut, daß es fast wie Ostentation aussieht, drückt die Negierung
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