Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Wallfahrt und der üblichen Bauernpatrone, kann man häufig bemerken. Die Wir fügen nach Dahns Beschreibung noch Einiges über die Bauart der Die Märkte der Flache lehnen sich im Bau ihrer Häuser weit mehr an Wallfahrt und der üblichen Bauernpatrone, kann man häufig bemerken. Die Wir fügen nach Dahns Beschreibung noch Einiges über die Bauart der Die Märkte der Flache lehnen sich im Bau ihrer Häuser weit mehr an <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0206" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110554"/> <p xml:id="ID_555" prev="#ID_554"> Wallfahrt und der üblichen Bauernpatrone, kann man häufig bemerken. Die<lb/> ärmlichsten und unsaubersten Dörfer finden wir im westlichen Strich der Ebne<lb/> gegen die Jsar, wo auch das Strohdach noch vorherrscht, während am Er-<lb/> dingerboden, sowie an der Jsar selbst, wo sich die Bauart verbessert, nur auf<lb/> -Scheunen und Ställen noch Strohbedachung zu sehn ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_556"> Wir fügen nach Dahns Beschreibung noch Einiges über die Bauart der<lb/> Märkte und Städte Aitbaycrns hinzu. Während die Dörfer des Gebirges<lb/> in der Regel zerstreute Häuser zeigen, sind die Märkte selbst im Hochgebirge,<lb/> z. B. in PartenArchen und Mittenwald, wenigstens ihrem Kerne nach straßen¬<lb/> mäßig geschlossene Häuserreihen. Nur in ihrer Peripherie verlaufen sie sich in<lb/> zerstreute Gruppen echter Bauernhäuser, so daß auch hierin der Markt sich als<lb/> Uebergangsgebilde zwischen Dorf und Stadt bekundet. Die geschlossene An¬<lb/> lage bedingt Aenderungen im Stil des Hochgebirgshauses. Dasselbe kehrt hier<lb/> die Giebelseite als Schauseite der Straße zu, an welcher die Galerie entweder<lb/> ganz verschwindet oder zu einem kleinen Balkon zusammenschrumpft. Ferner<lb/> herrscht hier mehr als in den Dörfern der Steinbau vor. wenn auch das Dach<lb/> meist noch mit Holzschindeln gedeckt ist. Damit mindern sich die an den Bauern¬<lb/> häusern so vielgestaltigen Holzornamente, und so tritt das Gebirgshaus in<lb/> den Marktflecken meist nüchterner auf als in den Dörfern. Dagegen Snell<lb/> man durch blendende Tünchung und Freskomalereien an den Giebelsronten den<lb/> plastischen Schmuck zu ersetzen, wovon sich namentlich in Tölz, Mittenwald<lb/> und Wolfratshausen Beispiele finden. An einzelnen alten Gebäuden findet<lb/> sich wol auch noch eine widerspruchsvolle Vermischung von Bautheilcn des<lb/> städtischen und des ländlichen Hauses, wie etwa eine gothische Steingewandung<lb/> der Hausthür, Erker, gewölbte Gänge und Hallen. Eine solche Verbindung<lb/> von Gothik und Rococo, die vorzüglich bei ehemaligen Kaufmannshäusern<lb/> in Mittenwald und Partenkirchen vorkommt, erinnert lebhast an jene alten<lb/> Tage, wo der Handelszug aus Italien nach Augsburg sich noch auf dieser<lb/> Straße bewegte.</p><lb/> <p xml:id="ID_557" next="#ID_558"> Die Märkte der Flache lehnen sich im Bau ihrer Häuser weit mehr an<lb/> den Stil der benachbarten Städte an, als an den des Bauernhauses. Ueber¬<lb/> haupt ist das hochgiebligc Haus dieses Landstrichs mehr durch den städtischen<lb/> Stil gefährdet als das des Gebirgs. Der Gebirgsstil beherrscht nicht nur<lb/> die Märkte der Berglandschaft, sondern dringt auch erobernd in die Flüche<lb/> rend selbst in die Städte derselben ein. In München z. B., wo die Altstadt<lb/> sicher kein historisches Exempel eines Gcbirgshauses zeigt, hat dieser Stil nicht<lb/> nur in allerlei neuen Kunstbauten Anwendung und Erweiterung gefunden,<lb/> sondern auch das neue Quartier am Türkengraben, das aus lauter kleinen<lb/> Familienwohnungen besteht, ist vorwiegend nach gebirgischen Muster gebaut,<lb/> und ebenso wurde das Haus des Bergbewohners typisch für die Villen der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0206]
Wallfahrt und der üblichen Bauernpatrone, kann man häufig bemerken. Die
ärmlichsten und unsaubersten Dörfer finden wir im westlichen Strich der Ebne
gegen die Jsar, wo auch das Strohdach noch vorherrscht, während am Er-
dingerboden, sowie an der Jsar selbst, wo sich die Bauart verbessert, nur auf
-Scheunen und Ställen noch Strohbedachung zu sehn ist.
Wir fügen nach Dahns Beschreibung noch Einiges über die Bauart der
Märkte und Städte Aitbaycrns hinzu. Während die Dörfer des Gebirges
in der Regel zerstreute Häuser zeigen, sind die Märkte selbst im Hochgebirge,
z. B. in PartenArchen und Mittenwald, wenigstens ihrem Kerne nach straßen¬
mäßig geschlossene Häuserreihen. Nur in ihrer Peripherie verlaufen sie sich in
zerstreute Gruppen echter Bauernhäuser, so daß auch hierin der Markt sich als
Uebergangsgebilde zwischen Dorf und Stadt bekundet. Die geschlossene An¬
lage bedingt Aenderungen im Stil des Hochgebirgshauses. Dasselbe kehrt hier
die Giebelseite als Schauseite der Straße zu, an welcher die Galerie entweder
ganz verschwindet oder zu einem kleinen Balkon zusammenschrumpft. Ferner
herrscht hier mehr als in den Dörfern der Steinbau vor. wenn auch das Dach
meist noch mit Holzschindeln gedeckt ist. Damit mindern sich die an den Bauern¬
häusern so vielgestaltigen Holzornamente, und so tritt das Gebirgshaus in
den Marktflecken meist nüchterner auf als in den Dörfern. Dagegen Snell
man durch blendende Tünchung und Freskomalereien an den Giebelsronten den
plastischen Schmuck zu ersetzen, wovon sich namentlich in Tölz, Mittenwald
und Wolfratshausen Beispiele finden. An einzelnen alten Gebäuden findet
sich wol auch noch eine widerspruchsvolle Vermischung von Bautheilcn des
städtischen und des ländlichen Hauses, wie etwa eine gothische Steingewandung
der Hausthür, Erker, gewölbte Gänge und Hallen. Eine solche Verbindung
von Gothik und Rococo, die vorzüglich bei ehemaligen Kaufmannshäusern
in Mittenwald und Partenkirchen vorkommt, erinnert lebhast an jene alten
Tage, wo der Handelszug aus Italien nach Augsburg sich noch auf dieser
Straße bewegte.
Die Märkte der Flache lehnen sich im Bau ihrer Häuser weit mehr an
den Stil der benachbarten Städte an, als an den des Bauernhauses. Ueber¬
haupt ist das hochgiebligc Haus dieses Landstrichs mehr durch den städtischen
Stil gefährdet als das des Gebirgs. Der Gebirgsstil beherrscht nicht nur
die Märkte der Berglandschaft, sondern dringt auch erobernd in die Flüche
rend selbst in die Städte derselben ein. In München z. B., wo die Altstadt
sicher kein historisches Exempel eines Gcbirgshauses zeigt, hat dieser Stil nicht
nur in allerlei neuen Kunstbauten Anwendung und Erweiterung gefunden,
sondern auch das neue Quartier am Türkengraben, das aus lauter kleinen
Familienwohnungen besteht, ist vorwiegend nach gebirgischen Muster gebaut,
und ebenso wurde das Haus des Bergbewohners typisch für die Villen der
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