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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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mehrere Wohnungen sind. Wenn Sie nun Ihr Gemach einnehmen und ich
das meinige, werde ich nicht verfehlen. Ihnen die erste Aufwartung zu machen,
und hoffe, daß es dann ohne religiöse Dispute abgehn wird. Ich glaube
nicht, daß der liebe Gott dem Teufel den Ruhm lassen wird, den größer" und
schönern Hof zu haben, und das geschähe doch augenscheinlich, wenn blos die
Anhänger des Papstes selig werden sollten, unter denen, wie ich höre, auch
nicht lauter Heilige sind. Uebrigens haben Sie eine bewundernswürdige Art,
sich auszudrücken, und ich freue mich, daß Ihr Glaube Ihnen Trost gibt."
Noch einmal, bei Gelegenheit einer Kondolenz und einer Gratulation (22. Febr.
18. Dec. 1698) wiederholt Schwester Marie ihren Versuch. "Liebste!" ant¬
wortet die alte Dame 2. Jan. 1699, "es handelt sich um den Glauben, und
da hat die Vernunft keinen Theil: was Sie glauben, das wissen Sie nicht;
wie wollen Sie denn andere davon überzeugen? Wenn Se. Paulus, wie Sie
erwähnen, nach allen seinen guten Werken noch nicht wußte, ob er Liebe oder
Haß verdiene, so ist das nicht sehr tröstlich; wenn man über dergleichen zuviel
grübelt, so wird man unklug. Gott sei Dank, ich traue auf Gottes Güte!
es ist mir nie eingefallen, daß er mich geschaffen haben könne, um mir Böses
zuzufügen; und wie würden wir ihn den lieben Gott nennen, wenn er uns
gemacht hätte, um auf ewig verdammt zu werden! Ich habe grenzenloses
Zutrauen zu ihm; und da ich mich bemüht habe, nach besten Kräften zu han¬
deln, so glaube ich, daß wenn er mich anders gewollt, er mich auch anders
geschaffen hätte. Was mir von den Katholiken eine ziemlich schlechte Meinung
gibt, ist die Art, wie man jetzt in Frankreich gegen unsre Glaubensgenossen
verfährt. Das muß eine schlechte Religion sein, die so schlechte Handlungen
veranlaßt wie die Bartholomäusnacht, die Pulvcrverschwörung, die Ermordung
von Heinrich dem Dritten und Heinrich dem Vierten. Sind das etwa die
guten Werke, die aus dem rechten Glauben entspringen? steht nicht geschrieben,
daß der Glaube todt ist ohne die guten Werke? Ganz Deutschland, England
und Holland, die von Flüchtlingen wimmeln, sind Zeugen dieser schönen Re¬
ligion! Der Himmel fragt nach unsern Werken, nicht nach unsern Worten."
-- Leibnitz hatte den Brief gelesen und gebilligt, und fuhr doch grade in
dieser Zeit in seinen Unterhandlungen fort.

Zwei jüngere Söhne Sophiens, Maximilian und Christian, durch die
von Ernst August errichtete Primogenitur von der Thronfolge ane-geschlossen,
und im Einverständnis; mit dem Herzog Anton Ulrich in beständiger Oppo¬
sition gegen ihren Vater, standen in kaiserlichen Diensten; man meldete schon
im März 1695. Maximilian sei in Italien katholisch geworden. In einem
Schreiben an seine Schwester, die Kurfürstin von Brandenburg, 5. Sept. 1697.
stellt er es in Abrede. II est vrai "zus Mime-tort Is euanMment, mais es
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mehrere Wohnungen sind. Wenn Sie nun Ihr Gemach einnehmen und ich
das meinige, werde ich nicht verfehlen. Ihnen die erste Aufwartung zu machen,
und hoffe, daß es dann ohne religiöse Dispute abgehn wird. Ich glaube
nicht, daß der liebe Gott dem Teufel den Ruhm lassen wird, den größer» und
schönern Hof zu haben, und das geschähe doch augenscheinlich, wenn blos die
Anhänger des Papstes selig werden sollten, unter denen, wie ich höre, auch
nicht lauter Heilige sind. Uebrigens haben Sie eine bewundernswürdige Art,
sich auszudrücken, und ich freue mich, daß Ihr Glaube Ihnen Trost gibt."
Noch einmal, bei Gelegenheit einer Kondolenz und einer Gratulation (22. Febr.
18. Dec. 1698) wiederholt Schwester Marie ihren Versuch. „Liebste!" ant¬
wortet die alte Dame 2. Jan. 1699, „es handelt sich um den Glauben, und
da hat die Vernunft keinen Theil: was Sie glauben, das wissen Sie nicht;
wie wollen Sie denn andere davon überzeugen? Wenn Se. Paulus, wie Sie
erwähnen, nach allen seinen guten Werken noch nicht wußte, ob er Liebe oder
Haß verdiene, so ist das nicht sehr tröstlich; wenn man über dergleichen zuviel
grübelt, so wird man unklug. Gott sei Dank, ich traue auf Gottes Güte!
es ist mir nie eingefallen, daß er mich geschaffen haben könne, um mir Böses
zuzufügen; und wie würden wir ihn den lieben Gott nennen, wenn er uns
gemacht hätte, um auf ewig verdammt zu werden! Ich habe grenzenloses
Zutrauen zu ihm; und da ich mich bemüht habe, nach besten Kräften zu han¬
deln, so glaube ich, daß wenn er mich anders gewollt, er mich auch anders
geschaffen hätte. Was mir von den Katholiken eine ziemlich schlechte Meinung
gibt, ist die Art, wie man jetzt in Frankreich gegen unsre Glaubensgenossen
verfährt. Das muß eine schlechte Religion sein, die so schlechte Handlungen
veranlaßt wie die Bartholomäusnacht, die Pulvcrverschwörung, die Ermordung
von Heinrich dem Dritten und Heinrich dem Vierten. Sind das etwa die
guten Werke, die aus dem rechten Glauben entspringen? steht nicht geschrieben,
daß der Glaube todt ist ohne die guten Werke? Ganz Deutschland, England
und Holland, die von Flüchtlingen wimmeln, sind Zeugen dieser schönen Re¬
ligion! Der Himmel fragt nach unsern Werken, nicht nach unsern Worten."
— Leibnitz hatte den Brief gelesen und gebilligt, und fuhr doch grade in
dieser Zeit in seinen Unterhandlungen fort.

Zwei jüngere Söhne Sophiens, Maximilian und Christian, durch die
von Ernst August errichtete Primogenitur von der Thronfolge ane-geschlossen,
und im Einverständnis; mit dem Herzog Anton Ulrich in beständiger Oppo¬
sition gegen ihren Vater, standen in kaiserlichen Diensten; man meldete schon
im März 1695. Maximilian sei in Italien katholisch geworden. In einem
Schreiben an seine Schwester, die Kurfürstin von Brandenburg, 5. Sept. 1697.
stellt er es in Abrede. II est vrai «zus Mime-tort Is euanMment, mais es
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/219>, abgerufen am 15.01.2025.