Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.ernst war, sehr ernst zu sein verstand, den Vertrauten der Prinzen und Anton Der Kaiser mahnt wieder wegen der Kircheneinigung; er hat einen Nach¬ ernst war, sehr ernst zu sein verstand, den Vertrauten der Prinzen und Anton Der Kaiser mahnt wieder wegen der Kircheneinigung; er hat einen Nach¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110570"/> <p xml:id="ID_600" prev="#ID_599"> ernst war, sehr ernst zu sein verstand, den Vertrauten der Prinzen und Anton<lb/> Ulrichs, den Jägermeister Moltke 5, Den, 1691 verhaften und 15. Juli 1692<lb/> hinrichten lieh: ein Ereigniß, das Leibnitz in seinen Briefen an den Land¬<lb/> grafen Ernst zum großen Verdruß dieses Herrn, der gegen ihn immer offen<lb/> war. nur ganz leise berührt. Nun starb Ernst August 23. Jan. 1698, 69<lb/> Jahre alt; zu seinem Nachfolger, dem mürrischen und mißtrauischen Georg<lb/> (damals 38 Jahr alt und seit neun Jahren von seiner Gemahlin nach dem<lb/> bekannten Königsmarkschen Vorfall geschieden), hatte Leibnitz gar kein Verhält¬<lb/> niß; es ist natürlich, daß vorläufig der Einfluß Anton Ulrichs überwog. Im<lb/> besondern Auftrage dieses Fürsten verlangt er von Fabricius 22. Februar 1698,<lb/> „eng,M'is edaritatis osusa" in die Helmstädter Denkschrift folgenden Passus<lb/> einzuschieben: „Da Gott ein Gott der Ordnung und die Einheit der Leitung<lb/> und Hierarchie der Einen katholisch-apostolischen Kirche göttlichen Rechtes ist,<lb/> so folgt daraus, daß ebenfalls göttlichen Rechts ein geistliches Oberhaupt sei,<lb/> innerhalb gerechter Schranken, äireotorig. xotöstÄte virmia<zue iiseizssaris. aä<lb/> explonclum munus xro Kiüute LedWiae agencli tacultate instructus, du-metsi<lb/> locus et Loach lrujus xotöLwtis in mstropoli Llrristiimi oren's Koma ex Iru-<lb/> manis eonsiclelAtionidus Mousrit. Sollte Calixt sich sträuben, so soll er<lb/> dem Herzog ausführliche Gründe vorlegen (31. März); dafür wird der Herzog<lb/> auch allen Theologen den Besuch seiner Landesuniversität vorschreiben<lb/> (t4 April); auch Molanus billigt ganz seine Distinction zwischen dem göttlichen<lb/> Recht der Sache und dem menschlichen Recht der Localität. In dieser ganzen<lb/> Corrspondenz beträgt sich Leibnitz als Bevollmächtigter des Herzogs.</p><lb/> <p xml:id="ID_601" next="#ID_602"> Der Kaiser mahnt wieder wegen der Kircheneinigung; er hat einen Nach¬<lb/> folger Spinolas, einen Grafen Buchheim, bevollmächtigt. Leibnitz schreibt<lb/> eine neue französische Denkschrift (II. 168— 189), von Molanns unterzeichnet,<lb/> 27. August 1698 aus Lottum datirt, über die Bedingungen des Friedenswerks.<lb/> Sie geht vom alten Standpunkt aus, ist systematischer ausgearbeitet als die<lb/> frühern, und bietet große Zugeständnisse, denen sich die Helmstädter Theologen<lb/> unbedingt anschließen, wie wir aus einem Brief von Fabricius, 21. December<lb/> 1699 ersehn, der nicht blos das Zustandekommen der Einigung für möglich<lb/> hält, sondern nicht einmal verlangt, daß der Papst seine Jnfnllibilität ausgebe.<lb/> Auch mit einem römischen Cardinal (December 1698) verhandelt Leibnih da¬<lb/> rüber. Was aber am meisten befremdet, ist eine lateinische Denkschrift (Ire-<lb/> nies, II S. 546 — 559) von Leibnitz' Hand, wieder unter der Maske eines<lb/> Katholiken, wo hauptsächlich hervorgehoben wird, daß den protestantischen<lb/> Pfarrern die Priesterweihe durch Haudauflegen fehle, die in der ersten Kirche<lb/> seit der Apostelzeit in ununterbrochner Folge sich fortpflanze, und daß sie daher<lb/> keine echten Priester seien. Der beständige Refrain dieser fast lyrisch gehaltenen<lb/> Apotheose des Friedenswerks ist das apokryphische Wort des si. Johannes:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
ernst war, sehr ernst zu sein verstand, den Vertrauten der Prinzen und Anton
Ulrichs, den Jägermeister Moltke 5, Den, 1691 verhaften und 15. Juli 1692
hinrichten lieh: ein Ereigniß, das Leibnitz in seinen Briefen an den Land¬
grafen Ernst zum großen Verdruß dieses Herrn, der gegen ihn immer offen
war. nur ganz leise berührt. Nun starb Ernst August 23. Jan. 1698, 69
Jahre alt; zu seinem Nachfolger, dem mürrischen und mißtrauischen Georg
(damals 38 Jahr alt und seit neun Jahren von seiner Gemahlin nach dem
bekannten Königsmarkschen Vorfall geschieden), hatte Leibnitz gar kein Verhält¬
niß; es ist natürlich, daß vorläufig der Einfluß Anton Ulrichs überwog. Im
besondern Auftrage dieses Fürsten verlangt er von Fabricius 22. Februar 1698,
„eng,M'is edaritatis osusa" in die Helmstädter Denkschrift folgenden Passus
einzuschieben: „Da Gott ein Gott der Ordnung und die Einheit der Leitung
und Hierarchie der Einen katholisch-apostolischen Kirche göttlichen Rechtes ist,
so folgt daraus, daß ebenfalls göttlichen Rechts ein geistliches Oberhaupt sei,
innerhalb gerechter Schranken, äireotorig. xotöstÄte virmia<zue iiseizssaris. aä
explonclum munus xro Kiüute LedWiae agencli tacultate instructus, du-metsi
locus et Loach lrujus xotöLwtis in mstropoli Llrristiimi oren's Koma ex Iru-
manis eonsiclelAtionidus Mousrit. Sollte Calixt sich sträuben, so soll er
dem Herzog ausführliche Gründe vorlegen (31. März); dafür wird der Herzog
auch allen Theologen den Besuch seiner Landesuniversität vorschreiben
(t4 April); auch Molanus billigt ganz seine Distinction zwischen dem göttlichen
Recht der Sache und dem menschlichen Recht der Localität. In dieser ganzen
Corrspondenz beträgt sich Leibnitz als Bevollmächtigter des Herzogs.
Der Kaiser mahnt wieder wegen der Kircheneinigung; er hat einen Nach¬
folger Spinolas, einen Grafen Buchheim, bevollmächtigt. Leibnitz schreibt
eine neue französische Denkschrift (II. 168— 189), von Molanns unterzeichnet,
27. August 1698 aus Lottum datirt, über die Bedingungen des Friedenswerks.
Sie geht vom alten Standpunkt aus, ist systematischer ausgearbeitet als die
frühern, und bietet große Zugeständnisse, denen sich die Helmstädter Theologen
unbedingt anschließen, wie wir aus einem Brief von Fabricius, 21. December
1699 ersehn, der nicht blos das Zustandekommen der Einigung für möglich
hält, sondern nicht einmal verlangt, daß der Papst seine Jnfnllibilität ausgebe.
Auch mit einem römischen Cardinal (December 1698) verhandelt Leibnih da¬
rüber. Was aber am meisten befremdet, ist eine lateinische Denkschrift (Ire-
nies, II S. 546 — 559) von Leibnitz' Hand, wieder unter der Maske eines
Katholiken, wo hauptsächlich hervorgehoben wird, daß den protestantischen
Pfarrern die Priesterweihe durch Haudauflegen fehle, die in der ersten Kirche
seit der Apostelzeit in ununterbrochner Folge sich fortpflanze, und daß sie daher
keine echten Priester seien. Der beständige Refrain dieser fast lyrisch gehaltenen
Apotheose des Friedenswerks ist das apokryphische Wort des si. Johannes:
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