Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.nigen Mittel wollen müsse, die allein dazu führen. Das ist ein Satz, den Wenn man diese Voraussetzungen erwägt, so wird man finden, daß das Unzweifelhaft ist die Abfassung dieses Actenstücks durch die lächerliche Dann ist es auch zweckmäßig, daß der preußischen Regierung einmal un¬ Das Schweigen ist ein wichtiges Mittel der Überraschung. Man soll dem In der kurhessischen Sache hat Herr von Schlcinitz gegen den Bundes¬ 35*
nigen Mittel wollen müsse, die allein dazu führen. Das ist ein Satz, den Wenn man diese Voraussetzungen erwägt, so wird man finden, daß das Unzweifelhaft ist die Abfassung dieses Actenstücks durch die lächerliche Dann ist es auch zweckmäßig, daß der preußischen Regierung einmal un¬ Das Schweigen ist ein wichtiges Mittel der Überraschung. Man soll dem In der kurhessischen Sache hat Herr von Schlcinitz gegen den Bundes¬ 35*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0287" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110635"/> <p xml:id="ID_821" prev="#ID_820"> nigen Mittel wollen müsse, die allein dazu führen. Das ist ein Satz, den<lb/> unsers Wissens bisher noch Niemand bestritten hat, als Herr von Radowitz;<lb/> aber die trivialsten Satze sind grade die, auf welche man einen Deutschen<lb/> am meisten aufmerksam machen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_822"> Wenn man diese Voraussetzungen erwägt, so wird man finden, daß das<lb/> Actenstück nicht leer ist. sondern wirklich etwas sagt. Die Engländer haben<lb/> in ihren Stnatsschristen eine andere Logik als wir. Es kommt ihnen gar<lb/> nicht darauf an, eine strenge Folgerichtigkeit zu beobachten, wenn nur im Ein¬<lb/> zelnen alles das gesagt wird, was gesagt sein soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_823"> Unzweifelhaft ist die Abfassung dieses Actenstücks durch die lächerliche<lb/> Geschichte mit dem Capitän Macdonald wenigstens beschleunigt worden. Das<lb/> wäre die eine gute Seite dieser Geschichte; sie bat aber noch einige andre.<lb/> Wie wir über den Lärm der englischen Presse denken, haben wir im vorigen<lb/> Heft gesagt, es wird uns verstattet sein, andererseits der preußischen Regie¬<lb/> rung gegenüber folgende bescheidne Bemerkung zu machen. Gesetze sind nicht<lb/> blos dazu dn, um auf dem Papier zu stehn, sondern um ausgeführt zu wer¬<lb/> den. Wenn ein Gesetz besteht, daß jeder Verhaftete innerhalb 24 Stunden<lb/> verhört werden soll, und daneben eine Praxis, die diesem Gesetz widerspricht,<lb/> so ist das nicht gut, und ein solcher Zustand bedarf dringend einer Abhilfe.<lb/> Schlimm genug, daß erst ein Fremder uns darauf aufmerksam machen muh.</p><lb/> <p xml:id="ID_824"> Dann ist es auch zweckmäßig, daß der preußischen Regierung einmal un¬<lb/> umwunden gesagt wird, ihre europäische Politik errege nicht ungetheilten Bei¬<lb/> fall. Wir sind oft in der Stimmung, sie gegen unsere liberalen Freunde zu<lb/> vertheidigen, denn diese muthen ihr nicht selten Dinge zu, die sich widersprechen.<lb/> Es ist unter anderm ein thörichtes Verlangen, die preußische Regierung solle<lb/> alles was sie vorhat, auf dem Markt austrommeln lassen. Zuweilen ist Reden<lb/> gut und zuweilen Schweigen. Aber die preußische Regierung ist in ihrer Wahl<lb/> in letzter Zeit nicht immer glücklich gewesen: oft hat sie geredet, wo es besser<lb/> gewesen zu schweigen, und oft hat sie geschwiegen, wo ein lautes Wort nöthig<lb/> gewesen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_825"> Das Schweigen ist ein wichtiges Mittel der Überraschung. Man soll dem<lb/> Gegner nicht sagen was man vorhat, um nicht seinen Widerstand heraus¬<lb/> zufordern. Aber wenn man immerfort schweigt, so erregt man allmälig den<lb/> Verdacht, mau habe nichts zu sagen, und dieser Verdacht, gleichviel ob gegrün¬<lb/> det oder ungegründet, schadet dem moralischen Ansehn des Staats. Wir<lb/> wollen ein Beispiel anführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_826" next="#ID_827"> In der kurhessischen Sache hat Herr von Schlcinitz gegen den Bundes¬<lb/> beschluß Protest eingelegt; er hat den, Landtag gegenüber erklärt, er habe die<lb/> Folgen dieses Protestes nach allen Eventualitäten hin reiflich überlegt. Das<lb/> war ein großes Wort und würde unter andern Umständen völlig genügt haben.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 35*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0287]
nigen Mittel wollen müsse, die allein dazu führen. Das ist ein Satz, den
unsers Wissens bisher noch Niemand bestritten hat, als Herr von Radowitz;
aber die trivialsten Satze sind grade die, auf welche man einen Deutschen
am meisten aufmerksam machen muß.
Wenn man diese Voraussetzungen erwägt, so wird man finden, daß das
Actenstück nicht leer ist. sondern wirklich etwas sagt. Die Engländer haben
in ihren Stnatsschristen eine andere Logik als wir. Es kommt ihnen gar
nicht darauf an, eine strenge Folgerichtigkeit zu beobachten, wenn nur im Ein¬
zelnen alles das gesagt wird, was gesagt sein soll.
Unzweifelhaft ist die Abfassung dieses Actenstücks durch die lächerliche
Geschichte mit dem Capitän Macdonald wenigstens beschleunigt worden. Das
wäre die eine gute Seite dieser Geschichte; sie bat aber noch einige andre.
Wie wir über den Lärm der englischen Presse denken, haben wir im vorigen
Heft gesagt, es wird uns verstattet sein, andererseits der preußischen Regie¬
rung gegenüber folgende bescheidne Bemerkung zu machen. Gesetze sind nicht
blos dazu dn, um auf dem Papier zu stehn, sondern um ausgeführt zu wer¬
den. Wenn ein Gesetz besteht, daß jeder Verhaftete innerhalb 24 Stunden
verhört werden soll, und daneben eine Praxis, die diesem Gesetz widerspricht,
so ist das nicht gut, und ein solcher Zustand bedarf dringend einer Abhilfe.
Schlimm genug, daß erst ein Fremder uns darauf aufmerksam machen muh.
Dann ist es auch zweckmäßig, daß der preußischen Regierung einmal un¬
umwunden gesagt wird, ihre europäische Politik errege nicht ungetheilten Bei¬
fall. Wir sind oft in der Stimmung, sie gegen unsere liberalen Freunde zu
vertheidigen, denn diese muthen ihr nicht selten Dinge zu, die sich widersprechen.
Es ist unter anderm ein thörichtes Verlangen, die preußische Regierung solle
alles was sie vorhat, auf dem Markt austrommeln lassen. Zuweilen ist Reden
gut und zuweilen Schweigen. Aber die preußische Regierung ist in ihrer Wahl
in letzter Zeit nicht immer glücklich gewesen: oft hat sie geredet, wo es besser
gewesen zu schweigen, und oft hat sie geschwiegen, wo ein lautes Wort nöthig
gewesen wäre.
Das Schweigen ist ein wichtiges Mittel der Überraschung. Man soll dem
Gegner nicht sagen was man vorhat, um nicht seinen Widerstand heraus¬
zufordern. Aber wenn man immerfort schweigt, so erregt man allmälig den
Verdacht, mau habe nichts zu sagen, und dieser Verdacht, gleichviel ob gegrün¬
det oder ungegründet, schadet dem moralischen Ansehn des Staats. Wir
wollen ein Beispiel anführen.
In der kurhessischen Sache hat Herr von Schlcinitz gegen den Bundes¬
beschluß Protest eingelegt; er hat den, Landtag gegenüber erklärt, er habe die
Folgen dieses Protestes nach allen Eventualitäten hin reiflich überlegt. Das
war ein großes Wort und würde unter andern Umständen völlig genügt haben.
35*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |